Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Von den Ehesachen 1556

heyradt aus göttlichem rechten erlaubt wirdt, er-
zelen die keyserliche recht, c.[anon] de repudiis15
[In auten.[tico] ut liceat matri et aviae] und an an-
dern orten mehr casus, darin der unschuldigen per-
son der ander heyrat unverboten ist, nemlich, so
der man ein todschleger oder, den leuten mit gift
vergibt, oder rauber oder mörder oder sich zu un-
züchtigen weibern gesellt.
In disen und dergleichen casibus kan nit wol et-
was gewiß zu diser zeit beschlossen werden, sonder
sollen die eerichter der casus erwarten und, so sie
sich begeben, alle umbstend wol erkundigen und
bewegen, auch darin von dem landsfürsten und den
jurisconsultis bericht und bescheid erholen und
hierin der billigkeit dermassen einraumen, das die
unschuldig person von wegen des schuldigen boß-

heit nicht mit zwifachem unglück geplagt, in gefahr
cies leibs und der seel durch die strenge des richters
gesetzt werde.
So sind auch weder mann noch weib zu denen per-
sonen, die zur ee untüchtig und also, wie im rechten
gnugsam erfunden, zu zwingen.
Aber von wegen der einen person aussatz und
andern kranckheiten soll 16der andern16 sich wider-
umb zu verheyraten nicht17 gestattet werden.
Hierauf möcht unser gnedigster fürst und herr ein
kurtze ordnung in eesachen in bemelten und der-
gleichen artickeln durch ir churf.[ürstlicher]18
g.[naden] juresconsultos, ungeverlich in massen wie
die Wittembergisch eeordnung19 gestellt, verfassen
und den eerichtern, sich dardurch in irem sententz
zu richten, übergeben und zustellen lassen.

9. Schulordnung, wie dieselbige in2 des durchleuchtigisten, hochgebornen fürsten
und 2herrn, hern Ottheinrichs, pfaltzgraven bey Rhein,3 des heiligen römischen reichs
ertzdruchsessen und churfürsten3,4 hertzogen in Nidern- und Obernbayrn4 etc.5 chur-
und fürstenthumben5 gehalten werden soll.6 M. D. LVI.7 1

Von den lateinischen schulen.
Es ist bey menigklich rechts, gesundts verstands
bekentlich, das die schulen nicht allein zur leer der
guten, nutzlichen künsten, sonder auch zu erhaltung
15 C 5, 17, 8 (CJC II, 212).
16-16 Neuburg 1554: den andern nicht.
17 Fehlt hier Neuburg 1554.
18 Neuburg 1554: f.[ürstlicher].
19 Wohl die Wittenberger Ordnung von 1542, nicht
in Sehling I.
1 Druckvorlage: Druckexemplar in Universi-
tätsb. Heidelberg Q 7206 0/2 (an KO 1556,
letztes leeres Blatt fehlend) [AAij-BBij], 8 unfol.
Blätter in 40, Titelrückseite und letzte Seite leer.
Auf der vorletzten Seite: Wappen Ottheinrichs
wie auf Titelrückseite der KO 1556. Auf der dritt-
letzten Seite: Zu Neuburg an der Thunau ge-
druckt in Hansen Kilians, churfürstlichen secre-
tarii, druckerey, Anno domini M.D.LVI.
Abdrucke: J.F. Hautz, Lycei Heidelbergensis
origines et progressus, Heidelberg 1846, 58-65;
R. Vormbaum, Die evangelischen Schulord-
nungen des 16.Jahrhunderts, in: Evangelische

der nötigen ämbter in kirchen, in regimenten und im
haußhalten dienstlich, nutzlich und nötig sind.
Und wiewol die elementa, so man den jungen kin-
dern in der schul fürgibt, für eitel kinderwerck ge-
Schulordnungen, Bd. I, Gütersloh 1860, 66-68;
Hauss-Zier, 107-113.
Wie bei KO (Nr. 7) und Ehebedenken (Nr. 8) von
1556 gibt es davon eine andere Ausgabe, die bei
gleichbleibendem Satz Druckfehlerverbesserun-
gen, vermehrte Großschreibung auf dem Titel-
blatt und im Text sowie orthographische Varian-
ten bietet.
Exemplare: Universitätsb. Göttingen Jus sta-
tut. II 2295, Staatsb. München 40 Polem. 2247 d,
und Prakt.-Theol. Seminar Heidelberg (jeweils
an KO 1556). Abk.: GM.
2- 2 Neuburg 1554: meines genedigen.
3- 3 Fehlt Neuburg 1554.
4- 4 Neuburg 1554: hertzog in Obern- und Nidern-
bayrn.
5- 5 Neuburg 1554: fürstenthumb.
6 Neuburg 1554: + [Wappen Ottheinrichs].
7 Neuburg 1554: M.D.LIIII.

15 Sehling, Bd. XIV, Kurpfalz

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