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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0703
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Einleitung

Das Geschlecht derer von Sickingen stammt ursprünglich aus dem Kraichgau und galt seit 1488 als reichs-
frei. Dem Großvater und dem Vater Franz von Sickingens, Reinhard VIII. und Swicker VII., war es in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelungen, über eine geschickte Erwerbs- und Heiratspolitik und durch
die Tätigkeit als (kur-)pfälzische Ministerialen im Gebiet des heutigen Unterelsaß und von Rheinland-Pfalz
ausgedehnten Landbesitz, Hoheitsrechte und etliche Burgenstützpunkte zu erwerben, so dass der sickin-
gische Besitz links des Rheins dem „manch einer Hochadelsherrschaft nicht nach[stand].“1 In den Grafen-
stand wurden die Sickingen allerdings erst 1773 erhoben.2
Unter Franz von Sickingen (1481-1523) wurde die Ebernburg, seit 1448 Lehen der Familie, zur „Her-
berge der Gerechtigkeit“, da er 1521/22 den Reformatoren Bucer, Aquila,3 Oekolampad4 und Schwebel5 hier
Unterschlupf bot.6 Obwohl in diesen Jahren auf der Ebernburg selbst erste reformatorische Gottesdienste
(zunächst mit deutschen Lesungen und deutschem Kanongebet, ab Juni 1522 auch mit Austeilung des
Abendmahls unter beiderlei Gestalt)7 gefeiert wurden, kann man nicht von einer geordneten Einführung der
Reformation in der ganzen Herrschaft sprechen. Die glücklosen kriegerischen Unternehmungen Franz von
Sickingens verhinderten eine weitere Ordnung der Verhältnisse; in Landstuhl, das nach Franz’ Untergang
von der Kurpfalz besetzt wurde, wurde von Kurfürst Ludwig V. sogar wieder ein katholischer Priester
eingesetzt - nachdem zuvor Bucer und Schwebel nach ihrem Abschied von der Ebernburg nacheinander hier
gewirkt hatten.8
1526 wurden die Söhne Franz’, Schweikard, Hans Richard und Franz Konrad, teilweise in ihre Rechte
restituiert, andere Teile der Herrschaft wurden erst im Laufe der 1540er Jahre von der siegreichen Fürsten-
koalition zurückgegeben.9 Nach dem Tode seiner Brüder 1547 und 1562 konnte Franz Konrad alle Sicking-
schen Besitzungen in seiner Hand vereinen. 1546 beauftragte er Martin Bucer mit der Visitation seiner
elsässischen Herrschaft Hohenburg. Weitere Daten und Akten über die Einführung des reformatorischen
Bekenntnisses fehlen, auch ist in den Jahren zwischen dem Schmalkaldischen Krieg und dem Augsburger
Religionsfrieden nicht mit solchen Schritten zu rechnen.
Nach 1555 allerdings stand der Übernahme einer der beiden großen Kirchenordnungen der Region
nichts mehr im Wege. Dafür kommen entweder die pfalz-zweibrückische von 1557 oder die kurpfälzische

1 Langbrandtner, Landstuhl, S. 81.
2 Meyers Konversationslexikon 41890, Bd. 14, S. 937f.
Nachdem sie ungefähr im ersten Viertel des 17. Jhs. wie-
der katholisch geworden waren, vgl. Biundo, Gegenre-
formation, S. 166.
3 Kaspar Adler gen. Aquila, geb. 7.8.1488 Augsburg,
Lateinschule in Augsburg und Ulm, 1510 imm. Leipzig,
1513 imm. Wittenberg, 1514 Prediger in Bern, 1515/16
Feldprediger Franz v. Sickingens, 1516 Pfarrer in Jengen
(Bistum Augsburg), 1516 (!) Heirat, 1520 verhaftet,
Verzicht auf das Pfarramt, 1520 imm. Wittenberg, 1521
prom. M.A., 1521 Prediger auf der Ebernburg, Erzieher
der Söhne Franz von Sickingens, 1523 Prediger in Eise-
nach, 1524 Schlossprediger in Wittenberg, Prof. für
Hebräisch, 1527-1548 und 1552-1560 Superintendent in
Saalfeld, dort gest. 12.11.1560.
4 Johannes Hausschein gen. Oekolampad, geb. 1482
Weinsberg (bei Heilbronn), stud. Bologna und Heidel-

berg, kurpfälzischer Hauslehrer und zugleich imm. Hei-
delberg, 1510 Priesterweihe, Pfarrer in Weinsberg, 1513
imm. Tübingen, 1515/16 Mitarbeiter Erasmus’ in Basel;
1518 Münsterprediger in Basel, Domprediger in Augs-
burg, 1520 im Männerkonvent Altomünster (Dachau),
1522 Schloßkaplan auf der Ebernburg; feierte am
25.5.1522 dort den ersten „evangelischen“ Gottesdienst;
1522 Basel, Herausgeber einer Kirchenväteredition,
1523 Prof. Basel, 1525 Leutpriester, 1528 Heirat, 1529
Antistes am Basler Münster, Teilnahme am Marburger
Religionsgespräch, gest. 24.11. 1531.
5 Zu Schwebel vgl. die Einleitung zum Teil Pfalz-Zweibrü-
cken, S. 22ff.
6 Vgl. Böcher, Theologen, S. 412-421.
7 Vgl. Jung, Schwebel, S. 35.
8 Vgl. Langbrandtner, Landstuhl, S. 127.
9 Vgl. Langbrandtner, Landstuhl, S. 104.

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