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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0431
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Kirchenordnung 1563

meinschaft Christi, deren sie zuvor im heiligen
nachtmal und auch in verkündigung der zusagung
Gottes vergwist sind, zu trösten haben, jedoch so
die krancken daß nachtmal des herrn auch daheim
in den heusern zu halten begeren, soll es inen nicht
abgeschlagen werden, aber doch mit zweierley be-
scheidt, deren man fleissig warnemen soll.
Erstlich, so der diener sich zu vermuten hette,
daß der krancke in der opinion de opere operato und
von notwendigkeyt solcher communion zu seiner
seligkeyt were, daß er treulich und fleissig von sol-
chem abgöttischen irrthum abgewiesen und von
rechtem brauch des nachtmals underrichtet werden.
Und zum andern, daß, die in dem hauß oder sonst
umb den krancken sind, vermanet werden, mit ihm
zu communiciern, auf daß diese ordnung des herrn
nit gebrochen werde, daß er sein abendmal von einer
versamlung der christen will gehalten haben, sie sey
gleich groß oder klein.
Belangendt die form, wie die communion bey den
krancken gehalten sol werden, soll der diener auß
der obgesetzten form ime ein kurtze summa fassen zu
underrichtung des krancken, demnach die bekandt-
nuß der sünden, wie man die am Sontag pflegt zu
lesen, sampt beygesetztem trost dem krancken für-
sprechen, auch das vaterunser sampt den worten
der einsatzung des nachtmals darzu thun, darauf
das nachtmal reichen und mit gewonlicher danck-
sagung beschliessen50.
Von besuchung der gefangnen51.
Dieweil aber die gefangnen nit weniger trosts be-
dörfen dann die krancken, so sollen sie nicht allein
alsdann erst durch die kirchendiener getröstet wer-
den, wann das recht uber sie ergehen soll und sie
durch schrecken des todts uberfallen sind und den
trost schwerlich verstehen oder annemen können,
sonder, da gefangene fürhanden sind, sollen sie fleis-
sig etliche mal alle wochen von eim kirchendiener

50 Lavater, fol. 25 verso, lehnt eine Krankenkommu-
nion ausdrücklich ab, dagegen wird sie, wenn
auch ohne nähere Bestimmungen, zugelassen in
Frankfurt 1555, 67. Auf der Heidelberger Herbst-
synode von 1563 herrschte über diesen Punkt zu-
nächst keine einhellige Meinung, bis man sich auf
die obigen Bestimmungen einigte.

besucht und getröstet werden, und mögen solches,
da mehr kirchendiener dann einer sind, einer umb
den andern verrichten. Doch da ein gefangener sich
sehr kleinmütig erzeigte, sollen die kirchendiener
auch mehrmals in besuchen.
Und weil die gefangenen zum oftermals wenig
oder gar nichts von dem grund unser seligkeyt
wissen, sollen sie die kirchendiener anfenglich umb
die zehen gebot, die artickel unsers christlichen
glaubens und das vaterunser fragen und inen die-
selben nach gelegenheyt der zeit, der personen und
irer mißhandlung erklären, sonderlich die artickel
von der sünd, dem gericht Gottes und unser recht-
fertigung, auch sie zu vermanen und zu trösten diese
und dergleichen sprüch inen fürhalten und kurtzlich
erklären.
[Psal. 107 [10-16]] Die da sitzen müsten im fin-
sternuß und tunckel, gefangen in zwang und eisen,
darumb, daß sie Gottes geboten ungehorsam gewest
waren und das gesetz des höhesten geschendet hat-
ten, darumb muste ir hertz mit unglück geplaget
werden, daß sie da lagen und inen niemand half, und
sie zum herrn riefen in irer noth und er inen half auß
iren engsten und sie auß dem finsternuß und tunckel
führete und ihr band zureiß, die sollen dem herrn
dancken umb seiner güte und umb seine wunder,
die er an den menschenkindern thut, daß er zu-
bricht eherne thürn und zuschlecht eyserne rigel.
[Jesa. 1 [16-18]] Waschet, reyniget euch, thut
euer böses wesen von meinen augen, lasset ab von
bösen, lehrnet guts thun, trachtet nach recht. Wenn
euer sünde gleich blutrodt ist, sol sie doch schnee-
weiß werden, und wenn sie gleich ist wie rosinfarb,
soll sie doch wie wolle werden.
[Johan. 5 [24]] Warlich, warlich, sage ich euch,
wer mein wort höret und glaubet dem, der mich ge-
sandt hat, der hat das ewige leben und kompt nicht
in das gericht, sonder er ist vom todt zum leben hin-
durchgedrungen.
51 Dieser Abschnitt hat in Kurpfalz 1556 kein Vor-
bild. Lavater, fol. 23 verso, erwähnt allgemein
ein seelsorgerliches Bemühen um die Gefangenen.
Eine genauere Bestimmung in der Genfer Kir-
chenordnung von 1561, Niesel, 59.

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