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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0146
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

uns seinh in den allergrösten und -schweristen anfech-
tungen, fürnemlich von der ewigen fürsehung Got-
tes, behelfen und vertrösten mögen und sollen, so ist
kein mühe zu sparen, darmit er christlich gehalten,
außgeteilt und empfangen werde.
Und anfengklich soll der widerteufer irrthumb, so
den jungen und i noch unmündigen kindern den tauf
abgeschlagen, gentzlich verworfen sein, sonder die
kinder, als die nicht der geringst teil Gottes volck
sein, sollen vermüg götlichs worts und ordnung ge-
tauft werden.
Und wiewol vor zeiten in der ersten kirchen nur
zwo zeit im jar, nemlich Ostern und Pfingsten, zu
taufen verordnet, jedoch, nachdem der son Gottes
und seine aposteln kein sonderliche zeit hierin be-
stimpt, sonder der kirchen ire freiheit gelassen, auch
vil kinder irer schwacheit halber die obbestimpten
zeit des taufs nicht erreichen möchten, so wöllen wir
auß disen und andern hochwichtigen ursachen, das
die kinder zu jeder gebürlichen zeit, so es von irent-
wegen ordenlich begert und sie fiirgebracht, getauft
werden.
Jedoch achten wir es für nützlicherk, das die kin-
der lausserhalb der not irer schwacheit nicht zur zeit,
da kein kirchenversamlung verhanden, sonderl auf
mden sontag oder andere feiertag oder auf den werck-
tagm, da predig gehalten und ein menge des volcks
in der kirchen beyeinander versamlet, zu taufen für-
getragen werden, darmit menigklich bey dem kin-
dertauf nicht allein des gebrauchs und nutzungn
des taufs erinnert, sonder auch Gottes nameno über
das kind anzurüfen und pdem kind umb ein rech-
h 1577: + derselben.
i Fehlt 1577.
k-k 1577: nützlich und sehr gut.
l-l Fehlt 1577.
m-m 1577: die sonn- und andere feyertage oder auf die
wercktage.
n 1577: nutzes.
o 1577: + von der gantzen gemein.
p-p 1577: deme umb ein wahren.
q 1577: Damit aber die kindlein nicht etwan durch
unversehene, zufallende schwacheiten (wie oft ge-
schicht) in zeit solchen verzugs der christlichen
tauf beraubet (welches dann an ime selbs unver-
antwortlich und den kindern, eltern und andern,
so hieran schuldig, zur gefahr und in irem ge-
Avissen zur beschwerung gereichen möchte), ent-
gegen aber andere nit ursach hierauß schöpfen,
auß verachtung, fürsetzlicherweise oder irrigen

tenp christlichen glauben, der im zu rechter ent-
pfahung des taufs und zur seligkeit nötig, zu bitten
ermanet und bewegt wurden.
q Wir wöllen aber hiemit niemands gestatt haben,
das er mit seins kinds tauf aus verachtung gfarlicher
weis und irriger unchristenlicher meinung in die lenge
verziehe, dann, wo sollichs geschehe, gedencken wir
dasselb nach gelegenheit des handels ernstlich zu
strafen.q
Darnach soll auch fürnemlich hierin bedacht wer-
den, das die substantia oder das wesenlich stuck
eins rechten christlichen taufs nicht an der menge
und vile der ceremonien, so vor diser zeit bey dem
tauf im brauch gewesen, sonder fürnemlich an dem
gelegen sey, das der tauf geraichet werde im namen
Gott, des vaters und des sons und des heiligen geists.
Darumb alle lectiones, vermanung und gebet bey
dem tauf dahin gerichtet werden sollen, das dieses
wesenlich stuckr recht verstanden und gebraucht
werde.
Das aber das kind im taufen in-s oder außge-
wickelt, ein- oder dreymal begossen, in das wasser
eingedaucht oder mit wasser besprenget werde, ist
an im selbs mittelmässig. Jedoch, dieweil in der kir-
chen alles ordenlich und zur besserung geschehen
soll, haben wir für nützlich bedacht, dast die kindlin
außgewickelt, doch, allerley gefar zu verhüten, nicht
ins wasser gedaucht, sonder mit dem wasser also
nackend begossen werden. Es were dann sacli, das
die kind so schwach, das es den luft oder kelte nicht
wol leiden möchte, a-lßdann mage es eingewickelt wol
getauft werdent
und unchristlichen meinung mit ihrer kinder tauf
in die lenge zu verziehen (dann, wo ein solches be-
schehe, gedencken wir dasselbe nach gelegenheit
des handels und der personen ernstlich zu stra-
fen), so wöllen wir, daß die eltern ihren kindlein,
zum fürderlichsten es immer gesein mag, die hei-
lige tauf selbs bey den pfarrherrn suchen und die-
selbige zu mehrgedachter heiligen tauf beneben
den gevattern und andern erbetenen christlichen
leuthen in der person beleyten, bringen und be-
fürdern. r 1577: + für.
s H und BG: in-; GMMH: ein-.
t-t 1577: bey denen kirchen es zuvor gebreuchlich,
die kindlein außzuwicklen oder am haubt und
brust zu begiessen, nachmaln bleiben solle und
ohne sonderbare not, auch ohnhewust deß ver-
ordneten superattendenten anderst sich kein kir-
chendiener underfangen solle etc.

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