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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0222
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

Von guten wercken.
Welche werck soll man leeren und thun?
Antwort:
Die Gott in seinen zehen geboten geleeret und ge-
boten hat. Und sollen die zehen gebot erkleret und
verstanden werden, wie sie der herr Christus selbs
und die apostel oft erkleren.
Und damit wir trost79 haben in diser grossen
schwacheit, soll man auch von göttlicher hilfe wis-
sen, das gewißlich der herr Christus, so wir in rechter
bekerung getröstet werden und in anrüfen, seinen
heiligen geist gibt, das er in uns rechte gottesforcht,
glauben, freude an Gott, lieb, keuscheit und andere
tugenden anzünde.
Also geschehen gute werck mit göttlicher hilf.
Und werden die glaubigen wunderbarlich bewart
durch den herrn Christum, der sie gewaltigklich
bschützt wider die teufel und erhelt sein armes
heuflin in so mancherley gefarligkeit, verfolgung,
krieg und zerstörung der grossen königreich, wie er
spricht: Niemandt wirdt meine schäflein aus meinen
händen reissen [Joh. 10, 28].
Wie gefallen die guten werck Gott, so wir doch
alle noch in disem leben sünde und grosse schwacheit
an uns haben?
Antwort:
Die guten werck gefallen Gott durch den glauben
an den herrn Christum. Und dises soltu erkleren mit
disen dreyen artickeln.
Erstlich soltu glauben, das Gott dein arme, elende
person aus gnaden umb des herrn Christi willen one
dein verdienst angenommen hat durch den glauben
und das die person also gerecht, das ist, Gott ge-
fellig sey umb des herrn Christi willen.
Zum andern soltu wissen, bekhennen und mit
warhaftigem schmertzen beklagen, das noch in dir
vil sünden sind, vil unwissenheit80, unordenlicher
flammen, versaumnus und sicherheit, das dein hertz
nicht so grosse gottesforcht, glauben, liebe und hoff-
nung hat, wie wir haben solten, wie in Johanne ge-
e GMMH: angefangner.
79 Neuburg 1554: was.
80 Neuburg 1554: + und.

schriben ist: Wenn wir sprechen, das nicht sünd in
uns ist, so betriegen wir uns selbs und ist die war-
heit nicht in uns [l.Joh. 1, 8].
Zum dritten soltu wissen, das gleichwol Gottes
ewiger und unwandelbarer wille ist, das wir im ge-
horsam sein sollen und das in den bekerten der ge-
horsam angefangen sein mus, wie dises auch in den
eid gefasset ist: So war ich lebe, spricht Gott, will
ich nicht, das der sünder sterbe, sonder das er bekert
werde und 81habe das leben81 [Ez. 33, 11].
Nun ist offentlich, das in solchem hertzen nicht
bekerung ist, das in sünden widers gewissen ver-
harret. Und ist82 gewißlich göttliche, unwandelbare
warheit, das die bekerung zu Gott in disem leben
vor dem todt geschehen mus, wie der spruch sagt:
Wir werden überkleidet83, so wir nicht blos gefun-
den werden[2.Kor. 5,2-3]. Und bleibt das erschreck-
lich gericht fest über die unbekerten: Lasst euch
nicht verfüren, die hurer, eebrecher, abgöttische
etc. werden das reich Gottes nicht besitzen[l.Kor. 6,
9-10].
Darum sollen wir festigklich glauben, das be-
kerung und neuer gehorsam nötig ist und das diser
schwach angefangenee gehorsam in den bekerten
Gott gefellig ist umb des herrn Christi willen durch
glauben, l.Pet. 2. [5]: Opfer84 geistliche opfer, die
Gott angenem sind durch den herrn Jesum Chri-
stum. Und denselbigen bekerten zu Gott, die für
und für in gottesforcht und glauben zunemen, wer-
den ire sünden, die noch in inen sind, durch den
glauben zugedeckt, wie der Psalm [32, 1] spricht:
Selig sind dise, welchen ire missethat vergeben sind
und ire sünd zugedeckt.
Bleiben auch noch sünd in den heiligen in disem
leben?
Antwort:
Es bleiben in den heiligen in disem leben vil sün-
den, nemlich böse neigung, vil unordenlicher flam-
men im hertzen, sicherheit, unwissenheit, versam-
nus etc. Aber wenn einer wider das gewissen Gottes
gebot übertrit, der ist nicht mehr heilig, betrübt und
81-81 Neuburg 1554 und Mecklenburg 1554: das leben
hab. 82 Neuburg 1554: + die.
83 Neuburg 1554: uberleidet.
84 Neuburg 1554 und Mecklenburg 1554: opfert.

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