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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0604
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Regierungszeit Friedrichs IV. 1592-1610

leib, wie er da ligt, sampt der matten und betrübten
seelen, deß herren Christi eigen sey und durch sein
theuer blut von allen sünden und gewalt des teufels
erlöset und durch kraft des heiligen geistes im glau-
ben bewahret werde zu dem ewigen leben. Deß-
gleichen kan er ihm auch erkleren die artickel des
christlichen glaubens und auß dem wort Gottes an-
zeigen, wie er sich eines jeden articuls, sonderlich
der letzten vier, in seiner kranckheit zu trösten
habe.
[Vermahnung zur gedult. Phil. 1, V. 23. Matth. 10,
V. 37. 1.Cor. 7, V. 29. 30. 31. Phil. 3, V. 8. 9.] Zum
dritten soll auch der kirchendiener dem krancken
guten grund auß Gottes wort fürhalten, warumb er
sich dem willen Gottes gantz und gar ergeben solle,
also, das, so es ihm als dem weisen und treuen vater
im himmel gefellig wer, ihn durch diese kranckheit
auß diesem jammerthal abzufördern, er gerne die-
sem müheseligen und zergenglichen leben und allem,
was in der welt ist, absagen und sich gantz und gar
zu dem ewigen und seligen leben schicken wolle,
sich nicht lassen irren oder anfechten weib, kinder,
freund, gut, geld oder, waß er sonsten in der welt
liebes hat.
[Psal. 68, V. 6. Psal. 46, V. 9. 2.Sam. 12, V. 23.
Psal. 49, V. 18. Psal. 16, V. 11. 1.Cor. 2, V. 9.] Dann
ja keine vergleichung dessen, waß wir hier verlassen,
gegen deme, daß wir dort uberkommen. Weib und
kind wird Gott, der ein vater ist der wittiben und
waisen, wol versorgen. Unser gute freunde, die wir
hie lassen, werden uns bald folgen und zu uns kom-
men. Die zeitlichen güter sind vergenglich, können
uns nicht helfen, dort finden wir freude die fülle und
liebliches wesen zu der rechten deß herren immer
und ewiglich.
88Auch mag bißweilen, sonderlich w'enn der
krancke zum ersten mal besucht wirdt, ihm89 diese
folgende vermahnung mit solchen oder dergleichen
worten fürgehalten90 werde.
Lieber freund, weil euch unser herre Gott mit
schwachheit euers leibes heimgesucht88, solt ihr
solche väterliche züchtigung deß allmechtigen mit

88-88 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 402.
89 Fehlt 1563. 90 1563: fürgesprochen.
91-91 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 402.

gedult annehmen und es seinem gnedigen und guten
willen heimstellen, der gewissen zuversicht [Rom. 8,
V. 28.] das denen, die Gott lieben, alle ding zum
besten dienen.
Und damit ihr solches desto besser und leichter
thun könnet, solt ihr nachfolgende puncten auß
Gottes wort fleissig und wol betrachten.
[Kranckheiten und tod sind durch die sünde ver-
ursacht worden. Rom, 5, V. 12.] 91Zum ersten, das
alle leibskranckheiten den menschen von Gott, dem
herren, umb der sünden willen zugeschickt werden91.
Dann durch die sünde ist der tod und alles, was in
des todes reich gehöret, in die welt gekommen und
herschet uber alle menschen. Und wenn die sünde
nit gewesen were, hette weder tod noch einigerley
kranckheit den menschen beleidigen können. Nach-
dem aber die sünde durch unsere erste eltern Adam
und Even auß anstiftung deß teufels auf uns ge-
bracht, so sind wir auch der strafe, welche Gott der
sünde gedreuet, nemblich den tod und alles, was
zum tode führet, als allerley gebrechen, kranckhei-
ten, elend und jammer, unterworfen.
92Zum ander, damit wir aber in unsern sünden,-
kranckheiten und allerley anfechtungen, auch in
des todes angst und noth nicht verzweifeln müsten92,
[Christus erlöset von sünden und dem tod.] so hat
Gott auß grosser liebe und barmhertzigkeit unß
seinen eingebornen sohn Jesum Christum zum mit-
ler, erlöser und seligmacher verordnet und ge-
schenckt, der hat unser natur an sich genommen
und ist in derselben ein opfer worden zur bezahlung
für unsere sünde, welche der himlische vater alle auf
ihn geworfen und lest uns nun solches im evangelio
fürtragen und anbieten, gebeut auch allen men-
schen, das sie sollen busse thun, glauben und ver-
trauen, daß er von wegen dieser gnugthuung und be-
zahlung Jesu Christi, seines sohns, widerumb unser
gnediger vater in ewigkeit sein wil, uns unsere sünde
vergeben, als hetten wir nie keine gethan noch ge-
habt93, auch den h.[eiligen] geist schencken, der uns
erneuren soll zum ebenbild Gottes und zum ewigen
leben. Wird auch durch denselben seinen sohn Je-
92-92 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 402.
93 Vgl. Frage 60 des Heidelberger Katechismus,
oben S. 354.

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