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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0033
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I. Die Regierungszeit Ludwigs V. (1508-1544)
Luthers öffentliches Hervortreten und die Reformation trafen in Kurpfalz an der Regierung den
Kurfürsten Ludwig V., den Friedfertigen (1508-1544), den 1478 geborenen ältesten Sohn und
Nachfolger Philipps des Aufrichtigen. Seine politische Lebensaufgabe war durch die für die Pfalz
verheerenden Folgen des bayerisch-pfälzischen Erbfolgekriegs von 1504-1505 gestellt. Der Kölner
Schiedsspruch von 1505 sah die Kurpfalz als den eigentlichen Verlierer des Krieges. Das Land war
durch württembergische, hessische und pfalz-veldenzische Truppen verwüstet, die wirtschaftliche und
finanzielle Kraft des Landes auflange Zeit hin erschöpft, die territorialen Verluste waren bedeutend und
die Stellung des Kurfürsten im Reiche, einst der vornehmste unter den weltlichen Kurfürsten, stark ge-
mindert.
Durch eine ungemein zähe, zielbewußte und vorsichtiges, manchmal zwielichtiges Lavieren nicht
scheuende Politik hat Ludwig V. diesem völligen Zusammenbruch pfälzischer Hausmachtpolitik ge-
steuert, ja bis zu seinem Tode der Kurpfalz ihr altes Gewicht im Reiche wieder zu verschaffen gewußt.
Der Ingolstädter Vertrag von 1509 und die Vermählung Ludwigs mit Sibylle, der Tochter Herzog
Albrechts IV. von Bayern, erbringt die Aussöhnung mit den wittelsbachischen Vettern, den eigentlichen
Rivalen um das Landshuter Erbe. 1524 folgt eine förmliche Erbeinung mit Bayern, das sich um diese
Zeit bereits angeschickt, die wichtigste katholische Macht im Reiche zu werden. Freilich bewahrt Ludwig
von diesem Wege bayerischer Politik kühle Distanz. Ebenfalls der Sicherung der oberpfälzischen Gren-
zen diente 1509 ein Vertrag und eine Erbvereinigung mit König Ladislaus von Böhmen. Die Reihe der
Verträge mit der Reichsstadt Nürnberg, die ihr Gebiet auf Kosten pfälzischen Besitzes erweitert hatte,
begann 1521. 1512 schloß Ludwig mit Herzog Ulrich von Württemberg, der ihm durch seine Frau ver-
schwägert war, den Vertrag von Urach, in dem durch weitere Verhandlungen die Südgrenze der Rhein-
pfalz konsolidiert wurde. Trotzdem tritt Ludwig 1523 dem schwäbischen Bunde bei, wirkt aber später
wiederum bei diesem Bundesgenossen, wenn auch ohne Erfolg, für die Restitution Ulrichs in seinem
Lande. 1521 beendet der Vertrag von Worms den alten Gegensatz zu Hessen, indem beide Fürsten das
von den Grafen von Hanau gekaufte Amt Umstadt untereinander teilen. Aber den späteren Werbungen
Philipps von Hessen zum protestantischen Bündnis zeigt Ludwig stets die kalte Schulter. Langwieriger
gestaltete sich die Versöhnung mit dem Hause Habsburg und dem Kaiser. Noch von Maximilian I. er-
reicht Ludwig 1518 die kaiserliche Belehnung und die Anwartschaft auf das Reichsvikariat. Bei der
Wahl Karls V. neigt er noch zur Unterstützung der Kandidatur Franzens I. von Frankreich, wird aber
dann durch die diplomatische Tätigkeit seines am burgundischen Hofe erzogenen Bruders Friedrich
(seit 1518 Statthalter der Oberpfalz) und große Geldzuwendungen für Karl gewonnen. Die Jahre 1522
bis 1523 sehen Pfalz am Reichsregiment beteiligt. Nach vorübergehender Entfremdung schwenkt Ludwig
seit 1526 stärker auf die kaiserliche Politik ein, dient ihr seitdem vorwiegend in Vermittlungsaktionen
zwischen den Religionsparteien, um seit 1535 ganz in ihrem Fahrwasser die Verwirklichung der Hoff-
nungen des Bruders Friedrich auf die dänische Königskrone zu suchen.
Ludwigs V. Verhältnis zur Kurie ist kühl und nur von den Interessen kurpfälzischer Hausmacht
bestimmt. Er pflegt die Beziehungen nach Rom besonders in den Jahren zwischen 1521 und 1524, als
er seinem Bruder Heinrich die Propstei Ellwangen und die Bistümer Worms und Utrecht verschaffen
will. So gelangen die meisten der für Pfalz bedeutsamen Stifter in die Hand von Pfalzgrafen. Ludwigs
Brüder im geistlichen Stande sind Philipp († 1541), 1499 Bischof von Freising, 1517 auch Admini-
strator von Naumburg, Georg († 1529), seit 1513 Bischof von Speyer, Heinrich († 1552), 1521 Propst
von Ellwangen, 1523 Administrator von Worms, 1523 auch von Utrecht und seit 1541 von Freising, und
schließlich Johann († 1538), seit 1507 Administrator und Bischof von Regensburg. Über Worms und
Speyer übt Ludwig sein Schutzrecht aus, das ihm freilich mehr eine finanzielle Einnahmequelle als eine

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