Diese letzten beiden Ordnungen sind auch in der Vorderen Grafschaft Sponheim, die Kurpfalz ge-
meinschaftlich mit Baden regierte, in Kraft getreten.
Eine apologetische Rechtfertigung der gesamten Neuordnung der letzten Jahre bietet der
51. [Bericht der Pfarrer und Theologen der Kirche und Universität zu Heidelberg über das kurpfäl-
zische Kirchenwesen vom 25. April 1571].
Dieser dürfte als offizielle Darlegung des calvinisch-presbyterianischen Standpunktes, den die theo-
logische Fakultät und der Kirchenrat geschlossen einnahmen, ursprünglich wohl zum Druck bestimmt
gewesen sein. Ein solcher ist aber, offensichtlich um die fortdauernden Zwistigkeiten nicht zu verschärfen,
unterblieben. Die presbyterianische Tendenz tritt hier bei aller Anlehnung an die gesetzlichen Bestim-
mungen noch deutlicher hervor.
Beim Presbyterium entfällt die Polizeiaufsicht. Punkt 12 behauptet die Exkommunikation durch
das Presbyterium, die Amtleute verfahren erst bei der Fruchtlosigkeit aller kirchlichen Bemühungen
mit den Hartnäckigen nach den weltlichen Satzungen (Punkt 13). Hier ist der Exkommunikations-
vorbehalt des Edikts (Nr. 44) und der Ältestenordnung (Nr. 50) hingefallen. Die monatlichen Classical-
convente erscheinen stillschweigend als eine Unterteilung der nach Ämtern geordneten Superintenden-
turen und als eine Zwischeninstanz zwischen Gemeinde und Amtssynode. Der Vorsitz wechselt. Neben
den drei gesetzlich bestimmten Aufgaben der Classicalconvente erscheint hier neu die nicht mehr Amt-
leuten und Superintendenten zugeschriebene Aufsicht über die Handhabung der Kirchenzucht. Bei
Schwierigkeiten in einer Kirchengemeinde werden Deputierte des Convents zur Regelung abgeordnet.
Die jährlichen Amtssynoden, wie sie bereits die Kirchenratsordnung von 1564 (Nr. 32) vorsah, behalten
ihre dort fixierten Aufgaben. Lediglich der Prozeß wird etwas erläutert. Neu ist, daß nicht mehr der
Superintendent kraft seines Amtes den Vorsitz führt, sondern von den Versammelten ein Präses gewählt
wird, dem der Superintendent, wenn er nicht selbst erwählt wird, als Assessor zur Seite steht. Diese
Synoden vereinen aus jeder Gemeinde nicht nur die Pfarrer, sondern mit ihnen zusammen je ein Laien-
mitglied des Presbyteriums. Die Spitze dieses synodalen Aufbaus bildet eine vom Kurfürsten zu beru-
fende Generalsynode, die von den Classicalconventen mit je zwei oder drei Vertretern beschickt wird. Auch
hier wird der Präses von der Versammlung gewählt.
Der Bericht bezeichnet alle diese Einrichtungen und Anordnungen als vom Kurfürsten bereits be-
fohlen. Ob dies tatsächlich geschehen ist, läßt sich beim Stande der derzeitigen Quellenkenntnis nicht in
allen Einzelheiten exakt kontrollieren. Sind die Aussagen des Berichts verläßlich, und daran zu zweifeln
liegt kein rechter Anlaß vor, so würde diese Ordnung den endgültigen Sieg des presbyterial-synodalen
Systems in Kurpfalz, locker mit dem landesfürstlichen Kirchenregiment kombiniert, repräsentieren.
Die engen, freilich der Forschung bisher verborgen gebliebenen Beziehungen zu der wenig später stattfin-
denden Emdener Synode von 1571 liegen auf der Hand.
52. [Bestallung eines Glöckners vom 15. Mai 1572].
Als Beispiel einer solchen Bestallung bieten wir hier die des Philipp Reysing an der Heiliggeist-
kirche zu Heidelberg. Die Anstellung wird von einem Stiftsschaffner namens der kurfürstlichen Kirchen-
güterverwaltung vorgenommen. Beachtung verdient in der Dienstinstruktion besonders der erste Punkt,
wo dem Glöckner ein Mitwirken bei der Krankenkommunion und beim Katechismusverhör der Kinder
zugeschrieben wird.
53. Pfalntzgrave Friderichs, churfürstens etc., und Marggrave Philipsen zu Baden etc. aufgerichte
christliche policeyordnung in der gemeinschaft Creutznach [vom 11. Juni 1572].
Es ist dies die Übertragung der kurpfälzischen Polizeiordnung von 1562 (Nr. 26) in die mit Baden
gemeinsam regierte Vordere Grafschaft Sponheim. Dabei ist deren Text nur in den notwendigsten Punk-
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meinschaftlich mit Baden regierte, in Kraft getreten.
Eine apologetische Rechtfertigung der gesamten Neuordnung der letzten Jahre bietet der
51. [Bericht der Pfarrer und Theologen der Kirche und Universität zu Heidelberg über das kurpfäl-
zische Kirchenwesen vom 25. April 1571].
Dieser dürfte als offizielle Darlegung des calvinisch-presbyterianischen Standpunktes, den die theo-
logische Fakultät und der Kirchenrat geschlossen einnahmen, ursprünglich wohl zum Druck bestimmt
gewesen sein. Ein solcher ist aber, offensichtlich um die fortdauernden Zwistigkeiten nicht zu verschärfen,
unterblieben. Die presbyterianische Tendenz tritt hier bei aller Anlehnung an die gesetzlichen Bestim-
mungen noch deutlicher hervor.
Beim Presbyterium entfällt die Polizeiaufsicht. Punkt 12 behauptet die Exkommunikation durch
das Presbyterium, die Amtleute verfahren erst bei der Fruchtlosigkeit aller kirchlichen Bemühungen
mit den Hartnäckigen nach den weltlichen Satzungen (Punkt 13). Hier ist der Exkommunikations-
vorbehalt des Edikts (Nr. 44) und der Ältestenordnung (Nr. 50) hingefallen. Die monatlichen Classical-
convente erscheinen stillschweigend als eine Unterteilung der nach Ämtern geordneten Superintenden-
turen und als eine Zwischeninstanz zwischen Gemeinde und Amtssynode. Der Vorsitz wechselt. Neben
den drei gesetzlich bestimmten Aufgaben der Classicalconvente erscheint hier neu die nicht mehr Amt-
leuten und Superintendenten zugeschriebene Aufsicht über die Handhabung der Kirchenzucht. Bei
Schwierigkeiten in einer Kirchengemeinde werden Deputierte des Convents zur Regelung abgeordnet.
Die jährlichen Amtssynoden, wie sie bereits die Kirchenratsordnung von 1564 (Nr. 32) vorsah, behalten
ihre dort fixierten Aufgaben. Lediglich der Prozeß wird etwas erläutert. Neu ist, daß nicht mehr der
Superintendent kraft seines Amtes den Vorsitz führt, sondern von den Versammelten ein Präses gewählt
wird, dem der Superintendent, wenn er nicht selbst erwählt wird, als Assessor zur Seite steht. Diese
Synoden vereinen aus jeder Gemeinde nicht nur die Pfarrer, sondern mit ihnen zusammen je ein Laien-
mitglied des Presbyteriums. Die Spitze dieses synodalen Aufbaus bildet eine vom Kurfürsten zu beru-
fende Generalsynode, die von den Classicalconventen mit je zwei oder drei Vertretern beschickt wird. Auch
hier wird der Präses von der Versammlung gewählt.
Der Bericht bezeichnet alle diese Einrichtungen und Anordnungen als vom Kurfürsten bereits be-
fohlen. Ob dies tatsächlich geschehen ist, läßt sich beim Stande der derzeitigen Quellenkenntnis nicht in
allen Einzelheiten exakt kontrollieren. Sind die Aussagen des Berichts verläßlich, und daran zu zweifeln
liegt kein rechter Anlaß vor, so würde diese Ordnung den endgültigen Sieg des presbyterial-synodalen
Systems in Kurpfalz, locker mit dem landesfürstlichen Kirchenregiment kombiniert, repräsentieren.
Die engen, freilich der Forschung bisher verborgen gebliebenen Beziehungen zu der wenig später stattfin-
denden Emdener Synode von 1571 liegen auf der Hand.
52. [Bestallung eines Glöckners vom 15. Mai 1572].
Als Beispiel einer solchen Bestallung bieten wir hier die des Philipp Reysing an der Heiliggeist-
kirche zu Heidelberg. Die Anstellung wird von einem Stiftsschaffner namens der kurfürstlichen Kirchen-
güterverwaltung vorgenommen. Beachtung verdient in der Dienstinstruktion besonders der erste Punkt,
wo dem Glöckner ein Mitwirken bei der Krankenkommunion und beim Katechismusverhör der Kinder
zugeschrieben wird.
53. Pfalntzgrave Friderichs, churfürstens etc., und Marggrave Philipsen zu Baden etc. aufgerichte
christliche policeyordnung in der gemeinschaft Creutznach [vom 11. Juni 1572].
Es ist dies die Übertragung der kurpfälzischen Polizeiordnung von 1562 (Nr. 26) in die mit Baden
gemeinsam regierte Vordere Grafschaft Sponheim. Dabei ist deren Text nur in den notwendigsten Punk-
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