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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0310
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Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576

oder pflegtöchter, denen er mit vormündtschaft soll
vorstehen, vor gethaner rechenschaft seiner ver-
waltung und one erlaubnus der ordentlichend
obrigkeyt ihme selbst, seinem sone oder tochter,
sons sohne oder tochters tochter anders, denn wie es
die gemeine keyserliche recht zulassen, verehlichen
soll.
Und dieweil auch etliche personen so ruchlos,
auch aller göttlicher, natürlicher und burgerlicher
pflichten, wolstands und erbarkeyt vergessen er-
funden werden, daß sie sich entweder gleich oder
nacheynander, zwey- oder mehrmalen gegen son-
dern personen oder aber in wehrendem und volzog-
nem standt der vorigen ehe auf absterben irer eh-
gemahel widerumb verloben, auch zun zeiten soe
gar beyschlafen, welche dann alle schandtliche, ver-
botne und ehebrüchige laster, auch einer obrigkeyt
mit nichten zu gedulden sein, hierauf so gebiethen
wir ernstlich und bey vermeydung höchster straf,
daß hinfürter niemandts, der vorhin verlobt und
versprochen oder sonst sein ehegemahel hat, mit
andern ehelich sich verpflichte und verspreche, vil
weniger beyschlafe. Denn, wo solliches beschehe,
sollen nit allein manns- und weibspersonen, die sich
wissentlich also versprechenf oder beyschlafen g,
nach außweisung der keyserlichen rechten treu- und
ehrlos gehalten, sonder auch von uns, wie hindenh
vermeldt, an leib, gut oder verweysung unsers lan-
des nach gelegenheyt der sachen gestraft, auch alle
verlobnus, so in werender ehe gemacht, nichtig und
kraftloß erkendt und keineswegs gestattet werden.
Da sich dann auch begebe, das ein junge tochter
oder frau von einem durch list, betrug oder andere
unerbarliche hinderfürungen, mit worten oder that-
lich, mit oder one gewalt, heimlicher, betrüglicher
oder offentlicher weis geraubt und hinweggeführt
und solchs vor unsern eherichtern wie recht dar-
gethan und bewisen wurde, so soll nit allein in die-

d Fehlt 1562 Hs und OP 1563. e Fehlt OP LR 1606.
f LR 1582, 1583, LR 1611: versprochen.
g LR 1611: beygeschlafen.
h LR 1582, 1583, LR 1611: hie unden.
i-i OP LR 1606, LR 1611: von demselben.
k Fehlt LR 1582, 1583, LR 1611.
l LR 1582, 1583. LR 1611: oder.
m 1562 Hs: + etc.
n OP LR 1606, LR 1611 Überschrift: + Der X.

sem fall zwischen disen personen kein ehe erkendt
noch zugelassen, sonder auch der rauber oder thäter
und alle andere, so zu solchem sträflichen laster
rath oder that, hülf und schub gegeben, in gemeiner
keyserlichen rechten und unser höchste straf und
ungnad gefallen sein.
Wir wöllen und gebieten auch ernstlichen, daß
sich alle eheleuth, so zusammengeheurath und -ver-
lobt, ein gute zeit darvor, ehe und zuvor sie zu kir-
chen gehen oder eynander beywohnung leysten,
irem pfarherr anzeygen, auch iin stetten und
flecken i, dreymal und auf drey Sontag, auchk in
einer kirchen, wann die gemein beyeinander ver-
samblet ist, offentlich verkündigen lassen. Und sol-
len also alle heimliche ehe bey vermeydung schwerer
straf verboten sein.
Und wo mann- oder weibspersonen, so sich mit-
eynander verehlichen und verpflichten wolten,
frembt undl unbekandt werendt, sollen sie von un-
sern pfarherrn und kirchendienern ehe nit aufgebo-
ten, vertrauet noch eingesegnet werden, sie haben
dann zuvor gute kundtschaft, schriftlich oder
mündtlich, ires herkommens gebracht, damit man
wissen köndte, was es für leuth, ob sie ledig oder
ehelich, redlich oder unredlich seyenm.
Als auch bißweilen die kirchgäng und eynsegnung
neuer eheleute zu zeiten morgens früe ungewon-
licher zeit heimlich fürgenommen, daraus schimpf-
liche geberden mit beckenklopfen38 und in ander
wege geübt werden, wollen wir, das solchs auch ab-
gestelt, fürbas die eheleuth ihren kirchgang offentlich
rechter tagzeit haben und eingesegnet werden sollen.
nVon versönung und zusammentheydigung39
der strittigen eheleuth.
Wiewol der ehelich standt im anfang also von
Gott eingesetzt und verordnet worden, daß er zwi-
schen mann und weib ein steheto, unauflöslich
titul.; LR 1582 fälschlich: Der IX. titul.;
1583: V.
o OP 1563: steet.
38 Wohl ein apotropäischer Lärmzauber, HDA I,
967, oder ein Musikzauber in Gestalt einer Katzen-
musik, HDA VI, 651.
39 Durch gerichtliche Verhandlung oder vermittelnde
Schlichtung aussöhnen, vgl. DW XI, 1, 1, 235.

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