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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0665
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17. Kirchenordnung 1598

christlichen kirchen gemeinschafft haben25 also, daß
unserer sunden in ewigkeit nit mehr gedacht26, auch
die sünde undt schwachheit, die in uns noch ubrig
bleibet, je lenger, je mehr getödet und in uns ein
newes leben angefangen und endlich in der seligen
aufferstehung (da dieß unser fleisch dem herlichen
leibe Christi gleichförmig sein wirdt27) in uns vol-
kömlich offenbahret werden soll.
Nachdem aber in einem jeden bundt beide theil
sich verpflichten, so verheißen auch wir Gott, dem
vatter, sohn und h. geist, daß wir durch seine gnadt
ihn allein fur unsern einigen, wahren undt lebendi-
gen Gott erkennen und bekennen, wöllen ihn allein
in aller noht anruffen und als gehorsame kinder le-
ben, wie dieße newgeburt erfordert, welche in diesen
zweyen stucken stehet, erstlich, das wir auß wahrer
rew undt leydt uber unsere sundt alle unsere ver-
nunfft und luste verleugnen und dem willen Gottes
underwerffen undt alle sunde von hertzen hassen
und fliehen, darnach auch, daß wir anheben, lust
undt lieb zu haben, nach dem wort Gottes in aller
heiligkeit und gerechtigkeit zu leben.
Wan wir aber underweilen auß schweche | in sunden
fallen, so sollen wir doch nicht darinnen bleiben lie-
gen noch verzagen oder durch einige andere mittel
dan durch Christum vergebung der sunden suchen,
sonder alzeit durch unsern tauff erinnert werden,
davon abzustehen, und festiglich vertrawen, daß
derselben umb des blutvergißens Christi willen fur
Gott nimmermehr solle gedacht werden, sintemal
uns der heilige tauff ein ungezweiffelt zeugnuß ist,
daß wir einen ewigen bundt mit Gott haben undt in
den lebendigen brunnen der ewigen barmhertzigkeit
des vatters undt des allerheiligsten leidens und ster-
bens Jesu Christi durch die krafft des heyligen gei-
stes getaufft sein.
Wiewoll aber unser kindlein dieße gemelte ursa-
chen undt geheimniß noch nicht verstehen, viel we-
niger können bekennen, so sollen sie doch vom hey-
ligen tauff keineswegs außgeschlossen werden, die-
weil sie von Gott zu seinem bundt beruffen sindt,

den Gott mit Abraham, dem vatter aller gläubigen,
und seinem samen, und also auch mit uns undt un-
sern kindern, gemacht hat. Ich | will, spricht der
herr, auffrichten meinen bundt zwischen mir und dir
undt deinem samen nach dir bey ihren nachkom-
men, daß es ein ewiger bundt sey also, daß ich dein
Gott sey und deines samens nach dir28.
Nun ist aber unser herr Jesus Christus in die
welt kommen, nicht die gnadt seines himlischen vat-
ters zu schmelern, sondern vielmehr, den gnaden-
bundt, so zuvor im volck Israel eingeschlossen war,
durch die gantze welt außzubreiten, und hat anstat
der beschneidung den heiligen tauff zum warzeichen
und siegel dießes bundts uns und unsern kindern
verordtnet, wie der heilige apostel Petrus solche be-
stetigung des bunds außtrucklich lehret in den ge-
schichten der apostel im 2. capitel [38-39], da er
spricht: Thut buß undt laß sich ein jeder tauffen
auff den namen Jesu Christi zu vergebung der sün-
den, so werdet ihr empfangen die gabe deß heiligen
geistes, dan ewer und ewerer kinder ist dieße ver-
heissung und aller, die ferrn sindt, welche Gott, un-
ser herr, herzu ruffen wirdt.
Dar-I zu heißet auch der herr Christus selbst die
unmundigen kindtlein zu sich bringen und spricht
ihnen mit worten und wercken das himmelreich zu,
wie Marci am 10. [13-16] geschrieben stehet: Zu der
zeit brachten sie die kindlein zu Jesu, daß er sie an-
rürete. Die junger aber fuhren die an, die sie trugen.
Da es aber Jesus sahe, ward er unwillig und sprach
zu ihnen: Laßet die kindlein zu mir kommen und
wehret ihnen nicht, dan solcher ist das reich Gottes.
Warlich, ich sage euch, wer das reich Gottes nicht
empfehet als ein kindlein, der wirdt nicht hinein
kommen; undt hertzet sie und leget die händt auff
sie und segnete sie.
Auß diesen worten ist offenbar, daß auch unsere
kinder im reich und im bund Gottes sindt und der-
halben auch den tauff als das siegel des bunds emp-
fangen sollen, ob sie schon die geheimniß des tauffs
alters halben nitt verstehen, gleichwie die kindlein
von Jesu Christo selbst mit worten undt wercken

25 Vgl. 1Kor 12,12-31. 27 Phil 3,21.
26 Vgl. Jer 31,34. 28 Gen 17,7.

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