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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0613
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7. Kirchenzuchtordnung 1591

3. So jemandt under der predig schwetzet oder
schläffet oder in der predig (so des sontags den mor-
gen nicht uber ein stundt, nach mittag aber unnd
zur wochenpredig ein halbe stundt wehren soll)
nicht zu ende verharret, es sey dann leibs schwa-
cheit oder andere erhebliche ursachen vorhanden,
auch nicht zu rechter zeit nach vollendtem leu-
den7 erscheinet, solle des sontags 6 ß unnd die wo-
chenpredig 4 ß erlegen.
4. Es solle ein jeder pfarrherr ein verzeichnus
haben seiner jugent, zum catechismo oder kinder-
lehr gehörig, unnd welche sich der mittagspredig
oder catechismi mutwillig entziehen, sollen ihre el-
tern unnd herren dasselbige jedesmale mit 1 schil-
ling verbueßen.
5. Zu allen mitwochenspredigten soll allwege
auffs wenigst eine verstendige person auß einem je-
den hauß | unnd zu bettagen, welche gewöhnlich alle
vier wochen, nemlich den ersten mitwochen eines je-

den monats oder, so es furfallende noth erfordert,
zeitlicher gehalten werden, sollen sie gleich den son-
tagen vor mittag, alle weltliche geschefft unnd fron-
dienst, deren wir sie zu dießer zeit uberheben7 8 wol-
len, hindangesetzt, allesampt fleißig zur predig kom-
men bey straff 6 ß.
6. Die pforten sollen auff die son-, bet- unnd fei-
ertage under der predig denen pfarkindern, so auß
dem flecken wandern wollen, nicht eröffnet werden
bey straff 6 ß.
7. Die wochenpredigten sollen, so viel möglich,
nach gelegenheit der zeit unnd jedes orts gleich dem
tage angefangen unnd gehalten werden, damit ein
jeder desto zeitlicher wider an seine arbeit kommen
möge.
8. Welche ohne mäntele oder röcke, wofern sie
solche haben oder zeugen9 können, oder sonsten mit
ungestimmigkeit ruffen oder schwetzendt zur kir-
chen kommen, sollen allemal 1 ß geben.

II. Articulus:
Von den h. sacramenten, durch deren brauch der h. geist den einmahl durchs wort
gewurckten glauben bestetiget

1. Wenn die h. sacramenta, die tauff unnd das |
abendmal des herren, gehalten werden, soll jeder-
man biß zu vollendung derselben wie auch des gan-
tzen gottesdiensts bleiben bey straff 1 ß, unnd sollen
die kinder allweg auff sontag unnd mitwochen nach
gehaltener predig, wo müglich, getaufft werden.
2. Die eltern sollen die kindlein mit der tauff nit
verseumen unnd demnach auffs allerlengst uber sie-
ben tage dieselbige nit auffziehen10 bey straff 1 fl.
3. Es soll auch der vatter sampt dem gevatter
wie auch andere hierzu beruffene gegenwertig bey
der tauff stehen bey straff 4 ß, unnd solle keiner
mehr dann drey personen, auffs höchst, zu gevat-
tern zubitten macht haben. Welcher daruber thete,
soll vor jede personen, so uber die bestimbte zal ge-
petten worden, 5 fl zu straff erlegen.
4. Wo die kinder uber feld zur tauff getragen
müßen werden, sollen die ammen unnd weiber die-
7 Läuten.
8 Entheben, Grimm, DWb 23, Sp. 305.
9 Sich anschaffen, besorgen, Grimm, DWb 31, Sp. 847.
10 Aufschieben, Grimm, DWb 1, Sp. 784.

selbige so bald nach volnbrachter tauff stracks wie-
derumb zu hauß der mutter lieffern unnd nicht, wie
etwan hiebevor, mit gefahr und verwarlosung der
kinder auß der kirchen ins wirtshauß zum wein ei-
len, bey straff 1 fl.
5. Das kindbeth11 soll, unkosten zuvermeiden,
ohne zulauff unnd einschleiffen12 frembder kinder
uber eine malzeit nicht wehren bey straff 1 fl, doch
mit dem underscheidt, daß dasselbige, wann inhei-
mische gevattern erbetten, nicht gleich nach der
dauff, sondern allererst, wann die kindbetterin wi-
der außgangen unnd zu ihrer gesundheit kommen,
daß sie | selbst im hauß mit zusehen kan, gehalten
werden soll. Wolt aber jemandt den gevattern unnd
andern, so das kindlein zur tauff unnd wiederumb
heim geleitet, einen ehrdrunck bieten, soll dasselbig
ohn einigs essengeben unnd nidersetzen geschehen,
uber ein maß oder auffs höchst ein halb vierthel
11 Das Kindbettmahl, siehe oben, S. 201 Anm. 26.
12 Einschleichen, heimliches Mitbringen, Grimm, DWb 3,
Sp.277.

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