Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0612
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ysenburg-Ronneburg

7. Kirchenzuchtordnunga
1591

Wir, Wolffgang1 von Ysenburg, graffe zue Büdingen,
thun kundt unnd bekennen hiemit.
Nachdem durch genedige versehung unnd barm-
hertzigkeit Gottes die lehre des heiligen evangelii
viel jahr hero bey weiland dem wolgebornen unserm
freundlichen, lieben herrn vattern, graffen Antho-
nien2 von Ysenburgk seligen, in ihrer l[iebden] obrig-
keit eingeführet unnd gepflantzet worden, sonderli-
chen aber mit verleihung des allmechtigen von tag
zu tag der uberbliebene sauerteig3 in der lehre unnd
heiligen sacramenten eröffnet4 unnd nach möglich-
keit auß unserm antheil der herrschafft Ysenburgk
verwießen worden, also daß fur solche gnad wir
unnd unsere underthanen, Gottes güte zu preißen
unnd solchen schatz mit danckbarem hertzen anzu-
nehmen unnd uns zuzueignen, bey verlust unserer
seligkeit zum höchsten verpflichtet sein, unnd wir
aber im werck befinden, auch glaubwirdig bericht
werden, daß viel unserer underthanen unnd ange-
hörigen seyen, die sich solcher gnaden wenig gebrau-

chen, die predigten des heiligen evangelii, darinnen
uns solche hohe güter vorgetragen unnd angebotten
werden, verächtlich halten, sich dem gebrauch der
heiligen sacramenten entziehen, in offentlichem er-
gerlichem wesen unnd mehrer unordnung ihr leben
zubringen, alles mit verletzung der höchsten maje-
stät Gottes unnd zu ihrer selbst ewigen verdamnuß,
als haben wir wenigers nicht als auch andere | christ-
liche obrigkeiten nach dem befehl Gottes, die gela-
dene ungehorsame geste zur malzeit des allmechti-
gen5 nach verleihung göttlicher gnaden beyzubrin-
gen unnd zu erhaltung gutter christlicher policey,
zucht unnd erbarkeit, zu besserung des sündthaff-
tigen lebens unnd abwendung göttliches zorns unnd
straffen, diesse nachfolgende ordnung einer eusser-
lichen disciplin unnd christlicher kirchenzucht zu
verfassen keinen umbgang haben konnen noch sol-
len, des ernsten furhabens, nichts, das zu handtha-
bung diesses furgenommenen wercks dienstlich, an
uns erwinden6 zulaßen.

I. Articulus:
Von der predige oder gehör göttliches worts, dadurch der h. geist den seligmachenden glauben
ordentlicher weiß würcket

1. Befehlen demnach ernstlich unnd wollen erstlich,
daß alle unsere underthanen sich jederzeit fleißig
zur predigt göttliches worts halten. Welche aber die
sonntage unnd andere verordnete festage nicht hal-
ten, fur der predigt uber felt gehen, im felt arbeiten
oder daheim backen oder ander arbeit thun, sollen
an 6 ß gestrafft werden. Es sollen aber nachfolgende
feiertag dem sontage gleich gehalten werden:
Der christag sampt dem nechsten tag, der new-
jahrstag, | der ostertag sampt dem nechsten tag, der
a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 16/91.

1 Wolfgang von Ysenburg-Ronneburg (1533-1597), siehe
oben, S. 552 Anm. 35.

tag der himmelfarth Christi, der pfin[g]stag sampt
dem folgenden tag.
2. Welche die predig mutwillig verseumen, under
den predigen zechen, spielen, pfeiffen, danzen oder
andere leichtfertigkeit treiben, item, welche vor
oder under dem rathhauß, auff der gassen, vor der
pforten im feldt spazirendt oder im flecken ihren ge-
schefften nachgehendt gefunden werden, sollen 6 ß
geben, unnd wo ein wirth under der predig wein ge-
be, solle auch an 6 ß gestrafft werden.
2 Anton von Ysenburg-Ronneburg (1501-1560), siehe
oben, S. 551 Anm. 30.
3 Vgl. 1Kor 5,7.
4 Offenbart ist.
5 Vgl. Mt 22,1-14.
6 Mangeln, fehlen.

594
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften