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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0136
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Wild- und Rheingrafschaft

laster nit gerathen noch auff ein solche unchrist-
liche, unartige und verbottene weiße die ehe anzu-
fangen sich understehen.n
Waß sonsten auch andere felle, die sich in ehesachen
u[nd] dießem fall zutragen mögen und alhie zu de-
cidiren unmöglich, sollen dieselbe unß angebracht
und auff unßer befehl durch verordnete geistliche
und weltliche richter gebürlich entschieden werden.
Zum dritten, wann nun die sachen also, wie bißher
vernohmen, christlich und erbarlich angefangen und
der handtstreich oder hingelobnuß soll gehalten
werden, ist es ehrlich und fein, daß umb mehrer un-
terrichts und andachts willen die newen eheleutte
durch einen kirchendiener oder einen andern Gotts-
förchtigen ehrlichen man biß uf die offentliche co-
pulation, so für der gantzen christlichen gemein in
der kirchen geschehen soll, mit vorgehender kurtzen
vermahnung und gebeth vom ehestandt zusammen
gegeben werden, damit also die hingelöbnuß nit ei-
nem weltlichen roßkauff mehr alß einer heiligen
undt christlichen ordtnung Gottes gleich geachtet
werde.
oNachgehendts sollen die eheliche zusammen ver-
trawte personen dem kirchendiener, ob er schon
beim handtstreich selber geweßen, zu beider ihrer
gelegenheit anzeigen, ihre namen notieren unnd auf-
zeichnen laßen, welcher sie ferner, waß der ehe-
standt seie und wie sie sich darinnen gegen Gott,
gegen ihr haußgesindt |60r| unndt gegen mäniglich
erzeigen müßen, mit ernst vorhalten, waß ihr vori-
ges leben geweßen, erinnern, für dem bößen warnen
undt zum guten gantz trewlich undt fleißig vermah-
nen soll. Und für allen dingen soll er von ihnen ver-
nehmen, ob sie auch ihren catechismum gelernet ha-
ben, darin sie hernach ihre kinder undt haußgesinde
auch underweißen undt ihnen die wortt einbilden
könten. Und da hie einiger mangel gespürt, soll er
sie die haubtstücke christlicher lehre, entweder mit
oder ja ohn die außlegung nach gestalt undt gele-
genheit der personen, zu lernen ernstlich vermah-
nen, sie auch zum christlichen kirchgang nit zula-
o-o Aus KO Nassau 1576, fol. a IIv - a IIIv.

ßen, sie haben dann zuvohr so viel gelernet,
daß148 sie zum wenigsten die zehen gebott, die arti-
cull deß christlichen glaubens, daß vatter unßer, die
wortt der einsatzung deß h. tauffs, deß gewalts der
schlüßel und deß hochwürdigen abendtmahls, deß-
gleichen die gebethe, [die] vor unndt nach dem es-
sen, item wann man deß morgens auffstehet undt
deß abendts sich zur ruhe begibt, gesprochen wer-
den solten, eigentlich recitiren unndt erzehlen kön-
nen.
Zum viertten, wann solches alles der gebür verrich-
tet und kein mangel hierin befunden, sollen beide
eheleute drei sontage nach einander von dem pfarrer
nach gehörter predigt auff der cantzel folgender wei-
ße außgeruffen werden: |60v|
N. N. und N. N. wollen sich nach göttlicher ord-
nung in den standt der heiligen ehe begeben unnd ist
dießes die erste, andere oder dritte auffkündigung;
begehren ein gemein, christlich vorbitte, daß sie es
in Gottes nahmen anfahen und wohlgerhate. Wüste
nun unnd wolte jemandt verhinderung anzeigen, der
thue es bei zeitt oder schweige hernacher still. Gott
gebe ihnen seinen segen. Amen.
Dieße uffkündigung soll geschehen an dem ortt, da
die vertrawte eheleute ihren kirchgang halten wol-
len und in beisein derer selbsten, so außgeruffen
werden sollen, wann sie beide alda wohnen oder ihre
eltern haben. Da aber die eine person in einer an-
dern stadt oder dorff ihre eltern oder enthaltung
hette, soll die auffkündigung an beiden ortten, da
sich die personen haltten, geschehen. Undt welche
sich an dem andern ortt ihren kirchgang und hoch-
zeit da zu halten und zu vollenziehen begeben will,
soll von ihrem pfarrer, daß sie dreimahl auffgekün-
diget und keine einrede geschehen seie, schrifftliche
zeugnuß mitbringen.o
Da auch außländische und unbekandte personen an
einem ortt gefreiet hetten, die sollen nit auffgekün-
diget, viel weniger zum offentlichen kirchgang zuge-
laßen werden, sie bringen dann genugsame und
148 Konjektur für: die.

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