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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0732
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Ysenburg beide Linien

29. Edikt gegen Unzucht und Ehebrucha
20. Mai 1584

Wir, Philips1, Ludwig2, Wolffgang3 und Heinrich4
von Ysenburg, Graven zu Büdingen etc., Gebrüder
und Gevettern, Entbieten unsern Obern und Untern
Amptleuthen, Räthen, Befehlhabern, Dienern, Kel-
lern, Zendtgraven, Schulthaisen, Burgermaistern,
Richtern, Burgern, Gemeinden und sonst allen un-
sern Underthanen, Hindersässen, Angehörigen und
Verwandten, Geistlichen und Weltlichen, unsern
Gruß, Gnad und alles guts Und daneben zu wiessen
fügende.
Demnach uns als einer Christlichen Obrigkeit
gebürt, so viel an uns ist, nicht allein gute Policey,
Zucht und alle Ehrbarkeit under denen, welche uns
Gott undergeben hat, zupflantzen und zu erhalten,
sondern auch das böß außzurotten und zu straffen,
und wir dann täglich gleichwol gantz ungern und
mit bekümmernuß erfahren und vernemmen, daß
alle Boßheiten und Unthaten, Schandt und Laster,
sonderlich der Hurerey und Unzucht, ungeacht aller
Vermahnungen und voriger straffen dermassen
wachssen und uberhandt nemmen, daß die unver-
meidliche Notturfft erfordert, gleich wie in uber-
handtnemmenden leibskranckheiten sterckere unnd
scherpffere Artzeneyen, Also auch bey wachsenden
diesen Lastern und Sünden ernstere und schwerere
straffen gebraucht werden sollen und müssen, Daß
wir derhalben keinen umbgang haben können5, Uns
auff gehabtem Rath nachfolgende Ordnung mitein-
ander zuvergleichen Und dieselbe offentlich verkün-
den und Publicieren zulassen, Darüber wir dann ve-
stiglich und streng zuhalten endtlich bedacht sein,
darnach sich die unsern zurichten.

a Textvorlage (Druck): FYBA Büdingen Kulturwesen
Fasz. 15/86a.

1 Philipp II. von Ysenburg-Birstein (1526-1596), siehe
oben, S. 556.
2 Ludwig III. von Ysenburg-Birstein (1529-1588), siehe
oben, S. 556.

Ordnen, setzen und wöllen demnach erstlich, da
in unsern Graff- und Herrschafften ein Ehemann
mit eines andern Eheweib sich fleischlich vermischt,
daß alßdann beide Personen, nemlich der Mann mit
dem Schwerdt und das Weib mit dem Wasser oder
auch mit dem Schwerdt, vom Leben zum Todt hin-
gericht und gestrafft werden sollen.
Were es aber sach, daß ein Ehemann mit einer
Ledigen, unverheyrathen Weibs person sich ver-
mengt und Unzucht mit ihro begangen hette, So sol
der Mann, wie obgesetzt, am Leben gestrafft wer-
den. Gleicher gestalt soll es auch mit der Dirnen ob-
gemeldter maß gehalten werden, woferne sie gewußt
hat, daß die Manns Person Ehelich were und sich
doch mit im behengt6 hette. Do aber die Dirne an-
derst nicht gemeint noch gewußt, dann der Mann
were Ledig und unverheyrath, alßdann soll sie nicht
am Leben, sonder mit dem Pranger, verweisung7
und Ruthen außgehauwen oder sonst nach gelegen-
heit gestrafft werden.
Also auch, wo ein Eheweib mit einer Ledigen,
unbestatten8 Manns Person in Unzucht zuthun het-
te, So soll das Weib oberzehltermassen vom Leben
zum Todt gerichtet werden, wie dann auch die
Manns Person, do sie gewußt hat, daß das Weib
Ehelich wehre und sich doch mit ir vermengt hette.
Im fall aber, die unverheyraht Manns Person anders
nicht gemeint noch gewußt, dann das Weib were
Ledig und unverheyraht, alßdann soll er auch nicht
am Leben, sondern, wie droben von der Dirnen ge-
meldet, gestrafft werden.

3 Wolfgang von Ysenburg-Ronneburg (1533-1597), siehe
oben, S. 552 Anm. 35.
4 Heinrich von Ysenburg-Ronneburg (1537-1601), siehe
oben, S. 553 Anm. 46.
5 Nicht umhin kommen, Grimm, DWb 23, Sp. 893.
6 Eingelassen.
7 Landesverweisung.
8 Unverheirateten.

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