Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0138
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

muglich, falscher gottesdienst abgestellet worden,
so haben wir doch der ort die religion, lere und kir-
chendienst nicht one besondere unser misfallen noch
dergestalt irrig und unrein befunden, das uns als der
ordenlichen obrigkeit nicht weniger als den alten
gottseligen königen Ezechia [vgl. 2.Kg. 18, 1 ff.],
Asa [vgl. 1.Kg. 15, 9ff.], Josia [vgl. 2.Kg. 22, 1 ff.]
und andern von obrigkeit, rechts und gewissens
wegen lenger nit zuzusehen, sonder geburen wöllen,
vor allen dingen Gottes ehre und unserer under-
thanen seligkeit aus christlichem eifer zu gemuet zu
furen und, als hievor in unserm furstenthumb Neu-
burg beschehen ist, auch dieses anererbten chur-
furstenthumbs der Pfaltz onverzugliche, gepurliche
christliche änderung und ordnung der hailigen ge-
schrift und Augspurgischer Confession2 gemeß fur-
zunemen, damit also am ersten die ehre und das
reich Gottes, der underthanen seelenheil und selig-
keit gesucht und gepflantzet, das ubel oder greuel
hinweggeton, außgereutet und keyner gelegenheit
der zeit, wie man sagt, befolhen oder args von folge
wegen des gueten gestattet und geduldet werde, wie
wir uns dan solches nit allein gegen Gott zu thun
schuldig erkennen, sonder auch vor uns selbsten
nach muglichkeit zu befurdern wolgenaigt seien.
Demnach dir hiemit befelhendt, du wollest bey den
pfarhern und kirchendienern deines von uns be-
folhenen ambts dieses ernstlich einsehen haben und
verfugen, das sie bey vermeidung unserer ungnade
und onnachleßlichen straf furderlich und onever-
lengt in iren befolhenen kirchen heimlich und offent-
lich den falschen gottesdienst, die bäpstlichen meß,
welche anstatt des heiligen nachtmals Christi er-
dicht und zum opfer vor lebendig und dodten ubel
angeordenet, auch der rechte gebrauch des hern
nachtmals der gemein Gottes allein auf die gestalt
des brodts eingezogen worden, darzu, das sie ir ver-
meint sacrament nit mehr einsperen oder, wie biß-
her beschehen, umbtragen, sonder die sacrament-
heußlin, olebuchsen, gesegnet öle oder chrisam

2 Text Bekenntnisschriften, 44-137.
3 Mittelhochdeutsch, gleich kirchliche Leise, ein Ge-
sang mit ungleichen Strophen, vgl. DW VI, 611.
4 Velum quadragesimale, ein Tuch zur Verhüllung des
Altars in der vorösterlichen Fastenzeit, vgl. LThK
V, 538, und HDA IV, 503.

weyhwasser, saltz, palmen, liechter und, was deren
aberglaubigen stuck mer seyen, gantz und gar aller-
dings underlaßen, abstellen und keinswegs zusehen,
das kertzenliechter darfur angezundet oder gewey-
het werden. Neben dem die vigilien, bäpstlich leich3
und andere solche gesang, ob sie gleich zum theil aus
der heiligen schrift ubel angezogen, ferners nit ge-
brauchen, die hungertucher4, decke der verbutzten5
bilder hinwegthun laßen und sich beschließlich aller
dieser abgöttischen ding gentzlich enthalten und ab-
sten wellen. Uf das aber dieses unser furhabend
christlich, gottselig werck zu furderlichem begerten
ende gebracht, so seyen wir albereit in embsiger
arbeit, ein gemeine christliche kirchenordenunge6
aus heiliger biblischer schrift, wie und welcher ge-
stalt in unseren chur- und furstenthumben durchaus
in gemein geleeret, gelebt und die heiligen sacra-
ment gereicht werden sollen, zu verfassen und, so-
baldt es immer muglich oder gesein kan, in truck
außgeen, auch allen pfarren und kirchendieneren,
sich derselben gemeß zu halten, zustellen zu laßen.
Damit aber dannochten uf solche abstellung hie-
zwischen die kirchen und gemeinde Gottes one
christliche leer und trost nit seyen, so sollestu den
pfarhern deines ambts auferlegen, das sie mitler
zeit und bis zu konftiger unsere reformation und
visitation7, die wir also in gantz kurtz neben uber-
gebung der kirchenordenung furgen zu laßen endt-
lichen furhabens seien, in iren befolhenen kirchen
das hailig evangelium und andere biblische schriften
getreulich predigen, darbey auch christliche psal-
men in teutscher sprach singen, die gemeine abso-
lution und mitteilung des heiligen taufs (sonder und
one chrisam), auch reichung der heiligen sacramen-
ten des leibs und bluts Christi under beeder gestalt
mit christlicher andacht und ehrerpietung halten
und sich hierinnen gantzs gehorsamlich erzeigen und
beweisen, das wir uns (neben dem, das die ehre des
allmechtigen und der menschen selenheil dardurch
hochlich befurdert und gewißlich reiche belonung
5 Verkleidet, verhängt, vgl. DW XII, 1, 979, das Ver-
hängen der Bilder in den Kirchen wohl auch ein
Fastenbrauch.
6 Unsere Nr. 7.
7 Vgl. unten unsere Nr. 18.

112
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften