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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0053
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Einleitung

selben Jahr betrieb die Vormundschaftsregierung für alle drei Fürstentümer den Nachdruck der Kirchen-
ordnung, der auf den 19. November datiert ist.

5. Herzog Johann I. (1575-1604)

Johann I. von Pfalz-Zweibrücken, der mittlere Sohn Herzog Wolfgangs und Erbe von Zweibrücken, war
sicher einer der ungewöhnlichsten Fürsten seiner Zeit: tiefgläubig und exzellent gebildet, nahm er auch
persönlich in noch höherem Maße als sein Vater Anteil an den religionspolitischen Entwicklungen seines
Fürstentums.
Nachdem 1570 mit Hilsbachs und 1571 mit Flinsbachs Tod die letzten Vertreter der Schwebelschen und
Wolfgangschen Reformation gestorben waren, wurde Pantaleon Candidus91 Zweibrücker Superintendent -
er wurde für das letzte Viertel des 16. Jahrhunderts die treibende theologische Kraft in Zweibrücken. 1575
wurde Johann für volljährig erklärt und übernahm die Regentschaft.

Die geplanten Ordnungen von 1574/75
Um diese Zeit war offenbar der Auftrag erteilt worden, als Ergebnis der jüngsten Visitationen die Gene-
ralartikel von 1560 für die beiden Fürstentümer Neuburg und Zweibrücken neu zu überarbeiten.92 Die erste
Fassung der neuen Generalartikel von 1574 ist nur in einer späteren Abschrift erhalten,93 diese bricht nach
fast 400 Seiten (auf fol. 197v) mitten in Kapitel 4.5. Von den Küstnern ab. Allerdings hat sich an anderer
Stelle ein separates Inhaltsverzeichnis dieses Textes erhalten, das insgesamt 68 Kapitel nachweist!94 Dieser
Entwurf wurde wohl nach Zweibrücken und Neuburg gesandt.
In Pfalz-Neuburg wurden die Generalartikel allerdings nicht in dieser Fassung eingeführt, sondern noch
einmal grundlegend bearbeitet und 1576 in einer nun 79 Kapitel umfassenden, aber zugleich deutlich
gekürzten Fassung veröffentlicht.95
In Zweibrücken ist ein Schreiben Herzog Johanns vom 28. 11. 1574 erhalten, in dem er die Regierungs-
räte auffordert, die Stellungnahme des Zweibrücker und des Bergzaberner Superintendenten zu diesem
Entwurf einzuholen. Eines dieser Gutachten, nämlich das von Pantaleon Candidus, ist ebenfalls erhal-

91 Mag. Pantaleon Candidus (Weiß), geb. 7.10.1540 in Ips
(Niederösterreich), Schüler Georg Agricolas in Amberg,
1557 Hauslehrer bei Kanzler Sitzinger (vgl. Fußnote 42),
1558 imm. Wittenberg, 1564 Magisterpromotion, 1565
Rektor der Lateinschule Zweibrücken, 1567 Diakon
Meisenheim, 1568 Diakon Zweibrücken, 1571 (Gene-
ral-)Superintendent Zweibrücken, gest. 3.2.1607. Sein
Sohn Samuel wurde 1607 Superintendent in Bergzabern,
1617 Rektor in Hornbach und 1625 (bis zu seinem Tod
1635) Generalsuperintendent. Stammvater eines Zwei-
brücker Pfarrergeschlechtes, das bis ins 20. Jahrhundert
reicht; vgl. Biundo, Pfarrerbuch (1968), S. 63-65.
92 Im Briefwechsel zur ebenfalls gemeinsamen Erarbeitung
der Visitationsordnung von 1575 (Text Nr. 27) ist von
den Generalartikeln D. Sitzingers seelig die Rede, vgl.
BayHStA München Kasten blau 389/8b. Ob diese Notiz
besagt, dass Sitzinger selbst für die Neufassung der

Generalartikel verantwortlich ist, ist allerdings mehr als
zweifelhaft. Insgesamt sind die Artikel eine Erweiterung
der Artikel von 1560 (Text Nr. 9) - einzelne Kapitel sind
wörtlich übernommen, andere dafür umfangreich erwei-
tert oder sogar völlig neu eingeschoben worden, auch die
Reihenfolge der Kapitel wurde gegenüber 1560 verän-
dert.
93 BayHStA München, Akten Pfalz-Neuburg, Neuburger
Abgabe 1989, Nr. 6905. Der Schrift nach aus dem 17.
oder gar 18. Jahrhundert.
94 HWS-A 11/170.
95 Vgl. Sehling, EKO XIII, S. 33f. Damit in Zusammen-
hang steht höchstwahrscheinlich ein ausführliches Gut-
achten von Jakob Andreae, das sich in BayHStA Mün-
chen Kasten blau 389/8d erhalten hat. Andreae schlägt
radikale Kürzungen vor, vor allem was die Bestimmun-
gen anbelangt, die die Policey betreffen.

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