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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0429
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Kirchenordnung 1563

Zum dritten, damit nun solches geschehe und in
uns volbracht werde, so schickt uns unser lieber
herr Gott kranckheyt, ja auch den todt zu, nicht der
meinung, daß er mit uns zürne und uns verderben
wölle, sonder auß grossen gnaden, daß er uns in
diesem leben zu warer buß und glauben treibe und
endtlich auß der sünden, darin wir noch stecken,
und auß allem unglück beyde, leiblich und geistlich
freymache, wie solches die heilig schrift reichlich be-
zeuget. Denn so sagt s.[anct] Paulus 1.Corint. 11
[32]: Wenn wir vom herrn gerichtet werden, so wer-
den wir gezüchtiget, auf daß wir nicht mit dieser
welt verdammet werden. Item zun Römern am 8.
[28. 35]: Denen, die Gott lieben, müssen alle ding
zum besten dienen, und kan sie von der liebe Gottes
in Christo Jesu nichts abscheiden, es sey feuer,
schwerd, hunger, todt oder leben etc.
Zum vierdten, weil nun dem also und du auß dem
heiligen evangelio durch den mund des sons Gottes,
unsers herrn Jesu Christi geprediget und mit seinem
todt und auferstehung bezeuget, deß aufs aller-
gewissest und sicherste bist, das alle deine sünd von
dir auf Christum, ja nun auch von Christo gantz und
gar hinweggethon und ewig vertilget sindt und also
gar vor Gottes angesicht kein ursach des zorns und
verdamnuß uber die gläubigen verhanden, sonder
eitel gnad, trost, leben und seligkeyt, sintemal unser
lieber herr Gott dich nun in seinen augen hat, nicht
als ein bösen, verdampten sünder, von Adam geborn,
sonder als ein gantz gerechts, heiligs und liebes
kind in Christo, in welches gerechtigkeyt und leben
du so gewißlich leben und selig sein solt (sofern du es
glaubest) ewiglich, als gewiß und warhaftig er nicht
in seinen eignen, sondern in deinen sünden Gottes
zorn getragen und gestorben ist, so sihe und tröste
dich solcher gnaden und wiß, daß die sünde, Gottes
gericht, der todt und helle gar nichts mehr mit dir
zu schaffen haben, sonder Christus, das einig lamb
Gottes, tregt sie, Johan. amb 1 [29], der sie auf sich
genommen und nicht allein auf sich genommen, son-
dern auch durch sich selbst uberwunden und ewig
vertilget hat. Derhalb du durch und in demselben
deinem herrn Jesu Christo aller gnaden, trost, heils
und seligkeyt zu Gott, dem vater, dich versehen und

b Fehlt 1585.

in solcher tröstlicher zuversicht in seinen gnedigen,
väterlichen willen ergeben solt und sagen: Der herr
ist mein liecht, vor wem solt ich mich förchten?
[Ps. 27, 1] Mein vater im himel, dein will geschehe
[Mt. 6, 9-10], in deine hend befilch ich meinen geist
[Luk. 23, 46], Amen49.
Und nachdem die kirchendiener die krancken
nicht allein einmal, sonder zum ofternmal auch uner-
fordert besuchen sollen, damit solches nicht one
frucht abgehe, soll er, wenn es anderst dem krancken
schwachheyt halben zu hören nicht beschwerlich,
ein capitel auß heiliger schrift, so fürnemlich zum
trost der krancken dienstlich, dem krancken für-
lesen, alßda sindt das 14,. 15., 16., 17. capitel Jo-
hannis, das 15. cap. Luce, das 5. und 8. capitel zun
Römern, das 15. cap. der 1. zun Conrinth., das 4.
und 5. der 2. zun Corint., das 53. cap. Esaie, item
den 25., den 51. oder den 103. Psalmen und, was der-
gleichen ein verstendiger seelsorger für die krancken
sein befindet.
Es soll auch der kirchendiener bey dem krancken
mitsampt den beywesenden, so oft es sein mag, das
christliche gebet thun auf folgende oder dergleichen
weise.
Gebet bey den krancken.
Ewiger, barmhertziger Gott und vater unsers
herrn Jesu Christi, der du todt und leben allein in
deiner handt hast und one underlaß also für uns
sorgest, das weder gesundtheyt noch kranckheyt
noch irgendetwas guts oder böses unß widerfahren,
ja auch kein har von unserm haupt fallen kan one
deinen väterlichen willen, auch alles, was uns in
diesem leben begegnen mag zu unserm heil und
seligkeyt wendest, der du gesprochen hast: Rüf mich
an in der noth, so wil ich dich erhören, und du solst
mich preisen [Ps. 50, 15], er begeret mein, so will ich
ihm außhelfen. Er kennet meinen namen, darumb
wil ich in schützen. Er rüfet mich an, so wil ich in
erhören. Ich bin bey im in der noth, ich wil in
heraußreissen und zu ehren machen. Ich wil in setti-
gen mit langem leben und ihm zeigen mein heil
[Ps. 91, 14-16], Wir bitten dich, demnach du uns
mit schwachheyt unsers leibs oder andern trübsal

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