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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0625
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Presbyterordnung ca. 1601

Im fall nun ein prediger oder ein ander in der ge-
mein wehre, so ain unchristlich und ärgerlich leben
führte oder mit verdamlichen irrthumben, gots-
lästerlicher und falscher lehr behaftet, solches aber
nicht der gantzen gemain oder vielen offenbahr, son-
dern entweder einem allein oder wenigerh bekandt,
soll derjenige, welchem es wißendt, ihingehen und
seinen bruder zwischen sich und ihm allein strafen.
Höret er ihn, so hat er seinen bruder gewonnen.
Höret er ihn nicht, so nehme er noch ainen oder
zwen eltesten zue sich. Höret er die auch nicht, so
seint sie schuldig, solches uf demk gewonlichen con-
vent der eltesten anzuebringen.
Wofern aber larme oder kranckel in der gemein
wehren, sollen eltesten sich ihrer notturft annehmen
und erstlich bei den almosenpflegern, darnach aber,
im fall sich diese wegerten, etwas zue steuren bei
versambletem rhat der eltesten umb christliche
handreichung anhalten7.
4.m
Wann und wie oft die eltesten zuesammenkommen
und was alsn ihre verrichtungo sein sollen.
Es sollen alle verordnete eltesten oder vorsteher
sampt den kirchendienern aines jeden orts wochent-
lich8 oderp nach gelegenhait des orts, größe und
notturft je uber zwo oder drei wochen Sontag nach
der mittagspredigt oder, wie es sich nach gelegenheit
jedes orts schicken wirt, an einem gewißen gelegenen
und darzue bestimpten und verordneten ort zue-
sammenkommen, sich miteinander von denen sa-
chen, so zum bau und beßerung der kirchen Christi
deßelben orts dinstlich und notwendig, underreden9.
In allen versamblungen soll der kirchendiener als
praeses das gebet thun und damit der handlung ein
anfang machen10.
h Oberpfalz: wenigen.
i Oberpfalz Marginal: + Matth. 18, V. 15.
k Göttingen (2) und Oberpfalz: den.
l-l Göttingen (2): armen und krancken.
m Oberpfalz: III.
n Göttingen (2) und Oberpfalz: alsdann.
o Oberpfalz: verrichtungen.
p Göttingen (2): und. q Oberpfalz: der.
r Göttingen (2): denselbigen; Oberpfalz: denselben.
s ORuR 67 (1): Darumben.
t Göttingen (2): gestraft.
u Oberpfalz: + offentlich.

Nach dem gebet soll ermelter kirchendiener, was
er bei sich bedacht, daß zum bau der gemein dinst-
lich sein möchte, zue berhatschlagen fürbringen,
belangend die predig des wort Gottes, die handlung
der heiligen sacramenten, die kinderlehr, die unter-
weisung der alten, die schulen, almosen, besuchung
der armen, krancken und gefangenen. Item, was in
der gemein für ergernus im schwang gehen, soviel
beides, die religion und das leben und wandel be-
treffen thut und wie denselben zue begegnen. Auf
solches soll er ordentlich umbfrag halten und eines
jeden bedencken insonderheit angehören11.
Darnach soll auch die kirchendiener alle ver-
ordnete eltesten und vorsteher vermahnen anzue-
zeigen, was für ergernus ihres wißens in der gemain
verlaufen, wie sie meinen, daß demselbigenr zue be-
gegnen, auch sonst die gemeine in jetzt ermelten
stücken beßer zue erbauen, Darübers soll er aller
mainung und gutdüncken nach der ordnung hören
und das seine auch darzuethun12.
Wan nun beides, prediger und miteltesten die-
jenige angezaigt haben, welche entweder offentliche
ergernus in der gemain angerichtet oder aber son-
sten gestrauchlett und die ihnen in geheim gethane
vermanung nicht haben wollen annehmen, sollen sie
sich miteinander berhatschlagen13, ob solche perso-
nenu fürzuebescheiden oder aber es ihnen im nah-
men der eltesten von etlichen aus ihrem mittel die
begangene sunderw zue beschweren sein.
Halten sie es für rhatsamb, daß verbrechende per-
sonen nur von etlichen aus ihrem mittel vermanet
werden, so sollen die, welchen solches uferlegt wirt,
auf ehrstex gelegenhait den eltesten in gemein rela-
tion thun, wie die vermahnung abgangen, daruf
eltisten schheßen werden, ob sie es bei geschehener
erinnerung wollen laßen bewenden oder nicht.
w Oberpfalz: sünde.
x Göttingen (2) und Oberpfalz: eheste.
7 1571 gehörten die Almosenpfleger noch zum Pres-
byterium, vgl. oben S. 450.
8 Wöchentliche Tagung auch oben S. 448-449.
9 Ganz ähnlich 1571, vgl. oben S. 449.
10 Ganz ähnlich oben S. 449.
11 Ganz ähnlich oben S. 449.
12 Ganz ähnlich oben S. 449.
13 Die folgende Kirchenzucht führt die Bestimmungen
von 1571 nur weitläufiger und detaillierter aus, vgl.
oben S. 449.

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