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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0544
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Regierungszeit Johann Casimirs 1583-1592

dann persohnen furschlagen und ad examen alhero
stellen, dieselbige in lehr und leben fur tuglich und
genugsam erkennt, mögen sie an daß vacirende ort
ufgenommen und bestetigt werden. Im fall aber
einer sein jus patronatus nicht gebrauchen oder
daßselbig nicht so gar rechtmeßig hergebracht oder
sonsten eine unqualificirte person praesentiren
wurde, sollen unser kirchenräth ungeacht deß ange-
zogenen juris patronatus ein tugliche persohn setzen
und verordnen.
Damit man aber der kirchen- und schuldhiener
lehr, lebens und wandels desto gewißer sey, soll kei-
ner an- und ufgenommen werden, der nicht seine
gute, warhafte und gerechte zeugnuß uflegen und
furzeigen möge, auf daß die kirchen und schulen
nicht mit leichtfertigen verloffenen und, die umb
ihres.bauchs willen umbschweifen oder sonsten ge-
übter mißhandlungen wegen vertriben etc., be-
schwert und die underthanen geringe erbauung und
beßerung zu gewarten. Es were dann sach, daß sol-
che frembde kirchendhiener umb unserer christ-
lichen religion willen andererorten vertriben oder
furgehender verfolgung wegen selbsten abzugen
und also selbiger enden, wie anhero oft befunden,
keine urkhundt oder abschiedt ihrer vorigen lehr
und wandels zuwegen pringen könden, uf solchen
fall sollen unsere kirchenräthe uf zweier oder meh-
rer redlicher persohnen, ihrer gehabten zuhörer, an-
zeig oder testimonium oder, wie daß sonsten in an-
dere wege zu erkhunden sein mage, denselbigen an-
zunehmen und zu gelegenen diensten ihrer qualifica-
tion nach zu verordnen macht haben20.
Da man lebens und wandels halben gesichert, als-
dann soll gegen ihnen mit dem examine vortge-
schritten, die furnembsten und nothwendigsten ca-
pita christlicher religion nach gelegenheit und not-
turft deß examinandi tractiret und von ihme genug-
samer bericht eingenommen, er auch daruf in einer
probpredig gehört werden, daraus zu spüren, wie er
aus der schrift daß gemein volckh lehren, zur beße-
20 Die Bestimmung über andernorts vertriebenen
Kirchendiener neu gegenüber 1564.
21-21 1564 hat die Aufsicht nur über das Sapienzkolleg
an späterer Stelle, vgl. oben S. 420-421.
22 Das Kapitel fehlt Extract.
23 Heidelberger Katechismus, Text oben S. 342-368.

rung vermahnen und trösten könne, und aus der
sprach und action abzunehmen, an welches ort er
nutzlich zu gebrauchen, da man auch ein oder mehr
mangel hierin an ihme befinde, solches ihme freund-
lich zu undersagen und, die zu verbeßern, zu ver-
mahnen.
Man soll auch vleißig dahin sehen, daß nicht baldt
einem neuling, der zuvor im ministerio nie gewesen,
ein pfarrdienst bevolhen. Es were dann sach, daß
einer so geschickt, alt und erfahren, daß aus seinem
wesen und umbstenden erschine, er darzu tuglich
were, sonsten einen solchen zum anfang fur ein dia-
conum brauchen und, da man nachgehendts sein
gelegenheit und geschicklicheit in fernerm examine
spüren wurde, erst zu einer eigener pfarr versehung
khommen laßen.
21Und dieweil uns an der sapientz und paedagogio
alhie nicht wenig gelegen, solle unserm kirchenrath
die vleißige inspection mit allem ernst angelegen
sein, sampt und sonders achtung zu geben, wie die
praeceptores und oeconomi ihrem ampt obligen, da-
mit die jugent und haußhaltung nicht versaumpt
und vernachtheilt. Derowegen sie schuldig sein
sollen, wochenlich ufmercken zu verschaffen, ob den
statutis gemeß sowol durch die praeceptores als die
jungen in den lectionibus, disciplina und oeconomia
gelebt und darob mit vleis gehalten und, waß also
unrichtig befunden, daßelbig im kirchenrath er-
wegen und zu verbeßern furderlich anstellen21.
IIII. Von bestellung der ministerien und, wie die
kirchendhiener, zuvor und ehe sie zu pfarrherrn
oder diaconaten praesentirt, vermahnet
und erindert werden sollen22.
Erstlich, nachdem einer in examine und gehalte-
ner probpredig bestanden, er auch ihme unsern
catechismum23 und kirchenordnung24, nach dern
inhalt er seine lehr anstellen und dirigiren soll, ge-
fallen laßen25, sollen ihme etliche gewiße capita26
zugestellt und ihme mit ernst uferlegt werden, sol-
24 Unsere Nr. 82, oben S. 77-79, Text bei Nr. 31, oben
S. 333-408.
25 Approbation von Katechismus und Kirchenord-
nung in 1564 bereits im vorigen Kapitel, vgl. oben
S. 412-413.
26 Wohl unsere Nr. 84, der Titel „capita“ wohl nach
der Vorlage, unsere Nr. 66.

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