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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0298
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Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576

h11Von müssiggängern, weinschleuchen
und täglichem zechen.
iNachdem kwider und fürk lunsers gebietsl vil
müssiggehender weinschleuch gemeinlich in würts-
heusern fundenm werden, ndas irig unnützlich ver-
zerend, ir arbeyt versäumen, weib und kind daneben
hunger leiden und zu zeiten gar ohnnottürftig nach
demo almusen gehen lassen, da sie in andere billiche
wege die wol zu emeren hetten, welches nit allein ihr
selbst nachtheil, sonder pdem gemeinen nutz auchp
ein abbruch und nur ursache zu allen lastern gibt,
11-11 Wörtlich aus 1546, oben Nr. 4, S. 108.
12 In 1546 folgte noch eine Bestimmung über die Ver-
wendung des Strafgelds (oben S. 108), die hier
entfallen ist.
außrufen, verbotenem dantzen, freßen und sau-
fen, welches sich bißweilen in die nacht hinein er-
strecken thut, faßnachten, mumereyen, butzen
gehn, egen ziehen, johannsfeuer, schandlichen
liedern, gaben samlen und der jungen gesellen
undt mägden maien stecken und, waß dieses un-
stetigen, unchristlichen dings mehr ist, alles zu
verhinderung anhorung göttlichs worts und an-
reitzung zum bösen, leichtfertigen wesen und
wandel sich zutragen undt furgenommen werden
sollen.
Und aber solches alles dem wort Gottes7 und
aller christlichen zucht und erbarkeit zuwider8,
darauß auch nit weniger allerhandt leichtfertig-
keit undt strafliche laster der füllerei, unzucht,
balgerei, hader, kuplerei und bevorab göttliches
worts verachtung erwachsen thut, so statuiren,
ordnen und gebieten wir hiemit ernstlich, daß
solche und dergleichen heidnische, ergerliche und
unzüchtige gebreuch und insonderheit alle
winckel- und feiertagsdäntze, heimlich und offent-
lich, außerhalb deren, so (wie hievornen gemeldet)
bei den hochzeiten zugelassen, nicht allein itzt,
sonder auch hinfuro 9in unserm gebieth hoher
oder niderer obrigkeit9 gentzlich abgeschafft,
darob vestiglich gehalten und die ubertreter, sie
seien, wer sie wöllen, unnachläßlich gestraft wer-
den sollen.
h LO 1582, 1583, LO 1594: + VIII.
i 1578, 1578 Altenstadt, 1582 Kirchberg: + Zum
achten.
k-k 1578, 1578 Altenstadt, LO 1582, 1582 Kirchberg,
1583, LO 1594: hin und wider.
l-l Fehlt 1582 Kirchberg; VSp 1572: unserer ge-
meinschaft.
m 1578, 1578 Altenstadt, LO 1582, 1582 Kirchberg,
1583, LO 1594: erfunden.
7 LO 1582, 1583, LO 1594: + zuwider.
8 Fehlt hier LO 1582, 1583, LO 1594.
9-9 Fehlt 1582 Kirchberg.

Ist demnach unser ernstlicher bevelch, daß un-
sere schultheissen, burgermeistere oder andere be-
vehlhabere eines jeden orts, wo sich dergleich un-
nützen volcks, manns- oder frauenpersonen, auch
derselbigen kind oder gesind, bey inq wissen oder
erfahren, dier mit gütigen worten von solchem un-
wesen abmanen und, da es nit verfahen wil, alsdenn
mit ernstlicher thurn- oder ander zimlicher strafe an
wercktagen auß den würtsheusern zu irer gebüren-
den arbeyt bringen1112 s.
a 1578 Hs: + die.
o 1565: den.
LO 1582, 1583, LO 1594: auch andere mehr an
sich ziehen und zu gleichem verderben bringen,
welches dem gemeinen nutz.
q 1578, 1578 Altenstadt, LO 1582, 1582 Kirchberg,
1583, LO 1594: inen.
r 1562 Hs: sie; 1578, 1578 Altenstadt, LO 1582,
1582 Kirchberg, 1583, LO 1594: dieselbigen.
s 1578, 1578 Altenstadt, LO 1582, 1582 Kirchberg,
1583, LO 1594: +
Darunder dann auch alle und jede landtfah-
rende und inheimische spieleut alß pfeifer, geiger
und dergleichen, so stets dem müßiggang nach-
ziehen, sich in die würtsheuser und offne herberg
legen und andern zum täglichem prassen und ver-
derblichen verschwenden ursach geben, gemeint
sein und verstanden und gegen denselben mit
ebenmeßiger thurn- oder anderer straf verfahren
und sonderlich die landfahrer den negsten vort-
geschickt werden sollen.
Und im fall under unsern underthanen, ange-
hörigen und verwandten solche verthunische,
roloste1 leut erfunden würden, welche uber be-
schehen gütlich vermahnen und furgewendte
straf von irem gottlosen wesen und leben nit ab-
stünden und sich besserten, sonder darinnen
halßstarrig verharreten.
So ordnen und gepieten wir, daß unsere 2 ober-
und underambtleut in stetten, flecken und dör-
fern unsers gebiets und obrigkeit2 solchen ver-
thunischen leuten, sie seien beweibt oder nit,
sambt und sonder von ambtswegen uber ihre
haab und güter curatores und vorweser verord-
nen, welche ihre güter in guter verwaltung haben,
inen davon mehr nit dan die jerliche nutzung
reichen und volgen lassen, auch in keinen weg
etwaß von denselben anzugreifen, zu versetzen
oder zu verkaufen, es sei dann, daß es die not-
turft erfordert (welches alßdann mit gedachter
unser ambtleut vorwissen und bewilligung ge-
schehen soll) verstatten noch zulassen und damit
1 LO 1582, 1583, LO 1594: ruchlose.
2-2 1582 Kirchberg: amptleut.

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