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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0134
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Wild- und Rheingrafschaft

richtet sein. Damit soll man sich benügen laßen.
Orgeln und figurallgesänge, wo dieselbige angerich-
tet, wollen wir frei gestellet haben, allein daß maß
hierin gehalten werde und, waß auff der orgeln ge-
schlagen, hernach gesungen. Und mögen nach orts
gelegenheit die ludimoderatores zum zeitten eine
motet mit ihren knaben figuriren, gleicher gestalt
auch organista bißweilen eine schlagen.
Von der kirchendiener kleidung.
Belangendt die kleidung der kirchendiener, ist es ja
billig und fein, daßelbige nit allein in der kirchen,
wann sie daß h. ampt verrichten sollen, sondern
auch außerhalb deßelben hiedurch von andern welt-
lichen drachten underschieden werden. Dann |57r|
obwohl die kleidung in der kirchen, auch außerhalb

derselben, keinen menschen weder heiliger noch un-
heiliger machen, jedoch weil alles ehrlich unndt zier-
lich zugehen soll,144 demnach wollen wir, daß unßere
kirchendiener in undt außer ihrem ampt sich also
mit kleidung tragen, daß dem ansehen deß ministe-
rii und kirchendieners, so viel möglich, nichts be-
nohmen werde.
Beßonders aber wollen wir, daß jeder unßerer
kirchendiener erster gelegenheit nach ihme ein
schwartzen kirchenrock mit ermeln zeuge und in
verrichtunge seines ampts anziehe. Waß aber die
weiße chorröck anlangett, wo dieselbige in unßern
kirchen in usurpantz145 und gebräuchlich sein, da
soll man solche ohn superstition oder aberglauben
behalten und ohn unßer vorwißen nit abschaffen.
Wo sie aber nit breuchlich, da soll man solche biß
auff unßere fernere verordtnunge laßen verbleiben.

Das funffte capitell:
Von dem h. ehestande.

Es ist der unflätige und unsaubere geist dem heili-
gen ehestandt Gottes und aller zucht und erbarkeit
spinnenfeindt, stifftet und erreget viel [un]ordtnun-
gen und zerrüttungen under den menschen, auff daß
beide, Gottes ordtnunge geschendet und deß men-
schen zeitliche und ewige wohlfartt gehindert werde.
Derhalben man sich den Satan und aller unordtnun-
ge, |57v| so dem heiligen ehestandt zuwider, mit al-
lem ernst widersetzen soll.
kUnd erstlichen, demnach unter dem gemeinen
volck sehr einreist, daß sich diejenigen, so einander
mit naher bludtsverwandtnuß oder schwägerschafft
an[ge]hören, umb ihres guts undt anderer gelegen-
heit willen zusammen zu heurathen understehen,
auch bißweilen undt zu mehrmahlen sich unehrbarer
weiße miteinander vermischen in meinung, die ehe-
volziehung desto eher zu erlangen unndt durchzu-
bringen; solches aber ein gottloß und unchristlich
beginnen ist, dem billig mit ernst zu begegnen, da-
mit dan ein jeder gewarnet seie und sich hinfuro nie-
k-k Aus KO Nassau 1576, fol. G Ilr-v.
l-l Aus KO Nassau 1576, fol. H Ir-v.
144 1 Kor 14,40.

mandt mit einiger unwißenheit zu behelffen haben
möge, so setzen, ordnen und wollen wir, daß erstlich
alle und jede gradus, die Moses im 3. buch am 18.
capitel auß sonderm geheiß und befehl Gottes ver-
botten hatt, allerdings und bei ernster, unnachleßi-
ger straff verbotten sein sollen.k
lWaß aber sonsten andere mehr gradus der blutver-
wandtnus und schwägerschafft betrifft, obwohl die-
selbe weder in Mose noch einstheils in alten keiser-
lichen rechten außtrucklich nit verbotten, jedoch
dieweil in alwege nach der gemeinen regull die nahe
sippschafft und verwandtnuß umb zucht und ehr-
barkeitt willen in den ehestifftungen zu vermeiden,
solches auch in andern, der Augspurgischen Confes-
sion146 zugethaner Chur- und fürstenthumben biß
anhero also gehalten |58r| worden ist und noch [ge-
halten wird], so setzen, ordtnen unndt wollen wir,
daß auch der zweitte unndt dritte grad der blut-
freundtschafft beides, in gleicher und ungleicher li-
nien, maniglich verbotten und niemandts, der seie
145 Gebrauch, Gewohnheit, Herkommen, vgl. Zedler,
Bd. 51, S. 484.
146 Vgl. BSLK, S. 44-137.

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