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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0038
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Pfalz-Zweibrücken

Schwebel, wohl um 1490 geboren,9 stammte aus Pforzheim. Dort besuchte er die berühmte Lateinschule.
1508 immatrikulierte er sich in Tübingen, 1509 in Leipzig und 1511 in Heidelberg, und da trug seine
Matrikel schon den Zusatz „frater“ als Mitglied des Hospitalordens zum Heiligen Geist10. Dort gründete
auch seine langjährige Freundschaft mit Melanchthon. Ob er sein Studium mit einem höheren akademi-
schen Grad, wie Jung noch angibt, abgeschlossen hat, ist zweifelhaft, da ein solcher von ihm selbst nie
geführt wurde.11 1514 wurde er in Straßburg zum Priester geweiht, worauf ihn der Orden an das Pforzhei-
mer Haus wies. In den nächsten Jahren sehen wir ihn des öfteren auf weiten Reisen in Ordensangelegen-
heiten, die er aber auch zu privaten Kontakten mit den führenden Humanisten der Zeit nutzte.12 Schwebels
Hinwendung zur Reformation kann in die Zeit vor 1521 angesetzt werden, denn im Dezember 1521 erschien
seine erste Schrift, die ablasskritische Ermanung.13 Vielleicht hat er Anfang 1522 auch schon erste Ände-
rungen am Gottesdienst vorgenommen,14 jedenfalls musste er Pforzheim Mitte 1522 fluchtartig verlassen,
und wir finden ihn Ende Juni 1522 gemeinsam mit Bucer, Oekolampad, Aquila und Hedio auf der Ebern-
burg, Sickingens „Herberge der Gerechtigkeit“, wo ebenfalls erste Experimente mit deutschen Lektionen
und evangelischen Abendmahlsfeiern stattfanden.15 Schwebel ist der Herausgeber und gilt auch als Mit-
verfasser von Sickingens Sendbrief an seinen altgläubigen Schwiegervater Dieter von Handschuhsheim, der
einzigen Schrift Sickingens mit theologischem Inhalt.16 Im Oktober wurde er für wenige Monate Nachfolger
Bucers im Sickingenschen Landstuhl, um dann im April 1523 die oben erwähnte Anstellung als Hofprediger
im benachbarten Zweibrücken anzutreten. Auch hier scheint er bald, neben seiner Predigttätigkeit, mit
Änderungen am Messwesen begonnen zu haben; belegt ist sein Streit mit dem ihm eigentlich dienstvorge-
setzten Archipresbyter des Stiftes St. Fabian in Hornbach wegen der Verwendung der deutschen Sprache im
Abendmahlsritus und der Austeilung des Laienkelches, was 1524 in einer Disputation mündete.17 Im selben
Jahr trat Schwebel aus dem Orden aus und heiratete.18 In all diesen Vorgängen wurde Schwebel nicht nur
vom Hof gedeckt, auch andere führende Geistliche des Herzogtums, allen voran der Abt von Hornbach,
Johann Kintheuser, scheinen mit ihm sympathisiert zu haben.19

wigs; 1531 fanden der Komtur, Georg Messerschmidt
von Kreuznach, und seine Ordensbrüder eine Lösung des
Problems durch die Anwendung einer Klausel aus dem
Stiftungsvertrag von 1321: Sie übergaben die Kom-
mende gegen Zahlung einer jährlichen Rente in den
Besitz von Herzog Ludwig als rechtmäßigem Erben der
Grafen von Veldenz, die die Johanniter einst ins Land
gerufen hatten; dem deutschen Großprior des Ordens
blieb nichts anders übrig, als 1535 diesem Vorgehen in
einem Vertrag zuzustimmen. Nikolaus Faber, der vom
Orden 1520 nach Wittenberg zum Studium geschickt
worden war, wurde Stadtpfarrer von Meisenheim und
später auch erster Superintendent dieses Amtes, er
unterzeichnete die KO 1539; Petrus Rod erhielt die Pfar-
rei Tiefenbach, die anderen Ordensbrüder verließen das
Land; vgl. Rödel, Johanniter (1973), S. 59-63; Ben-
rath, Johanniterkirche, S. 20-23.
9 Vgl. Jung, Schwebel, S. 1.
10 Der im 12. Jh. gegründete Orden war in Italien und
Frankreich verbreitet, besaß aber auch in Süddeutsch-
land einige Niederlassungen, so in Pforzheim und bei
Straßburg; vgl. Jung, Schwebel, S. 6.
11 Jung, Schwebel, S. 8. Nach Biundo, Pfälzisches Pfar-
rerbuch, S. 673, schloss Schwebel sein Studium mit dem
Grad des Baccalaureus artium ab.
12 Vgl. Jung, Schwebel, S. 14f.
13 Ermanung zu den Questionieren, abzustellen überflüssigen

Kosten, Pforzheim 1521 (gedruckt in Straßburg 1522);
vgl. Bonkhoff, Kampfschrift, S. 363ff. (VD16:
S 4761). Vgl. Jung, Schwebel, S. 20ff. mit ausführlicher
Inhaltsangabe.
14 Vgl. Jung, Schwebel, S. 28.
15 Vgl. S. 687. Wenn man Oekolampads bis dahin vorsich-
tige Vorgehensweise bedenkt, ist es nicht unwahrschein-
lich, dass die Ankunft Schwebels hier ein weiteres Vor-
anschreiten auslöste, vgl. Jung, Schwebel, S. 34ff.
16 Ein sendbrieff, so Franciscus von Sickingen seinem schwe-
her, dem edlen unnd ernvesten iuncker Diethern von Hen-
schuchßheym, zu underrichtung etzlicher artickel christli-
ches glaubens kürtzlingen zugeschickt hadt. Joannes
schwöblin. Datum Ebernburg, am andern tag Petri und
Pauli, 1522. (Gedruckt ohne Schwebels Namen, VD 16:
S 6311.)
17 Vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 96-98.
18 Die erste Ehe war kurz und kinderlos, es folgten zwei
weitere Vermählungen, die letzte 1530. Nur von der drit-
ten Gattin ist der Name überliefert: Catharina Burggraf
aus Zweibrücken. Aus dieser Ehe stammt auch Heinrich
Schwebel, der spätere zweibrückische Kanzler.
19 Vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 96 u. 98; vgl.
Flesch, Schriftkultur, S. 159. Auch die anderen Klöster
des Landes befanden sich mehr oder weniger in offener
Auflösung, vgl. etwa zu Meisenheim oben Fußnote 8;
vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 97.

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