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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0220
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

umb des herrn Christi willen. Und sollen also hin-
fürdter in Gottes forcht und glauben zunemen und
nicht in sünden wider das68 gewissen verharren.
Und die bekerten sollen glauben, das sie Gott gefellig
und in gnaden sind umb des herrn Christi willen, ob
sie gleich noch seer schwach sind.
Zum dritten wirdt in unsern kirchen geleeret, das
der mensch Gottes gesetz in disem leben nicht er-
füllen kan. Und obgleich ein mensch eusserliche
zucht etlichermassen zu halten vermag aus natür-
lichen kreften, so vermag er doch one das evange-
lium und one den son Gottes und one den heiligen
geist dise werck im hertzen auch nicht anzufahen,
als rechte gottesforcht, rechten glauben und ver-
trauen zu Gott, rechte anrüfung, rechte liebe zu
Gott, sonder diser angefangner gehorsam folgt der
widergeburt. Und obgleich nach der widergeburt
diser gehorsam angefangen wirdt, so ist dennoch
noch grosse schwacheit und sünd im menschen. Und
sind unsere werck noch weit nicht erfüllung des ge-
setzes.
Ob die bepstliche leere recht sey, das ein mensch für
und für in zweifel bleiben soll, ob er vergebung der
sünden habe und Gott gefellig sey?
Antwort:
Bepstliche leere, das die menschen in zweifel blei-
ben sollen, ist grausame, heidnische blindheit. Dar-
umb ist not, darvon oft erinnerung zu thun, beson-
der dieweil die bepstlichen disen iren grossen irr-
thumb noch für und für stercken. 69Und haben in
irem falschen concilio zu Trient disen artickel ge-
setzt69, das der mensch für und für im zweifel blei-
ben soll, ob er Gott gefellig sey70. Haben auch den
spruch felschlich auf ire meinung gezogen, da Salo-
mon spricht, der mensch soll nicht aus glück oder
unglück in disem leben schliessen, das er Got darumb
gefellig oder nicht gefellig sey71.
Dises ist ein hoher trost, das David weißt, das er
nicht verworfen ist von Gott, ob er gleich verjagt
68 Fehlt Neuburg 1554 und Mecklenburg 1554.
69-69 Fehlt Neuburg 1554.
70 Gemeint ist wohl Concilium Tridentinum, Sessio
VI Decretum de justiflcatione, cap. 9: Contra
inanem haereticorum flduciam, vgl. H. Den-
zinger: Enchiridion symbolorum, Ed. 26., Fri-
burgi 1947, Nr. 802, S. 289.

ist [vgl. Ps. 3]. Und Jeroboam soll nicht stoltz sein
und tichten, er sey Gott gefellig, denn er sey ein ge-
waltiger, sighaftiger könig worden [vgl. l.Kg. 14].
Also wil Salomon, von Gottes willen soll man aus
seinem wort schliessen und nicht aus glück oder un-
glück72 in disem eusserlichen leben72.
Darumb sprich ich widerumb, wie zuvor gesagt
ist: Alle menschen, die in sünden wider das gewissen
leben oder one glauben an den herrn Christum, die
sollen gewißlich schliessen, das sie in Gottes zorn
sind. Und so sie nicht zu Gott bekert werden, fallen
sie in ewige straf. Denn also spricht Johannes [3,
36]: Wer nicht glaubt an den son Gottes, der wirdt
das leben nicht sehen, sonder der zorn Gottes bleibt
auf im. Item l.Cor. 6. [9-10]: Lasst euch nicht be-
triegen, hurer, abgöttische, eebrecher etc. werden
das reich Gottes nicht ererben.
Dargegen aber alle, die schrecken in iren hertzen
vor Gottes zorn empfinden73 und wolten gern zu
Gott bekert sein und sich bessern, dise sollen nicht
im zweifel bleiben, sonder festigklich glauben, das
inen Gott ire sünde vergeben wölle aus gnaden umb
des herrn Christi willen. Und sollen also hinfürdter
in gottesforcht und glauben zunemen und nicht in
sünden wider das gewissen verharren.
Und das der zweifel unrecht sey, beweist erstlich
das symbolum selbst, darin du sprichst: Ich glaube
vergebung der sünden. Wenn nun dein hertz spricht:
Ich zweifel, ob mir meine sünd vergeben werden, so
streitet dein hertz wider die wort im symbolo. Zum
andern, Gottes verheissung und eid ist gewißlich
war und alle, so nicht daran glauben, die schmehen
Gott und wöllen in nicht erkhennen als warhaftig.
Nun ist offentlich, das Gott vergebung der sünden
umb seines sons willen zugesagt hat. Und gebeut
darzu, das man dem son glauben soll. Denn also
spriclit Petrus Actorum 10. [43]: Disem geben alle
propheten zeugknuß, das vergebung der sünden
empfahen durch seinen namen alle, die an in glau-
ben. Hie ist die verheissung ausgedruckt und allen
71 Es könnte bei diesem nicht wörtlich wiedergege-
benen Zitat an Eccl. 7, 14 gedacht sein, das aber
im Decretum de justificatione des Konzils von
Trient nicht begegnet. Dort wird wohl cap. 10
(vgl. Denzinger Nr. 803, S. 290) Jesus Sirach
18, 22 zitiert. 72-72 Fehlt Neuburg 1554.
73 Mecklenburg 1554: fülen.

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