Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0610
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Regierungszeit Friedrichs IV. 1592-1610

Exempel grosser sünder,
die da gnade erlanget haben.
David, Manasses, Maria Magdalena, der mörder
am creutz, Petrus, Paulus, der verlohrne sohn etc.
Es können auch bißweilen den gefangenen für-
gelesen werden der 32. Psalm, item Psalm 50. 51.
130, das gebet Manassis.
58Von der begräbnuß.
In der begräbnuß sollen alle papistische und aber-
glaubische ceremonien vermiten werden.
Nicht desto weniger aber sollen wir unsere ver-
schiedene und abgestorbene ehrlich und gebürlich
zur erden mit solchen diensten, so uns, die noch im
leben sind, zu nutz erschiessen mögen, bestätigen58.
Erstlich mag man zu der stunde, wann die leich
außgetragen werden soll, und nicht weiters [Leu-
ten.] mit den glocken leuten allein zu dem end, das
hiemit die leuthe, so die leich zur begräbnuß belei-
then wollen, ein zeichen der zeit ihrer versamlung
haben mögen59. [Gesang.] Und wo schüler sein, soll
die leich mit gewöhnlichen gesang hinaußgetragen
werden.
[Text der leichpredigten.] Darnach, so die leich
zur begräbnuß getragen ist, soll der kirchendiener
dem volck den text von den verschiedenen in Chri-
sto auß der 1. epistel zu den Thes. cap. 4, vers. 13
biß zu end des capitels, oder die histori von dem tod
und auferweckung Lazari auß dem 11. cap. Joh., V. 1
biß auf den 47. V., oder einen andern text gleiches
arguments fürlesen ungefehrlich mit diesem ein-
gang60.
[Eingang der predig.] 61Lieben freunde, wir haben
jetzt, wie wir tröstlicher zuversicht und hoffnung
sein, ein mitglied unsers herren Jesu Christi auß
christlicher lieb zur begräbnüß beleitet.
Damit wir nun nicht ohne unterricht und trost
abtreten, wollen wir61 einen spruch auß dem wort
Gottes für uns nehmen und erklären, zuvor aber Gott
umb seinen geist und gnade anrufen mit dem gebet,
das uns der herr Christus selber gelehret hat:
Unser vater etc. [Matth. 6, 9-13].

58-58 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 406.
59 Ähnlich 1563, vgl. oben S. 406.
60 Ahnlich 1563, vgl. oben S. 406.

[Leichpredigten sollen ohn ubriges lob der abge-
storbenen geschehen.] 62Darauf soll er eine kurtze
predigt oder vermahnung thun und sich ubriges
lobens der abgestorbenen enthalten, damit die leich-
predigten nicht in mißbrauch gerahten62.
[Puncten, auf welche die leichpredigten fürnem-
lich zu richten.] Es sollen aber die predigten oder
vermahnungen bey den begräbnussen fürnemblich
dahin gerichtet werden, daß diejenigen, so die leiche
beleiten, darauß verstehen, wie sie christlich leben
und seliglich sterben sollen. Welches, damit es desto
fruchtbarlicher geschehen möge, soll in allen leich-
vermahnungen von einem oder dem andern folgen-
den vier puncten gehandelt werden, alß nemblich:
Vom tod,
Vom begräbnuß, der menschlichen
Von der auferstehung, leiber.
Von der verklärung.
Bey der lehr vom tod sind diese nothwendige
puncten zu betrachten.
Zum ersten, woher der tod kommen, nemlich auß
dem fall und ungehorsam unserer ersten eltern, und
warumb er dem menschen auferlegt worden.
Zum andern, was der tod für sich selbst und natür-
licherweise bey uns menschen schaffe und wircke,
nemlich daß er uns beraube alles zeitlichen, den leib
krencke und quele, die seele durch innerliche an-
fechtung ängstige.
Zum dritten, was der tod durch Christum für ein
heilsam, nutzlich ding worden, weil in dem tod der
glaubigen alles leid dieses lebens in eine ewige freude
verwandelt wird.
Zum vierdten, wie der mensch sich recht zum tod
und absterben vorbereiten soll. Darzu gehöret:
Erstlich 63ein wahrer, bestendiger glaube, damit
wir die gnade Gottes in Christo annehmen.
Fürs ander wahre bekehrung zu Gott, bestendig-
keit und zunehmen in derselben, weil ohne diese
kein rechter glaube sein kan.
Zum dritten, daß wir uns selbst verleugnen, das
ist, allen unsern lüsten absagen, uns gantz und
61-61 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 406.
62-62 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 406.
63-63 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 407.

584
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften