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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0485
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8. Kirchenordnung 1574

derrichtung neben andern nothwendigen Christli-
chen werckhen der Lieb innsonderheit anzunehm-
men schuldig. Zu dem, so mögen auch andere mehr
ursachen fürfallen, do man solcher khundtschafft
und zeugnus der kürchen bedarff.
Hieruff soll nachfolgende ordnung im tauffen gehal-
ten werden.
[1.] Form des Taüffs.
Der Pfarrer dritt für den Altar, last den gevattern
sampt dem kindlin auch herzu tretten, redet dann
die gemein oder den umbstandt an und spricht also:
|16r|
Ir geliebten in dem Herrn Christo, diß kindlin
würdt darumb der gemein Gottes fürgetragen, das
es durch das Sacrament der heiligen tauff dem herrn
Christo und seiner Kürchenn eingeleibt, der khind-
schafft Gottes und Erbtheils des ewigen Lebens in
Christo Jesu versichert werde. Unnd würdt von we-
gen dises khindlins begerth, das wir uns sein hertz-
lich annehmmen, durch unnser gebett dem ange-
sicht Gottes fürstellen unnd umb solche grosse gnad
und gaab der heiligen tauff bitten sollen. Damit wir
aber desto gewisser, auch mit mehrerm Ernnst und
zuversicht bitten mögen, ist vonnöthen, das wir gu-
then bericht und grundt haben auß Gottes wortt,
das es recht nutz und Gott wolgefällig seye, [...]e
wöllen wir vorerst hören das Evangelium von den
kindlin, wie es der hailig Evangelist Marcus am 10.
Cap. beschriben hatt: |16v|
Zu der zeit brachten sie khindlin zu Jesu, das er sie
solte anrüeren. Die Junger aber füehren die an, die
sie trugen. Do es aber Jesus sahe, wardt er unwillig
und sprach: Lasset die khindlin zu mir khommen
und wehret ihnen nit, dann solcher ist das Reich
Gottes. Warlich ich sage euch, wehr das Reich Got-
tes nit empfahet als ein kindlin, der würdt nit hinein
khommen. Und er umbfieng sie, leget die hänndt uff
sie und segnet sie.24

e Text zerstört, es fehlt ein Wort.

So es dann die zeitt und gelegenheit des kindts er-
leiden mag, soll der Pfarrer ferrner dise vermahnung
thun:
Vermahnung.
Lieben freundt, wir hören in disem Evangelio, wie
freundtlich sich der Sohn Gottes, unnser lieber herr
und hailandt Christus Jesus, der armen khindlin an-
nimbt, wölches ein süesser und hoher Trost ist.
Dann darauß |17r| lehrnen wir erstlich, das diser unn-
ser dienst und werckh dem herrn Christo wolgefalle,
das er auch unnser gebett, dardurch wir ihme die
kindlin zupringen und fürstellen, wölle anhören
unnd auch diß kindlin zue gnaden annehmmen.
Darnach lernen wir auch darauß, das die khindlin
gewiß in grosser noth und gefar steckhen, darauß sie
ohne hülff dises herrn nit khönden erlöset werden,
nämlich das sie seyen gleich wie alle Menschen von
Natur kinder des zorns, in Sünden empfangen und
geborn und von wegen solcher unreinigkeit dem
Todt und ewiger verdamnus underworffen, auß sol-
chem schröcklichem jamer und Ehlendt kan ihme
khein Mensch selber helffen, sonder müesten all da-
rin ewiglich verderben. Aber Gott, der allmechtig,
himlisch Vatter, hat auß hertzlicher lieb und unauß-
sprechlicher Barmhertzigkheitt seinen einigen sohn
in die welt gesanndt unnd für der gantzen welt sün-
de in den Todt |17v| gegeben, derselbige Sohn Gottes
hat auch der gantzen welt sünde uff sich geladen
und darfür bezalt am Creutz durch sein thewers,
unschuldiges Bluth unnd bittern todt, hat also auch
die arme kindlin, gleich sowol als die alten, vonn
sünden und ewigem todt erlöset und die ewige See-
ligkheit erworben. Befilhet derhalben in disem
Evangelio, man soll die kindlin zu ime bringen, das
sie gesegnet werden.
Nimet sie auch uff das aller gnedigst an unnd
verheisset in das himmelreich, nimet sie an arm und
hertzet sie als seine lieben khinder, die er als der
rechte himlische Vatter uff das aller trewlichst wölle
versorgen, leget sein allmechtige göttliche hanndt
uff sie, damit er verheisset, das er sie von dem Reich

24 Mk 10,13-16.

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