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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0296
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Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576

nen, nidersetzen solle bei vermeidung der straf
nach der verbrechenden personen gelegenheit und
nahrung, doch daß nottürftige gesindt, welches
uber ein tisch voll nit sein solle, hierinnen auß-
geschlossen.
Es soll auch kein person, die dem breitigam
oder braut mit sipschaft nit verwandt ist, etwas
ubermeßig an gelt oder geltswerth zu schanckung
uf die hochtzeit verehren bei vermeidung fünf
gülden straf, einem jeden verbrechenden, der es
gibt und nimbt, ohnnachlaßlichen abzunemen.
Aber den gesipten soll irer schanckung halben
hirin kein maß gesetzt sein.
Ferner soll auch furbaß kein hochtzeit zum
lengsten uber zween tag weren und die nach- oder
gesellentäge, auch die nachschanckungen, wie
die mögen genennet werden (so allein zu unutzer
verschwendung dhienen) darzu der gesuchte
fundt, die berufenen hochtzeitgäst alle malzeit
iren pfenning zehren zu lassen, nit weniger aber
die schanckungen von inen zu nemen, hiemit
gentzlich abgestelt und verboten sein bei straf
fünf gülden, einer jeden verbrechenden person
abzunemen.
Do wa uber die gebürliche schanckung von
weibspersonen und jungfrauen altem prauch
nach an schisseln, kandten, pfannen und derglei-
chen haußgerätlein 8den hochzeitern8 etwas zur
morgengabe verehret würde, das soll hierin nit
abgeschnitten sein, sover kein ubermaß darin ge-
spürt, auch sonsten in andere wege nit miß-
braucht würdet.
Deßgleichen soll denjenigen, so armut und un-
vermogens halben nur irtenhochzeit anstellen,
keinswegs verstattet werden, die gantze erlaubte
anzahl, sonder allein etzliche ire negste bluts-
freundt zu laden, auch dißfals nit uber einen oder
je nach gelegenheit und unserer ambtleut jedes
orts ermessigung oder erlaubnuß zwen imbß zu
halten, dardurch sowohl irer selbst alß anderer
unnötigen costen und schaden zu vermeiden.
Und nachdem auch ein solche unordenliche
weiß eingerissen, daß man gemeinigklich an eim
hochzeitlichen tag kaum vor eilfen zur kirchen
und oftmalß kaum vor zwölf uhrn zu tisch kombt
und dann wohl biß in die virte oder fünfte stundt
bey einander im sauß und unordenlichen, vihi-
schen leben verhart, dardurch dann manchem
zum schaden und unträglicher beschwerung der
gantze tag unutzlich verzehret würdet, so ordnen
wir, daß nun hinfurbaß breutgam und braut
sambt ihr beiderseits freundtschaft und geladenen
gästen sich mit dem würt vergleichen oder sonst,

8-8 LO 1582, 1583, LO 1594: der hochzeiterin.
9-9 LO 1582, 1583, LO 1594: hochzeitliche täntze
anderer orten nicht dann in jedes eygenen woh-
nungen oder aber an solchen enden, allda sich an-
derer leichtfertigkeit und zuschlags nicht zu be-
fahren, doch dasselbe mit vorwissen jedes orts

im fall sie die hochtzeiten selbst halten, dahin
richten und befurdern, daß sie nach vollbrachtem
kirchgangkh umb zehen und also auch deß nachts
zu fünf uhrn, sovil müglich, zu tisch und dem essen
ghen und also auch das lange tischsitzen abkürt-
zen dergestalt, das alßbalt und ohne einigen ver-
zug nach geschlagener ein uhrn zum lengsten, wie
auch gegen abent umb acht uhrn der tisch gewiß-
lich aufgehebet werde, und sollen vier oder zum
hochsten fünf essen, darzu keeß und obß und nit
darüber gegeben, auch durch unsere jedeß orts
seiende ambtleut den würten ein gewisse und
leidenliche tax fur solche mahlzeiten je nach ge-
legenheit der zeit gemacht werden, damit sich
niemand ubernemens zu beclagen.
Und dieweil bißhero viel unzucht und leicht-
fertigkeit im dantzen sowol bei tag als bei der
nacht geübt worden, so sollen furbaß die däntze
allein zun hochzeiten, darzu auch anderst nicht
dann in züchten ohne uppigkeit deß verdreens,
sprengens noch anderer leichtfertigkeiten gehal-
ten, sich auch keiner, so nit zur hochtzeit geladen
ist, seines gefallens zu tantzen eintringen noch
einigen zanck oder hader anfangen und dartzu
die nebendäntze, so bißhero durch allerlei ge-
samblet gesind neben den hochtzeitern und ge-
ladenen personen eigens willens volbracht worden,
bei der thurn- und anderer straf gentzlich abge-
stelt und vermiten werden.
Darumb sollen auch solch 9hochzeitdäntze nit
an offnen orten, uf den gassen, vor den würts-
heusern, uf oder under den ratsheusern, zunft-
stuben noch under den linden oder dergleichen
enden9, da jederman darzu laufen und kommen
khan, angestelt, gehalten oder verstattet und, da
sonsten kein anderer platz10 vorhanden, solches
dantzen ehe ghar eingestellet und bei straf under-
lassen werden.
Und damit uber dieser unser satzung und
ordnung mit desto mehrerm ernst und vleiß ge-
halten werde, so ist unser ernstlicher will und
meinung, daß unsere ober- und underambtleut in
11allen stetten, flecken und dörfern unsers ge-
biets11 durch jedes orts schulteißen oder andere
darzu insonderheit bestelte und verpflichte er-
bare personen vermittelst aidts bei jeder hocht-
zeit vleißig ufmerckens haben und allezeit grundt-
liche erkundigung einnemen laßen, ob undt wel-
chermassen dieser unserer ordnung und gebot in
allen obgesetzten puncten und articuln gehor-
samlich nachgesetzt und gelebt werde. Darvon
auch volgends jedeßmals denselben unsern be-
ambten von inen, den aufsehern, notwendiger be-

obrigkeit und gar nicht auf den gassen, vor den
wirthäusern und dergleichen offenen enden.
10 LO 1582, 1583, LO 1594: bequemer platz, wie
jetzt vermeldt, hierzu.
11-11 1582 Kirchberg: in diesem ampt.

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