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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0445
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38. Eheordnung 1605

iDer XV. Titul.i
Von der Eheschaidung wegen muttwilliger
Desertion oder Verlaßunngh.
So ein Ehegemahl daß annder unbillich verlasset
undt sich unsers Fürstenthumbß enteussert, daß
verlaßene Theill aber sich deßen beklaget unndt
umb die Ehescheidunng ansuchet, sollen unnsere
jHofmeister, Cantzlerj unndt Rhäth zuvorderst flei-
ßige Nachforschung thun, ob der abtrinnige Theill
irgent anzutreffen unnd zur ehelichenn Beywoh-
nung oder aber zu gebürlicher Straff zu bringenn,
inn dem dann das verlaßene Ehegemahl auch seines
Theilß keine Mühe noch Vleiß sparen soll.
Würde aber je nit zu erfahren seinn, wo sich die ent-
loffene Person verhaltte, auch auß den Umbständen
soviel abzunemmenn, daß dieselbige wieder zu
khommenn undt |27v| dem verlaßenen Ehegenossen
gebürliche Beywohnung zuthun nit gemaint, allß da
einer einn Weib nimbt, ein Zeitlanng bei ir pleibt,
ihr Haab unnd Gutt verschlembt unnd verzehret,
darnach aber auß lautterm Muthwillen unnd
Leichtfertigkheitt ohne ir Wissenn unndt willen,
auch ohne unnserer allß seiner ordenlichen Obrig-
kheitt Erlaubnuß, darzu ohne einiche redliche
Uhrsach heimblich hinnweg lauffet, läßet sie mit
oder ohne Kinnder sitzen, bleibt lanng auß, beweißt
ihr oder seinen Kinndern keine Hilff, schreibt oder
entbeutt ihr nichts, gibt auch keine Vertröstunng
seiner Wiederkunfft,
Inn solchem Fall unndt da unnsere kHofmeister,
Cantzler und Rhätk ermessen werdenn, daß die ver-
laßene Parthey lang genug gewarttet, daneben be-
finden, daß sie sich inmittelß ehrlich unnd wohl ver-
halttenn unnd zu dem Hinweglauffen kheine
Uhrsach gegebenn, sollen sie die außgewichene Per-
son mit Erzehlung der Geschicht unnd deren |28r|
Umständt durch offentlich angeschlagene Citatio-
nes per Edictum erfordern unndt beruffenn, sich inn
bestimbter Zeitt wiederumb zu Hauß zuverfüegen
i-i Fehlt Entwurf 1592.
j-j Entwurf 1592: Eherichter.
k-k Entwurf 1592: Eherichter.

unndt seinem verlaßenenn Ehegenossen gebürliche
Beywohnung zu leisten oder rechtmäßige ehaff-
te20 Uhrsachenn anzuzeigenn, warumb solches nit
geschehenn könne.
Wo ferr dann deren keins ervolgt, wollen wir, in-
massen drobenn von denen, so nach offentlicher
Verlobnuß vor dem Kirchganng hienweg lauffen,
auch versehen, dem flüchtigenn unndt schuldigenn
Theill, es sey gleich Manns oder Weibs Person, das
Lannd verbiethen unnd dem verlaßenen Ehegemahl
uff sein Anruffen und Clagen gebürlichenn Be-
scheidt ergehenn unnd mittheillenn laßenn.
Aber da einn Ehemann auß ehehafftenn unnd
ehrlichen Uhrsachen abweßendt were, allß seines
Gewerbs oder Handthierens halben, item inn Ge-
fengknussen, item Reichs- oder Türcken Kriegs Sa-
chenn unndt dergleichenn, |28v| soll das pleibenndt
Ehegemahl deß anndern Wiederkunfft mit Gedult
erwarttenn unndt demselben nit gestattet werdenn,
sich anderwerts zuverehlichen, eß sei dann Sach, das
gewisse Kundschafft gebracht werde, das die abwe-
ßennd Person mit Todt abganngen sey.
Der XVI. Titul.
Von Straff deren, so dießer Ordnung
zuwieder handlen.
Es ist unnser will unndt Meynung, daß nit allein
alle und jede Eheverlöbnussen, so gegenwürtiger un-
serer Ordnung zuwieder fürgenommen werden, alß
da jemand sich mit einer verpflichtet, die ehr wegen
naher Pluets Verwanthnuß oder Schwagerschafft
zur Ehe nit haben mag, oder daß die Zusag von Kin-
dern, Pupillen oder anndern inn Wingklen unnd
heimklicher Weiß geschieht, oder daß die Ehe auß
anndern Uhrsachenn verbotten unnd unzuläßig ist,
inmassen auch zum Theill hieoben disponirt unnd
versehenn, allerdings nichtig, Crafftloß undt unbün-
dig, auch darfür (ob eß schon |29r| die Partheyen nit
begehren) erkandt und gehaltten werden sollen, son-
dern wir thun auch nochmahlß hiemitt unsern Hoff-
20 Rechtmäßig, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 43.

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