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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0653
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14. Kirchenordnung 1588

nung, als solten der Lebendigen dienst den Abge-
storbenen in diesem fall zur erlösung nützlich und
dienstlich seyn, sondern daß hiemit die, so noch le-
ben und mit der Leich gehen, ihr Christlich mitlei-
den erzeigen und darbey der Aufferstehunge im
Herrn erinnert unnd im Glauben gestärckt werden,
daß auch sie den Todt in Christo recht bedencken
unnd ihn zu seiner zeit mit gutem, bestendigem ver-
trauwen der Aufferstehung auffnemmen. Darumb
be-I XXVIb | fehlen wir, daß die Pastores die Leuth
ernstlich vermahnen, daß sie fleissig, nachdem man
Von Kirchenstraff der offentlichen Laster
Nachdem auch die Pfarrherr unnd Kirchendiener
auß der heiligen Schrifft und sonderlich auß der
Lehr deß heiligen Apostels Pauli98 für sich selbst un-
derricht seindt oder ja seyn solten, daß sie ein Er-
bars, Christlichs und unergerlichs Leben und Wan-
del zum guten Exempel irer befohlenen Pfarrkinder
füren, zu welchen sie auch hiemit ernstlich vermah-
net seyn sollen, damit sie nicht | XXVIIa | den Läs-
terern in die Strick99 fallen und, darinnen sie andere
straffen, selbst sträflich erfunden werden, Welches
sie mit höchstem fleiß verhüten und also trewe Hir-
ten und Wächter [sein], alle grobe, ergerliche Laster
als Abgötterey, falsche Gottesdienst, Gottesläste-
rung, verachtung der Pedigt, Zauberey, Segen, Flu-
chen, Schweren, Ehebruch, Unzucht, Wucher, Be-
trug, gesuchte Schwelgerey, sonderlich das grosse
Säuisch zusauffen, daß man bißher nach der Kinder
Tauff bey der Gevatterschafft nit zu geringer ver-
lästerung und unehrn deß heiligen Sacraments der
Tauff getrieben und dergleichen auffs aller ernst-
lichst straffen unnd also ine befohlene Schäflein bey-
de, für den leiblichen unnd ewigen Straffen, so auß
solchen Lastern erfolgen, getrewlich davon abmah-
nen unnd warnen nach dem Wort und der Lehr deß
heiligen Geistes, da er sagt durch den heiligen Apo-

geleuthet, mit zur Begrabnuß gehen, daselbst helf-
fen singen: Mitten wir im Leben sindt94 etc., oder:
Auß tieffer Noth95 etc., Mit fried und frewd ich fahr
dahin95 etc., Nun last uns den Leib begraben97 oder
anders dergleichen. Auch soll der Pfarrherr ein kur-
tze Leichpredigt bey dem Begrabnuß nach jeder
Person alter und gelegenheyt von der Menschen
sterbligkeyt, Aufferstehung der Todten und ewigen
Leben thun, damit es alles fein Christlich und or-
dentlich zugehen möge.

und ungehorsam gegen dem Evangelio
stel Paulum, 1. Cor. 6 [9-10]: Last euch nit verfüh-
ren. Es werden weder die Abgöttischen noch die
Hurer noch die Ehebrecher noch die Weichling noch
die Diebe noch die Geitzigen noch die Lästerer noch
die Trunckenboldt das Reich Gottes ererben. Alle,
die nun in solchen Lastern einem oder mehr betret-
ten100 und erfunden, die sich auch verker-I XXVIIb |
ter, Antichristischer, Widerteufferischer und Sacra-
mentschwermerischer Secten101 unnd Lehr anhengig
und theilhafftig machen unnd die, so umb unver-
söhnliches haß unnd neidts willen die Gemeyn-
schafft deß heiligen Sacraments in windt schlagen,
versäumen und etwa lang nit empfahen, auch die, so
muthwilliglich und auß halßstarriger fürgesetzter
hinlässigkeyt den Text unnd die Wort deß Cate-
chismi nit lernen wöllen, Diese alle, wasserley
Standts sie sindt, niemandts außgenommen, sollen,
nachdem sie zuvorn, wie obgemeldt, von ihren
Pfarrherrn trewlich underwiesen, gelehrt, abgemah-
net und verwarnet sindt, für keine Christen gehal-
ten, sondern nach dem befelch Christi, Matth. 16
[19] und 18 [18] und Johannis am 20. [23], als un-
bußfertige von der Gemeyn Christi außgeschlossen,
zu der Gemeynschafft deß Nachtmals, auch zu der
Gevatterschafft nicht zugelassen und, da sie nicht

94 Luther: Mitten wir im Leben sind, AWA 4, Nr. 3.
95 Luther: Aus tiefer Not schrei ich zu dir, AWA 4, Nr. 11.
96 Luther: Mit Fried und Freud ich fahr dahin, AWA 4,
Nr. 21.
97 Luther: Nun lasst uns den Leib begraben, AWA 4,
Nr. 40.

98 1Tim 3,1-13; Tit 1,5-9.
99 1Tim 3,7.
100 Ergriffen.
101 Hier sind die Reformierten gemeint, die die wesentliche
Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl
bestritten.

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