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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0679
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17. Kirchenordnung 1598

fVon besuchung der krancken
Die kirchendiener sollen die krancken zu besuchen
nicht underlaßen und nach allerlei zufälligen anlie-
gen, betrübnuß, anfechtungen und angsten ihnen
von hertzen mit underricht, trost und gebet auch
unerfordert114 beistehen, wie dann nachvolgende
formb deß underrichts und der gebetlin und derglei-
chen können gebraucht werden.
Form, die krancken zu underrichten und
mit ihnen zu beten115
Lieber freundt, weil euch unser her Gott mit
schwacheit ewers leibß heimgesucht, damit ihr es
Gottes | willenn heimstellet, solt ihr wißen:
Zum erstenn. Daß solche unsere leibßkranckheit
unß von Gott dem herren umb unser sunden willen
zugeschiebt116 wirdt und daß die erbsundt, welche
von Adam11/ auf unß geerbet, den todt und alles,
waß in deß todts reich gehöret, alß gebrechenn,
kranckheiten, elendt, jammer etc., mit sich bringt.
Dann wo wir ohne sündt bleiben, so het weder der
todt noch einigerlei kranckheit an unß etwaß mö-
genn schaffenn.
Zum andern. Damit wir aber in unsern sünden,
kranckheit und allerlei anfechtung, auch deß todeß
angst und not nicht verzweiffeln mußen, so lehret
unß daß heilig evangelium, daß unß Christus, Got-
tes sohn, von den sunden loß und selig machen will,
so wir glauben an seine verheißung. Und solches ge-
schicht auf zweyerlei weiße, erstlich, daß er unß hie
auf erdenn durch daß evangelium und die h. sacra-
ment unsere hertzen und gewißen reiniget, Actor. 15
[9]: Er hat ihr hertzenn gereiniget durch den glau-
ben, | zum andern, wann aber unser gewißen derge-
stalt von sunden gereiniget und mit Gott, dem vat-
ter, durch den glauben versohnet seindt, muß auch
die sundt auß unser natur und weßen außgefeget
und vertilget, und wir entlich von allen sunden ge-
reiniget und in wahrer gerechtigkeit und reinigkeit,
f In B fehlt der gesamte Abschnitt zum Krankenbesuch.
114 Unaufgefordert.
115 Das gesamte Kapitel stammt wörtlich aus der kurpfäl-

die Gott von unß fordert, volkommen werden, da-
mit wir mit Gott ewig mögen leben.
Zum dritten. Damit nun solches geschehe und in
unß volbracht werde, so schiebt unß unser lieber
herr Gott kranckheit, ja auch den todt, zu, nit der
meinung, daß er mit unß zörne und unß verderben
wolle, sonder auß großen gnaden, daß er unß in die-
sem leben zu wahrer buß und glauben treibe und
entlich auß der sunden, darin wir noch steckenn,
und auß allem unglück beide, leiblich und geistlich,
frey mache, wie solches die heilige schrifft reichlich
bezeuget. Dann so saget S. Paulus, 1. Cor. am 11.
[32]: Wenn wir gerichtet werden, so werden wir von
dem herren gezüchtiget, auf daß wir nicht in dieser
welt verdampt werden. Item zun Romern | am 8.
[28.38-39]: Denen, die Gott lieben, müsen alle ding
zum bestenn dienen. Und kann sie von der liebe
Gottes in Christo Jesu nicht[s] abscheiden, es sey
fewer, schwert, hunger, todt oder leben etc.
Zum vierten. Weil nun dem also und du auß dem
h. evangelio durch den mundt deß sohns Gottes, un-
sers herrn Jesu Christi, geprediget und mit seinem
todt und auferstehung bezeuget deß aufs aller ge-
wißest und sicherste, biß daß alle deine sundt von
dir auf Christum, ja, nun auch von Christo gantz
und gar hienweg gethan und ewig verdilget seint
und also gar vor Gottes angesicht kein ursach deß
zorns und verdamnuß uber die glaubigenn vorhan-
den, sonder eitel gnadt, trost, leben und seeligkeit,
sintemal unser lieber herr Gott dich nun in seinen
augen hat nicht alß ein bößen, verdampten sunder,
von Adam geboren, sonder alß ein gantz gerechts,
heiliges und liebes kindt in Christo, in welches ge-
rechtigkeit und leben du so gewißlich leben und see-
lig sein solst (sofern du es glaubest) ewiglich, | alß
gewiß und warhafftig er nicht in seinen aigenen, son-
dern in deinen sunden Gottes zorn getragenn und
gestorben ist, so siehe und tröste dich solcher gna-
denn und wiße, daß die sunde, Gottes gericht, der
todt und helle gar nichts mehr mit dir zu schaffenn

zischen Kirchenordnung von 1563, Sehling,
EKO XIV, S. 402-403.
116 Geschickt.
117 Gen 3; vgl. Röm 5,12.

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