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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0160
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Fürstentum Pfalz-Simmern

Das Klostervermögen wurde jeweils in eine Schaffnei umgewandelt, aus deren Einkünften die Latein-
schule und das Spital in Simmern sowie eine Anzahl von studierenden Stipendiaten versorgt wurden,23
außerdem einer Anzahl von Pfarrern das Einkommen aufgebessert wurde.24 Diese Regelungen waren aber
offensichtlich informeller Art und nicht durch Mandate oder explizite Verwaltungsvorschriften geregelt, wie
das Mandat des Kurfürsten Friedrich IV. vom 14.12.1598 (siehe unten Text Nr. 2) und auch die Notizen bei
Büttinghausen nahelegen.25

4. Der Übergang Simmerns an die Kurpfalz 1598
Mit dem Tode Herzog Reichards am 14. Januar 1598 fiel Simmern an die Kurpfalz, die zu dieser Zeit von
Friedrich IV., dem Großneffen Reichards regiert wurde. 1592, nach dem Tode des Administrators Johann
Casimir, hatte Reichard versucht, selbst Administrator der Kurpfalz für den damals noch unmündigen
Friedrich zu werden, wahrscheinlich auch mit dem Gedanken, dort die Restitution des Luthertums zu
betreiben. Nun wurde von Heidelberg aus mit Nachdruck die Calvinisierung Simmerns betrieben. Schon im
Sommer desselben Jahres wurde eine Visitation des Fürstentums Simmern durchgeführt,26 als deren Folge
mehrere Maßnahmen gelten können: Die Pfarrer mussten die kurpfälzische Kirchenordnung27 (von 1563 -
resp. den leicht veränderten Nachdruck von 1585 - mit dem Heidelberger Katechismus) annehmen, was
drei von 17, unter ihnen Superintendent Georg Rosener und Hofprediger Albrecht von Hellbach,28 verwei-
gerten;29 die Stipendiaten wurden zum Examen nach Heidelberg vorgeladen, was sechs von acht ablehn-
ten;30 Pfarrer wie Studenten mussten Simmern daraufhin verlassen. Am 2. Oktober 1598 erging ein Schrei-
ben aus Heidelberg, dass die Ausräumung der Kirchen im reformierten Sinne befahl; und im Dezember
wurden die beiden bis dahin offenbar sehr unsystematisch verwalteten Klosterschaffneien in die gut orga-
nisierte geistliche Güterverwaltung in Heidelberg inkorporiert. Damit war die eigenständige kirchliche
Entwicklung des Fürstentums Pfalz-Simmern, die nur wenig mehr als 40 Jahre gedauert hatte, beendet.
2. Mandat zur Abschaffung der Bilder und Altäre 2. Oktober 1598 (Text S. 661)
3. Mandat zur geistlichen Güterverwaltung 14. Dezember 1598 (Text S. 662)

23 Bey Lebzeiten Hertzog Reichards ist an[no]1574 ... [Aus-
lassung] deliberirt worden, ob das Closter [Kumbd] zur
Schul oder Spital anzuordnen, darauff im Rath beschlos-
sen, man sollte zuvor ermeltes Closters beständiges Einkom-
men erlernen. Nach Absterben hochgedachter Ihrer Fürstl.
Gnaden vermög der neu geschöpfften Competenz-Ordnung
an[no 15]93 [sic! wohl verlesen für: 1598] abermals durch
Renovatorn Wetzel und Otto Bambachen, Zollschreibern an
Caub, als Deputirte ins Fürstenthumb Simmern, für gut
angesehen worden, aus dem Closter ein Pfründt Spital zu
machen und darin Pfründner anzunehmen, so bißhero
ersitzen blieben. [Originalfußnote dazu:] In Actis Acade-
miae Theodoro Palat. wird B. III S. 34 vom Closter
Chumbd folgendes gemeldet: Scholamne an Hospitale hic
institueret, dubitavit Richardus, Simmerensium Princeps.
Richardo mortuo Hospitale instituit Fridericus IV. Elector
an[no 15]98. In: Büttinghausen, Beyträge II, S. 351.
Vgl. Sturm, Reichard, S. 188; 1595 werden elf, 1598
acht Stipendiaten genannt.

24 Eine Auflistung der Kumbder Schaffneierträge und -aus-
zahlungen für das Jahr 1600 druckt Wagner, Kumbd,
S. 164.
25 Vgl. oben Fußnote 23.
26 Die Akten dieser Visitation sind offenbar nicht erhalten,
im LHA Koblenz fanden sich nur diejenigen der Visita-
tionen von 1580 (Best. 33/4952-4953), 1590 (Best.
33/4954-4958) und 1608 (Best. 33/4961).
27 Wahrscheinlich die von Pfalzgraf Johann Casimir 1585
in leicht veränderter Fassung in Druck gegebene, vgl.
Sehling, EKO XIV, S. 77f.
28 Hellbach wechselte, wie schon vor ihm Beuck, als Super-
intendent in die benachbarte Wild- und Rheingrafschaft
und wirkte dort als eifriger Verfechter der reinen luthe-
rischen Lehre, vgl. Teil Wild- und Rheingrafschaft,
S. 523 u. 527-530.
29 Vgl. Sturm, Reichard, S. 187.
30 Vgl. Sturm, Reichard, S. 188.

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