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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0250
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

matrimonmm contrahendum et dirimitur contrac-
tum. In gradibus vero humani juris prohibetur ma-
trimonium contrahendum, sed non dirimitur con-
tractum.
Von der schwagerschaft.
Die schwagerschaft weicht etwas ferner von der
natur denn die blutfreundschaft. Darumb werden
wenig personen aus natürlichem gesetz im heyrat
von der schwagerschaft wegen verboten, als nemlich
in aufsteigender lini in dem ersten grad die schwiger-
und die stifmutter q, in dem andern grad des weibes
anfrau, 12des anhern weiber12 etc. Also auch in der
absteigenden lini in dem ersten grad ist verboten
mein stieftochter, meins sons weib, in dem andern
grad meins sons son weib etc.
Aber in linea collaterali, auf der seiten, ist ver-
boten meines weibes schwester, meines bruders weib.
Und dieweil der erst gradus in affinitate nicht wol
bey dem gemeinen man erhalten werden mag, es
werde dann der ander auch verboten, so mag ein
weltliche oberkeit den andern, ja auch den dritten
gradum affinitatis verbieten. Doch in ansehung, das
solcher gradus nicht jure divino seu naturali ver-
boten ist, mag darin aus eehaften, wichtigen ur-
sachen nach der personen und handlung umbsten-
den von der oberkeit dispensiert werden nach der
obgemelten regel: Quod in gradibus juris positivi
prohibetur quidem matrimonium contrahendum,
sed non dirimitur contractum.
Es werden auch sampt andern personen, so nit
weder13 mit blutfreundschaft noch schwager-
schaft einander verwandt, zur eeliche verpfiichtung
untauglich erkhant, nemlich, das keiner zwey ee-
weiber zumal haben soll. Item, das der vormunder
sein pflegetochter nicht zur ee nemen soll. Solche
und dergleichen personen werden die jurisconsulti,
die eerichter, wol zu berichten wissen.
Von der eeschidung.
Die dritt verwirrung, so sich in eesachen zutregt,
geschicht in der eeschidung. Dann es ist von anfang
die ee von Gott also geschaffen und geordnet, das sie
p H: Jedoch.
q H: stiefmutter.
r H: weibes.
s H: jedoch.

zwischen man und weib 14ein steet14, unauflößlich
band bleiben und nicht gescheiden werden soll
[Mt. 19, 4-6].
Und wiewol die geistlichen recht etlich ee zu zei-
ten gescheiden, so haben sie doch den andern hey-
radt bey des andern leben nicht gestattet.
Aber nachdem das menschlich geschlecht durch
die sünde verderbt ist worden, so hat das göttlich
recht fürnemlich in zweyen casibus die eeschidung
diser gestalt erlaubt, das der ander heyradt nach der
eeschidung nicht verboten wirdt.
Der erst casus: So ein eegemahel an dem andern
brüchig und dasselb vermög der rechten gnugsam
erwisen und beygebracht, so ist das schuldig teil zu
strafen und dem unschuldigen, so es sich mit dem
schuldigen nit versönet, sonder begert sich anderst
zu verheyradten, die ander ee zu erlauben [vgl.
Mt. 19, 9].
Der ander casus ist, so ein eegemahel das ander
unbillich verlasst und ist fürhabens, nimmermehr
kein beywonung zu thun, wie der heilig Paulus
1. Cor. 7. [15] sagt: So der unglaubig hinwegkweicht,
so weiche er, der bruder oder schwester ist in disem
fall nicht verbunden. Wiewol nun diser spruch Pauli
allein auf die, so iren eegemahel von wegen der reli-
gion verlassen, gezogen wirdt, yedochs mögen sich
auch andere casus begeben, darin ein eegemahel das
ander unbillicherweis und mit fürsatz, nimmermehr
eelich beywonung zu thun, verlasset. Hierin soll die
unschuldig person von des schuldigen boßheit wegen
nicht beschwert und one ee zu bleiben gezwungen
werden.
Aber hierin haben die weltliche, keyserliche recht
ir regel, maß, zeit und ordnung gnugsam gegeben,
und sollen sich die eerichter darin eines bescheids
bey der obrigkeit und deren jurisconsultis erholen.
Es gehörn auch nit hieher die zornsachen, darvon
s.[anct] Paulus schreibt l.Cor. 7. [11]: Dann solche
eeleut sollen sich widerum versönen oder one ee
bleiben.
Neben den zweyen oberzelten casibus, darin nach
ordenlicher, rechtmessiger eeschidung der ander
12 Neüburg 1554: des anherrn weibes.
13 Neuburg 1554: wider.
14-14 Neüburg 1554: einstel.

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