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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0039
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Bereits während des Jahres 1545 mehren sich die Stimmen, daß in Kurpfalz die Wendung bevor-
stehe. In Einzelfällen, so im Amt Alzey und im Heidelberger Augustinerkloster, stellt sich die Regierung
auf den Standpunkt, die Communio sub utraque weder zu verbieten noch zu erlauben.Während in diesem
Jahre die ersten Kontakte zu den Schmalkaldenern, an denen besonders die oberdeutschen Städte in-
teressiert und beteiligt sind, hergestellt werden, lassen die pfälzischen Räte durchblicken, daß die Re-
gierung bereits mit Beratungen zwecks Anstellung tauglicher Prediger und ,,dergleichen christlicher
ordnung“ beschäftigt ist. Eine Versammlung des Adels in Heidelberg im Dezember 1545 bringt die freie
evangelische Predigt für das Land. Schon im November erscheint der evangelische Peter Alexander,
einst Prediger der Königin Maria, der Statthalterin der Niederlande, in Heidelberg, predigt bei Hofe
und beginnt in der Universität trotz des Widerstands des katholischen Theologieprofessors Georg Niger
Vorlesungen über den Römerbrief. Auch Adam Bartlme, zuvor Ottheinrichs Hofprediger in Neuburg,
wird in die Rheinpfalz gerufen. Am Weihnachtstage 1545 sogar nimmt die Kurfürstin mit ihren Hof-
leuten das Abendmahl nach evangelischem Ritus.
Der Jahreswechsel 1545/46 erbringt, wohl als Eolge der Adelsversammlung vom Dezember 1545
und als Vorleistung für die direkten Verhandlungen mit den Schmalkaldenern in Frankfurt im Januar
1546, für die Kurpfalz die erste offizielle Reformationsverordnung:
1. [Edikt über die fakultative Reichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, Abhaltung des
Gottesdienstes und Reichung der Sakramente in deutscher Sprache, Aufhebung des Meßzwangs für
die Pfarrer und Freigabe der Priesterehe, von Anfang Januar 1546].
Eine Originalausfertigung dieses Edikts ist nicht bekannt. Wir besitzen statt dessen mehrere zeit-
genössische Berichte, die beim Text unten nachgewiesen werden. Nicht eindeutig auszumachen ist das
Datum des Erlasses. Die einzig konkrete Angabe bietet der Bericht Christopher Monts an Heinrich VIII.
von England aus Frankfurt a.M. vom 10. Januar 1546: Elector Palatinus nuper in festo Trium Re-
gum (d. i. 6. Januar) eos articulos per universum Palatinatum publicari fecit, quos ad Majestatem
Vestram descripsi6 . Hingegen wissen der kursächsische Rat Alexander von der Thann schon am
3. Januar 1546 an Landgraf Philipp von Hessen und, durch jenen informiert, Sebastian Schertlin von
Burtenbach schon am 5. Januar 1546 an die Bürgermeister von Augsburg von diesem Erlaß und seiner
Ausfertigung in die Ämter zu berichten. So bleibt das exakte Datum unbestimmbar. Vielleicht schon als
Folge dieses Edikts findet am 3. Januar 1546 in der Heiliggeistkirche zu Heidelberg ein evangelischer
Abendmahlsgottesdienst statt. Monts Inhaltsangabe stellt die Gültigkeit des Edikts auch für die Ober-
pfalz sicher, wo es teilweise das ältere oberpfälzische Religionsmandat vom 8. Oktober 1538 erneuert,
doch in der Mehrzahl seiner Bestimmungen über dieses hinausgeht. Die Verkündung des kurpfälzischen
Edikts im Amt Bacharach wird vom Bacharacher Anonymus zum Sebastianstag (d. i. 20. Januar)
1546 berichtet7. Wenn der Bericht des Alexander von der Thann an Philipp von Hessen schon eine
Säkularisierung der Klöster in der Pfalz in Aussicht stellt, so eilt dies gewiß den Ereignissen weit voraus.
Das Edikt selbst ist noch kein endgültiger Übertritt zur Reformation, sondern schafft ein einstweiliges
Zwischenstadium und stellt erst die Vorbereitung einer wirklichen Reformation dar.
Ob am 10. Januar 1546 bereits ein ausdrückliches Verbot der Messe ergangen ist8, kann beim
dürftigen Quellenbefund nicht mit Sicherheit angenommen werden. Noch am 3. März sind ,,Messe und

6 State Papers, published under the authority of her Majesty’s commission: King Henry the Eighth, Foreign
Correspondence, vol. XI, London 1852, S. 6; die genannten Artikel in Anm. 2 zu S. 25 ebendort.
7 Wagner, S. 11, § 11; vgl. auch Hedios Brief an Albrecht von Preußen vom 26. Januar 1546, bei J. Voigt,
Briefwechsel der berühmtesten Gelehrten des Zeitalters der Beformation mit Herzog Albrecht von Preußen. Königs-
berg 1841, S. 332.
8 So Rott, Friedrich II., S. 50, nach State Papers, vol. IX, S. 36.

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