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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0151
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Kirchenordnung 1556

alle christliche personen und sonderlich die heb-
ammen in ansehung, das auch die weiber miterben
des reichs Christi seind und die not der gemeinen
regel ound ordnungo nicht underwürflich ist, zur
zeit der not in abwesen der männer die kindlein ge-
tauft haben, welches man gähetauf genennet hat, so
wöllen wir dieselben auch nicht aufheben, sonder in
irer kraft bleiben lassen.
Es sollen aber die pkirchendiener die hebammen
aufs fleissigst underrichtenp, erstlich das sy kein
kind, so noch in mutterleib und nicht gantz an die
welt geborn ist, gahtaufen sollen. Dann, nachdem
der tauf ein sacrament der widergeburt ist, erfordert
die natur dises sacraments, das das kind, so das48
sacrament der widergeburt empfahen soll, vorhin
an die welt geborn sey. Jedoch sollen ciie, so in sol-
chen nöten darbey sind, beid, mutter und das kind,
dem allmechtigen Gott durch ir treulich fürbitt
bevelhen, das Gott der mutter helf und das kindlin
im gnedigclich laß bevolhen sein. Darnach, das sy
auch, nachdem das kind geborn, ausserhalb der
höchsten not des kinds schwacheit nicht gahetaufen
sollen, sonder, wa sie ein kirchendiener qoder sonst
einen christlichen man in der eil haben49 mögen, den-
selben berüfen und inen das kind taufen lassen.
Aber, so dasselb von schwacheit wegen des kinds je
nicht gesein möchtq, alßdann solle die hebamme50
oder, welchs gegenwirtigs christlichs weib sich des
täufens underfangenr wil, zwo oder drey personen,
so verhanden, zurs zeugnuß berüfen und erfordern,
darmit auf zweier oder dreierkundtschaft die tauf be-
stendig sey, und zuvor das gebet vaterunser sprechen,
darauf das kind mit wasser taufen und sprechen:

o-o Fehlt 1577.
p-p 1577: hebammen, wann sie angenommen werden,
auf bevelch der oberkeit jedes orts von den kir-
chendienern wegen ihres verstandes in solchen
fällen, wie sie den weibern in ihren nöten zuspre-
chen und ob sie nicht mit aberglaubischem segen
umbgehen, wol verhört, sonsten auch von den
kirchendienern fleissig underrichtet werden,
q- q 1577; in solcher eile ja nicht herufen können und
doch von wegen schwacheit des kindes allerhand
gefahr und beschwerung fürzukommen, nicht wol
lenger verzogen mag.
r H und BG : underfangen; GMMH: underfahen.
s 1577: zum.
t 1577: + ob und was für ein taufnamen demselhen
gegehen.

Ich tauf dich im namen Gottes, des vaters und
des sons und des heiligen geists.
Wer nun also, wie jetzt vermeldt51, gahetauft52
ist, der soll nicht anderwerts widergetauft werden,
sonder soll bey dem empfangnen tauf beleiben. Je-
doch, so das kind lebendig bleibt, soll man es in die
kirchen tragen, alsdann soll der kirchendiener un-
gevarlich nachvolgender weis damit handeln.
Zum ersten frage er die hebamen, wie und mit was
worten das kind getauftt und wer darbeygewesen.
Darnach verhöre er auch die andern, so darbey-
gewesen, welcher gestalt das kind getauft sey. So er
dann befindet, das es recht in dem namen Gottes,
des vaters und sons und53 heiligen geists getauft
worden sey, sol er gegen der versamlung der kirchen
sprechen:
Lieben freund, das kindlin, uns hie fürgebracht,
ist seiner sorglichen schwacheit halben daheimen im
hauß in dem namen Gottes, des vaters, sons und
heiligen geists, nach der ordnung Christi [vgl. Mt.
28,19] getauft worden. Hierauf, das das heilig, hoch-
wirdig sacrament des taufs nicht geschendt noch
Gottes wort, darbey gefüret, für ein spot gehalten
werde, soll es bey dem empfangnen tauf beleiben
und nicht widergeteuft werden.
uUnd nachdem es noch kein namen hat, soll es N.
genannt werden.u Darumb sollen und wöllen wir
uns dises N.w als eins rechten glids unsers herren
Jesu Christi und seiner heiligen kirchen annemen.
Wir wöllen auch hören das evangelion, darin sich
unser herr Christus der kindlin auf das freuntlichst
annimpt, darmit wir erinnert werden, wes54 wir von
den kindern halten sollen. [Marc. x.]x. Also schreibt
u-u In 1577 dieser Satz in Klammern, dazu das Mar-
ginal: N. B. Wohfern dem kind in der jachtauf ein
taufnamen gegeben worden ist, sol die paranthesis
außgelassen werden.
w 1577: + (oder diser N.).
x Marginal fehlt 1577.
48 Württemberg 1553 und 1555: des.
49 Württemberg 1553 und 1555: gehaben.
50 Neuburg 1554 und Württemberg 1553: heb-
ammen.
51 Neuburg 1554: gemeldet.
52 Württemberg 1553 und 1555: gahegetauft.
53 Neuburg 1554: + des.
54 Neuburg 1554: was.

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