Nur in der Sakramentenlehre ist umformuliert und ergänzt worden. Sowohl bei Taufe und Abendmahl
werden nun Definitionsfragen gestellt und beantwortet. Dabei wird jeweils mit ,,Sakrament oder göttlich
Wahrzeichen“ eine Formulierung des Brenzschen Katechismus aufgenommen, der 1556-1562 in
Kurpfalz in offizieller Geltung stand. Beim Abendmahl werden dann die Fragen über die ,,nuda signa“,
die Nießung im Glauben und das Verhältnis von Glaube und Sakrament bezeichnenderweise an die Stelle
einer Frage über die reformierte Auffassung von der manducatio impiorum gesetzt. Dabei wird aber die
reformierte Position völlig gewahrt93. So wird man in dieser Argumentation weniger ein Entgegen-
kommen zur Begütigung theologischer Gegner94, als vielmehr eine überaus geschickte Apologie der refor-
mierten Lehre sehen müssen. Bedenkt man, daß dieser kleine Katechismus nicht der theologischen Dis-
kussion, sondern der kirchlichen Verwendung als Propädeutikum zum großen Katechismus dienlich
sein und vielfach noch lutherisch gesinnte Gemeindeglieder der reformierten Abendmahlslehre befreunden
sollte, so gewinnt diese theologische Tendenz plastische Anschaulichkeit. Dementsprechend kurzlebig
ist dieser kleine Katechismus geblieben, schon unter der Regierung von Johann Casimirs Mündel
Friedrich IV. verschwindet er in Kurpfalz aus dem kirchlichen Gebrauch und weicht anderen Formen
mit neuen Tendenzen. Einzig in Anhalt hatte er eine Nachwirkung. In der kirchlichen Unionsdiskus-
sion des 19. Jahrhunderts erlebte er mehrfach Neudrucke.
Lutherische Polemik gegen diese neue Kirchenordnung erhob sich zunächst in handgeschriebenen
Flugblättern, die in auffälliger Weise den entsprechenden Pamphleten von 1563 ähneln. Auch daraus
erwuchs in der Folge ein längerer Streitschriftenkrieg, der auf Heidelberger Seite vornehmlich von dem
reformierten Kirchenrat Markus zum Lamb geführt wurde.
Die Einführung dieser Kirchenordnung und die durchgehende Neubesetzung kirchlicher Stellen
im Lande sind 1585 anscheinend Gegenstand einer allgemeinen Visitation gewesen, von der wir freilich
Näheres nicht wissen.
83. [Kirchenratsordnung vom 6. September 1585].
Die Ablösung des alten lutherischen und die Bestellung eines neuen reformierten Kirchenrats war
schon im Frühjahr 1584 vor sich gegangen. Mit dem Verzug von gut einem Jahre folgte nun der Erlaß
der neuen Ordnung.
Wie bei der Kirchenordnung nimmt man sich die entsprechende Anordnung Friedrichs III., die
Kirchenratsordnung von 1564 (Nr. 32) zum Vorbilde. Freilich ist sie bei aller Übereinstimmung in den
meisten sachlichen PunJcten mit dieser im Wortlaut neu konzipiert. In der Aufhebung der Bestimmung,
bei wichtigen Gegenständen auch die abgegangenen Kirchenräte hinzuzuziehen, und in der Beibehaltung
des Abschnitts über den Kirchenratsfiskus zeigt sich auch die Kirchenratsordnung unter Ludwig VI.
(Nr. 61) als Vorläufer.
In manchen Teilen zeigt sich die Berücksichtigung seit 1564 neugeschaffener Institutionen. So
werden die Kirchendiener zur Innehaltung des Mandats de non calumniando von 1584 (Nr. 80) aus-
drücklich verpfiichtet. Bei Kompetenzsachen wird die Kirchengüterverwaltung, bei Kirchendieneran-
nahme und Visitationswesen werden die Classicalconvente, bei der Kirchenzucht die Presbyterien ein-
geschaltet. Auch die Unterwerfung der Kirchendiener unter die weltliche Gerichtsbarkeit in allen bürger-
lichen Händeln und Polizeisachen ist seit dem Landrecht von 1582 festgelegt. Den Vorbildern entsprechend
benutzt die Ordnung noch den Superintendententitel, obwohl dieser zur nämlichen Zeit bereits durch den
des Inspektors abgelöst wird.Die einstigen Abschnitte über Schulen, Sapienzkolleg und Almosenwesen —
an des letzteren Stelle seit 1574 die besondere Almosenordnung (Nr. 55) stand - sind entfallen.
93 Vgl. Merkel, S. 89.
94 So Lauterburg, S. 170.
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werden nun Definitionsfragen gestellt und beantwortet. Dabei wird jeweils mit ,,Sakrament oder göttlich
Wahrzeichen“ eine Formulierung des Brenzschen Katechismus aufgenommen, der 1556-1562 in
Kurpfalz in offizieller Geltung stand. Beim Abendmahl werden dann die Fragen über die ,,nuda signa“,
die Nießung im Glauben und das Verhältnis von Glaube und Sakrament bezeichnenderweise an die Stelle
einer Frage über die reformierte Auffassung von der manducatio impiorum gesetzt. Dabei wird aber die
reformierte Position völlig gewahrt93. So wird man in dieser Argumentation weniger ein Entgegen-
kommen zur Begütigung theologischer Gegner94, als vielmehr eine überaus geschickte Apologie der refor-
mierten Lehre sehen müssen. Bedenkt man, daß dieser kleine Katechismus nicht der theologischen Dis-
kussion, sondern der kirchlichen Verwendung als Propädeutikum zum großen Katechismus dienlich
sein und vielfach noch lutherisch gesinnte Gemeindeglieder der reformierten Abendmahlslehre befreunden
sollte, so gewinnt diese theologische Tendenz plastische Anschaulichkeit. Dementsprechend kurzlebig
ist dieser kleine Katechismus geblieben, schon unter der Regierung von Johann Casimirs Mündel
Friedrich IV. verschwindet er in Kurpfalz aus dem kirchlichen Gebrauch und weicht anderen Formen
mit neuen Tendenzen. Einzig in Anhalt hatte er eine Nachwirkung. In der kirchlichen Unionsdiskus-
sion des 19. Jahrhunderts erlebte er mehrfach Neudrucke.
Lutherische Polemik gegen diese neue Kirchenordnung erhob sich zunächst in handgeschriebenen
Flugblättern, die in auffälliger Weise den entsprechenden Pamphleten von 1563 ähneln. Auch daraus
erwuchs in der Folge ein längerer Streitschriftenkrieg, der auf Heidelberger Seite vornehmlich von dem
reformierten Kirchenrat Markus zum Lamb geführt wurde.
Die Einführung dieser Kirchenordnung und die durchgehende Neubesetzung kirchlicher Stellen
im Lande sind 1585 anscheinend Gegenstand einer allgemeinen Visitation gewesen, von der wir freilich
Näheres nicht wissen.
83. [Kirchenratsordnung vom 6. September 1585].
Die Ablösung des alten lutherischen und die Bestellung eines neuen reformierten Kirchenrats war
schon im Frühjahr 1584 vor sich gegangen. Mit dem Verzug von gut einem Jahre folgte nun der Erlaß
der neuen Ordnung.
Wie bei der Kirchenordnung nimmt man sich die entsprechende Anordnung Friedrichs III., die
Kirchenratsordnung von 1564 (Nr. 32) zum Vorbilde. Freilich ist sie bei aller Übereinstimmung in den
meisten sachlichen PunJcten mit dieser im Wortlaut neu konzipiert. In der Aufhebung der Bestimmung,
bei wichtigen Gegenständen auch die abgegangenen Kirchenräte hinzuzuziehen, und in der Beibehaltung
des Abschnitts über den Kirchenratsfiskus zeigt sich auch die Kirchenratsordnung unter Ludwig VI.
(Nr. 61) als Vorläufer.
In manchen Teilen zeigt sich die Berücksichtigung seit 1564 neugeschaffener Institutionen. So
werden die Kirchendiener zur Innehaltung des Mandats de non calumniando von 1584 (Nr. 80) aus-
drücklich verpfiichtet. Bei Kompetenzsachen wird die Kirchengüterverwaltung, bei Kirchendieneran-
nahme und Visitationswesen werden die Classicalconvente, bei der Kirchenzucht die Presbyterien ein-
geschaltet. Auch die Unterwerfung der Kirchendiener unter die weltliche Gerichtsbarkeit in allen bürger-
lichen Händeln und Polizeisachen ist seit dem Landrecht von 1582 festgelegt. Den Vorbildern entsprechend
benutzt die Ordnung noch den Superintendententitel, obwohl dieser zur nämlichen Zeit bereits durch den
des Inspektors abgelöst wird.Die einstigen Abschnitte über Schulen, Sapienzkolleg und Almosenwesen —
an des letzteren Stelle seit 1574 die besondere Almosenordnung (Nr. 55) stand - sind entfallen.
93 Vgl. Merkel, S. 89.
94 So Lauterburg, S. 170.
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