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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0659
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15. Kirchenzuchtordnung 1588

Predigt im Hochtzeit- oder Brauthauß finden las-
sen20, sondern nüchtern bey dem Wort Gottes ein
jeder erscheinen. Die Ubertretter dessen sollen mit
einem Orts gülden gestrafft werden. Da auch der
Breutigam selbst zu solcher unordnung ursach ge-
ben würde, soll er uber gewöhnliche Straff auch der
Obrigkeyt sonderbarer Straff gewertig seyn. Es soll
auch bey den Hochtzeiten das Säwische | Vla | sauf-
fen allerdings verbotten seyn bey Peen, wie oben
von den vollsauffen vermeldet.
VI. Vom Tantzen
Kein Tantz soll an keinem Ort ausserhalb der Hoch-
zeiten gehalten werden bey Straff, wie oben bey dem
fluchen vermeldet.
VII. Von Kind Tauffen
Bey den Kind Tauffen soll man sich gleich so wol als
bey den Hochzeiten mit Gästladen unnd andern din-
gen also verhalten, daß nicht dem Teuffel mehr
dann Gott mit uberiger21 füllerey und unnützen Ko-
sten gedienet werde bey Peen eines halben Gülden.
Es solle auch kein Kindbeth Gasterey oder an-
der Geloch22 mit der säumnuß der Catechismi Pre-
digt gehalten, bey Peen jeder Person, so darbey ist,
eines halben Orts güldens, und die, so es angerichtet
haben, sollen die Straff doppelt erlegen. | Vlb |
VIII. Von Zaubereyen
Die, so mit Zauberey, Christallensehen, Segnen
unnd Beschweren23 umbgehen, sollen, wenn sie
uberwiesen, nach verwirckung ernstlich und un-
nachleßlich nach der Obrigkeyt erkänntnuß an Leib
und Gut gestrafft werden.

20 Vor dem Kirchgang wurde das gesamte Dorf zur Mor-
gensuppe geladen, Fehrle, Hochzeitsbräuche, S. 43;
Reichhardt, Geburt, S. 77f.
21 Übermäßiger.
22 Gelage.

IX. Von Betlern
Die Schultheissen und Amptsverwalter sollen auch
zusehen, daß keinem starcken Betler, der nicht mit
Leibsschaden oder -Schwachheyt also beladen, daß
er sein Brot mit der Handt arbeyt nicht gewinnen
kan, zu beteln erlaubt oder gestattet werde.
X. Von Begrebnussen
Wenn ein Leich zur Erden zubestatten ist, soll es der
nechste Freundt24 deß verstorbenen, so bald er ver-
schieden, dem Pfarrherr anzeigen unnd umb die Be-
grebnuß unnd Christliche Leichpredigt ansuchen,
Darauff soll der Glöckner zur gewöhn-I Vlla | lichen
Stundt der Begrebnuß, ehe die Leich hinauß getra-
gen wirdt, zwey Zeichen leuten. Sobald das erste
Zeichen geleutet wirdt, sollen sich die Leut, so mit-
gehen wöllen, vor dem Hauß deß verstorbenen ver-
samlen. Wenn der ander Pulß25, so mit zweyen Glo-
cken geschehen soll, angehet, sollen die Leut mit der
Leich aller ding fertig seyn unnd dieselbige den
Schülern nachtragen.
Wir wollen auch und befehlen hiemit ernstlich,
daß auffs wenigst bey jedem Begrebnuß auß jederm
Hauß eine Person erscheinen und mitgehen soll, und
daß die, so die Leich hinauß beleiden, nicht wie das
unvernünfftige Viehe (wie bißher leider all zu viel
beschehen unnd gespürt ist worden) undereynander
laufen sollen, sondern daß erstlich die Mannßper-
sonen fein parweiß unnd darnach die Weiber deß-
gleichen fein ordentlich der leich nachfolgen, mit ge-
bührlicher Kleidung, Zucht und Erbarkeyt darbey
erscheinen, allerdings26, wie man sonst zum gehör
deß Göttlichen Worts in die Kirchen pflegt zu kom-
men.
Es sollen auch die, so das Grab gemacht, nicht
mit den Hawen und Schüppen der Leich nachfolgen,
sondern, wenn das Grab gemacht, Hawen und
Schüppen darbey liegen lassen und zu gebühr-
23 Beschwören.
24 Verwandte.
26 Das zweite Läuten.
26 So.

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