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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0202
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Kurpfalz

ersteren weitere Unterrichtung begehren, sollen sich wie üblich mit ihren Pfarrern darüber unterreden. Zum
andern werden die Visitatoren die vorgeforderten Gruppen katechesieren, was behufs schnelleren Fortgangs
gleichzeitig in zwei Abteilungen geschieht. So wird aus der Visitation eine umfassende Volkskatechese. Diese
soll aber mit der Abreise der Visitatoren nicht beendet sein. Die Pfarrer sollen sie nach dem von den
Visitatoren durchgeführten und ihnen schriftlich hinterlassenen Muster fortführen. Die Inspektoren erhal-
ten Anweisung, dem in halbjährlichen Nachvisitationen nachzusetzen und über den Erfolg an den Kir-
chenrat zu berichten. In einer grossangelegten und fortdauernden katechetischen Veranstaltung soll also die
gesamte erwachsene Bevölkerung der Kurpfalz auf einen ausreichenden katechetischen Stand gebracht
werden.
Die Katechesation der Visitatoren und später der Pfarrer in ihren Gemeinden erfolgt nach dem bereits
erwähnten
28. Muster der Institution von 1593 (Text S. 804).
Dies ist eine nur in oberpfälzischen Akten erhaltene, in katechetischem Sinne mit allerlei Beispielen ver-
sehene Bearbeitung Melchior Angers über einen kleinen Katechismus, der der Institution zugrundegelegt
werden sollte. Die Vorlage, die nach dem Vortrag vom 13. November 1593 (Text Nr. 27) die fünf Haupt-
stücke und den „Weg der Seligkeit“ in 20 (genauer 22) Fragen enthielt, ist uns aus der Rheinpfalz bisher nur
in einer Fassung von 1601 bekannt, als die im Anschluss an den Heidelberger Katechismus in die Kirchen-
ordnung von 1601 (vgl. Text Nr XIV/96, dort findet sich auch der Text) eingefügte Kurtze Summa deß
Catechismi sampt den Texten der Hauptstücken christlicher Religion (dort in 1601, S. 121-132), die den sog.
kleinen Heidelberger Katechismus in der Fassung von 1585 (vgl. Text Nr. XIV/82, Text bei Nr. XIV/31)
und die kurze Summa von 1563 (vgl. Nr. XIV/31) ersetzt.
Früher schon muss dies Büchlein separat erschienen sein, als das Institutionswerk seit 1596 auch in der
Oberpfalz eingeführt wurde. Der Titel hat etwa folgendermassen gelautet:
Kurtzer Catechismus, in sich fassend die fünf Hauptstück christlicher Religion sampt etlichen kurtzen Fra-
gen, zu Erklärung derselben dienlich und einem jeden Christen zu wissen vonnöthen.44
Aber schon der Vortrag vom 13. November 1593 redet von diesen „verfassten Fragstücken“ in derart
bestimmtem und umgrenztem Sinne, dass sie schon damals im Druck, also wohl von 1592, vorgelegen zu
haben scheinen, auch wenn wir ein Exemplar derselben bislang nicht kennen.
Dieser neue kleine Katechismus ist ebenfalls aus dem grossen Heidelberger Katechismus entwickelt. In
einen soteriologischen Rahmen im Sinne eines Ordo salutis sind die fünf Hauptstücke, Dekalog, Credo,
Einsetzung der Taufe und des Abendmahls und Herrengebet, diese alle ohne jede weitere Erklärung, ein-
gefügt. Dabei ist der Dekalog in den ersten Teil des Katechismus im Sinne des Usus elenchticus des Gesetzes
gewandert. Entsprechend den wiederholten Aussagen des Vortrags (Text Nr. 27) ist jede kontroverstheo-
logische Frage (etwa die Zweinaturenlehre) ausgemerzt. Diese bewusste konfessionelle Indifferenz, verbun-
den mit der einlinigen Tendenz, alles auf die praktische Glaubenserkenntnis abzustellen, dazu seine zentrale
Stellung im Institutionswerk, haben diesen kleinen Katechismus zu einem direkten Konkurrenten des
grossen Heidelberger Katechismus gemacht. Er spielt im Leben der deutsch-reformierten Kirchen des 17.
Jahrhunderts eine gewichtige Rolle, die noch nicht beschrieben ist.
Nicht nur dies praktische Muster der Institution, sondern auch der dabei gebrauchte Katechismus
selbst scheint von Melchior Anger ausgearbeitet zu sein. Als einen Kommentar dazu ließ er 1593, die
Vorrede datiert vom 1. Januar, erscheinen:

44 Vgl. Struve, S. 506. Struve scheint seine Angaben, ins- Jakob Heilbrunners zu entnehmen, weshalb in diesen
besondere auch das Erscheinungsjahr der Gegenschrift Angaben keine absolute Sicherheit besteht.

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