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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0226
Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559
Von der bekerung oder poenitentia.
Die erste predig im paradeis, die der son Gottes
selbs gethan hat, strafet erstlich die sünd in Adam
und Eva seer erschrecklich 11. Darnach gibt er inen
trost und offenbart die wunderbarliche heimligkeit
von der erlösung der menschen und vergebung der
sünden durch den künftigen samen, der der schlan-
gen kopf zertreten würde [vgl. Gen. 3, 15].
Und ist dise predig nicht ein faule, vergebliche
stimme gewesen, sonder der son Gottes ist zugleich
in iren hertzen kreftig gewesen, da die sünde ange-
klagt ist mit disen tiefen worten: warumb hastu das
gethan [Gen. 3, 13]? Da sind sie beide in grossen
schrecken und in tod gefallen, wie wir selbs in angst
fallen, die nicht auszureden ist, wenn wir Gottes
zorn empfinden12. Denn obgleich die menschen ein
kleine zeit in der blindtheit one schmertzen leben, so
kompt doch hernach das gericht und strafe wie mit
Adam [vgl. Gen. 3], Saul[vgl. 1. Sam. 15. 31], Da.vid
[vgl. 2.Sam. 11-22] etc.
Darnach haben Adam und Eva auch leben, trost
und freude an Got empfunden13 und sind widerumb
aus dem tod und aus der helle gerissen, da sie dise
wort gehört haben: Des weibes samen wirdt der
schlangen den kopf zertreten [Gen, 3, 15]. Und dise
predig ist für und für in Gottes kirchen gewesen.
Und ist der son Gottes dardurch kreftig und samlet
im also ein ewige kirchen.
Denn dises ist gantz gewiß, Gott ist ein gerechter
Gott, zürnet über die sünd und strafet sie mit seinem
wort, mit leiblichen strafen und mit grausamen
schrecken. Dises erfaren wir alle.
Darbey wil er dennoch nicht, das wir in ewigkeit
seine feinde und in der grausamen straf bleiben. Dar-
von spricht der eid: So war ich lebe, spricht Gott,
ich wil nicht, das der sünder sterbe, sonder das er
bekeret werde und das leben habe [Ez. 33, 11].
Dise predig wirdt für und für in den propheten er-
holet. Und wie der son Gottes selbs im paradeis und
h GMMH: erschreckung.
11 Neuburg 1554: schröcklich; Mecklenburg 1554:
schrecklich.
12 Mecklenburg 1554: fülen.
13 Mecklenburg 1554: gefület.
hernach in den propheten gepredigt, also spricht er
auch, da er sichtigklich im ampt gewesen ist. Marc. 1.
[15]: Bekeret euch und glaubet dem evangelio. Und
gibt den aposteln disen haubtbefelch: Predigt be-
kerung und vergebung der sünden in meinem na-
men [vgl. Apg. 3, 19 u.ö.].
Aus disem allen ist offentlich und gantz gewiß,
das Gottes ernstlicher und unwandelbarer will ist,
das man von der bekerung oder poenitentia recht
predigen soll und das wir dise predig vom zorn und
straf der sünden und von vergebung der sünden an-
nemen und das Gott gewißlich mit diser predig
kreftig ist, vergibt sünd und gibt widerumb 14hei-
ligen geist14, ewigs leben, gerechtigkeit und freude
an im.
Dieweil nun die reine leere von disem hochwichti-
gen artickel sonderlich durch die bepst und münche
ausgetilget ist, sollen 15die leut hiervon recht und
fleissig underricht werden15:
Erstlich, damit man das wort bekerung oder
poenitentia recht verstehe, sollen sie wissen, das die
propheten das wort bekerung brauchen, wie es im
eid [Ez. 33, 11] stehet, nemlich also, das bekerung
heisset erschreckenh vor Gottes zorn wider die sünd
und doch nicht im schrecken versincken, sondern
durch glauben an den herrn Christum vergebung der
sünden, gnad und heiligen geist empfahen und also
in disem trost widerumb Gott gehorsam sein und ein
erbe sein ewiger seeligkeit.
Dise verenderung im menschen nennet oft die
schrift poenitentia. Und hat hernach die kirche das
wort poenitentia auch gebraucht für das wort con-
versio16. Darumb brauchen wir auch beide wörter,
bitten, man wölle darvon nicht wortgezenck machen.
Das deutsche wort buß ist dunckel, man braucht es
aber auch für das wort conversio.
Und mag zu anlaitung die bekerung oder conver-
sio oder buß oder poenitentia also erkleret werden,
das sie drey stuck fürnemlich in sich fasset.
Das erste in conversione ist genant contritio, das
14- 14 Fehlt Neuburg 1554 und Mecklenburg 1554.
15- 15 Mecklenburg 1554: die ordinanden vom rechten
verstand vleissig gefraget werden und vermanet,
die leut auch davon recht zu unterrichten.
16 Neuburg 1554: + bekerung.
200
Von der bekerung oder poenitentia.
Die erste predig im paradeis, die der son Gottes
selbs gethan hat, strafet erstlich die sünd in Adam
und Eva seer erschrecklich 11. Darnach gibt er inen
trost und offenbart die wunderbarliche heimligkeit
von der erlösung der menschen und vergebung der
sünden durch den künftigen samen, der der schlan-
gen kopf zertreten würde [vgl. Gen. 3, 15].
Und ist dise predig nicht ein faule, vergebliche
stimme gewesen, sonder der son Gottes ist zugleich
in iren hertzen kreftig gewesen, da die sünde ange-
klagt ist mit disen tiefen worten: warumb hastu das
gethan [Gen. 3, 13]? Da sind sie beide in grossen
schrecken und in tod gefallen, wie wir selbs in angst
fallen, die nicht auszureden ist, wenn wir Gottes
zorn empfinden12. Denn obgleich die menschen ein
kleine zeit in der blindtheit one schmertzen leben, so
kompt doch hernach das gericht und strafe wie mit
Adam [vgl. Gen. 3], Saul[vgl. 1. Sam. 15. 31], Da.vid
[vgl. 2.Sam. 11-22] etc.
Darnach haben Adam und Eva auch leben, trost
und freude an Got empfunden13 und sind widerumb
aus dem tod und aus der helle gerissen, da sie dise
wort gehört haben: Des weibes samen wirdt der
schlangen den kopf zertreten [Gen, 3, 15]. Und dise
predig ist für und für in Gottes kirchen gewesen.
Und ist der son Gottes dardurch kreftig und samlet
im also ein ewige kirchen.
Denn dises ist gantz gewiß, Gott ist ein gerechter
Gott, zürnet über die sünd und strafet sie mit seinem
wort, mit leiblichen strafen und mit grausamen
schrecken. Dises erfaren wir alle.
Darbey wil er dennoch nicht, das wir in ewigkeit
seine feinde und in der grausamen straf bleiben. Dar-
von spricht der eid: So war ich lebe, spricht Gott,
ich wil nicht, das der sünder sterbe, sonder das er
bekeret werde und das leben habe [Ez. 33, 11].
Dise predig wirdt für und für in den propheten er-
holet. Und wie der son Gottes selbs im paradeis und
h GMMH: erschreckung.
11 Neuburg 1554: schröcklich; Mecklenburg 1554:
schrecklich.
12 Mecklenburg 1554: fülen.
13 Mecklenburg 1554: gefület.
hernach in den propheten gepredigt, also spricht er
auch, da er sichtigklich im ampt gewesen ist. Marc. 1.
[15]: Bekeret euch und glaubet dem evangelio. Und
gibt den aposteln disen haubtbefelch: Predigt be-
kerung und vergebung der sünden in meinem na-
men [vgl. Apg. 3, 19 u.ö.].
Aus disem allen ist offentlich und gantz gewiß,
das Gottes ernstlicher und unwandelbarer will ist,
das man von der bekerung oder poenitentia recht
predigen soll und das wir dise predig vom zorn und
straf der sünden und von vergebung der sünden an-
nemen und das Gott gewißlich mit diser predig
kreftig ist, vergibt sünd und gibt widerumb 14hei-
ligen geist14, ewigs leben, gerechtigkeit und freude
an im.
Dieweil nun die reine leere von disem hochwichti-
gen artickel sonderlich durch die bepst und münche
ausgetilget ist, sollen 15die leut hiervon recht und
fleissig underricht werden15:
Erstlich, damit man das wort bekerung oder
poenitentia recht verstehe, sollen sie wissen, das die
propheten das wort bekerung brauchen, wie es im
eid [Ez. 33, 11] stehet, nemlich also, das bekerung
heisset erschreckenh vor Gottes zorn wider die sünd
und doch nicht im schrecken versincken, sondern
durch glauben an den herrn Christum vergebung der
sünden, gnad und heiligen geist empfahen und also
in disem trost widerumb Gott gehorsam sein und ein
erbe sein ewiger seeligkeit.
Dise verenderung im menschen nennet oft die
schrift poenitentia. Und hat hernach die kirche das
wort poenitentia auch gebraucht für das wort con-
versio16. Darumb brauchen wir auch beide wörter,
bitten, man wölle darvon nicht wortgezenck machen.
Das deutsche wort buß ist dunckel, man braucht es
aber auch für das wort conversio.
Und mag zu anlaitung die bekerung oder conver-
sio oder buß oder poenitentia also erkleret werden,
das sie drey stuck fürnemlich in sich fasset.
Das erste in conversione ist genant contritio, das
14- 14 Fehlt Neuburg 1554 und Mecklenburg 1554.
15- 15 Mecklenburg 1554: die ordinanden vom rechten
verstand vleissig gefraget werden und vermanet,
die leut auch davon recht zu unterrichten.
16 Neuburg 1554: + bekerung.
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