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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0225
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3. Visitationsbedenken [März 1578]

1. Also kunden der gantzen churfurstlichen untern
Pfaltz alle undt jede kirchen, das deren nicht eine
ubergangen oder verseumet, alle jar einmal visitiert
werden.
2. Also kunde die gantze undt so weitlaufige visita-
tion der neunzehen superintendentzen, in welche die
kirchen der untern Pfaltz abgeteilet, aufs lengst im
halben jar verrichtet werden.
3. Also köndte desto ehe jeder kirchen zustandt und
gelegenheit, wie auch die mengel undt feile an einen
kirchenrath undt, waß deren vonnöten, an unsern
gnedigsten herren selber gebracht, darzu auch die
verbeßerung der mengel für die handt genomen undt
geleistet werden.
4. Also wurde dem generali undt seinem politico col-
legae die arbeyt etwas erleichtert, damit er nicht zu
lang von der kirchen, vom kirchenrath, von seinen
studiis undt von sein haußhaltung abgezogen.
5. Also wurden die speciales fein angefuret undt in
kirchensachen dermaßen geubt undt erfaren, daß
man im notfall auch inen allein, da die kirchenraths-
personen mit leibsschwacheit oder notwendigen ges-
cheften verhindert undt aufgehalten wurden, die
gantze visitation befehlen undt sie auch dieselbe auf
sich nemen undt verrichten köndten.
6. Also wurde endtlich auch ein großen kosten, der
sonst auf die visitatores von einer kirchen zur an-
dern durch die gantze churfurstliche Pfaltz ginge,
ersparet, daran denn nicht weniger gelegen, damit
nicht umb des großen aufgehenden kostens willen
dermaleins das gantze werck der so hochnotwendi-
gen undt nutzen visitation, wie es wol zu geschehen
pflegt, verhaßet gemacht undt endtlich gar einge-
stellt wurde.
Wolte man aber, diesen weg hindangesetzt, durch
die kirchenräthe durchaus eine jede kirche insonder-
heit visitiert haben, so muß man zwar die zeit, ar-
beit undt unkosten daraufgehn laßen, aber, so wol
als etlichen kirchen auf diese weiß geholfen, so seer

wurden die andern, zu welchen man desto langsamer
komen köndte, versaumet, sintemal dieser gestalt
alle kirchen der untern churfurstlichen Pfaltz visi-
tation in anderthalb oder zwey jaren kaum möchte
verrichtet werden. Was schadens aber das etlichen
kirchen bringen wurde, haben die verstendigen wol
zu erachten.
Solte man alle kirchen visitieren undt daßelbe
doch in einem sommer (denn im winter ist wenig
außzurichten) volbringen wöllen, so muste man den
kirchenrath teilen [hier folgt ein unleserliches Wort],
ein teil hie, das ander dort visitiern laßen, welches
aber deshalben bedencklich, daß auf diese weiß der
kirchenrath zu Heydelberg solche zeit uber gantz
und gar still stehen undt mit einstellung undt ver-
säumnis vieler notwendiger gescheft erligen muste,
das dann amb vieler ursachen willen weder zu thun
noch zu rathen.
Vieleicht möcht auch das ein weg sein, daß die vom
kirchenrath den specialem undt etliche wenig flek-
ken oder dorfer, die es sonderlich vonnöten, auf die
form, wie von anfang gemeldet, visitiereten undt
darnach die andere pfarrhern mit iren leuten in die
amptstadte beschrieben und privatim verhöreten.
Undt köndte mans mit den flecken undt dörfern von
jar zu jar laßen umbgehn, das welche ein jar visitiert
worden, das ander jar in die amptstädte beschrieben
wurden undt herwiderumb, welche itzt in den ampt-
städten erschinen, ein ander mal bey inen daheim
wurden visitiert, damit doch järlich etwas bey der
so hochnotwendigen specialvisitation undt gegen-
wertiger inspection der kirchen geschehe undt sie
nicht gar verbliebe.
Im fall aber, das alle diese wege nicht anzunemen,
muste es darbey bleiben, das man ein ort nach dem
andern in die amptstädte beschriebe undt also pri-
vatim mit inen visitation hielte.
Darbey aber auch der mangel bliebe, das man
weder die pfarrhern predigen hören noch ire kirchen
undt kirchenweesen gegenwertig anschauen noch
der pastorn fleiß zu ihrem biß daher gepflogenen
ampt recht erkennen noch der kirchen, sonderlich
aber der jugendt zunemen in der furgetragenen lehr

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