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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0249
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6. Kirchenbußordnung 1580

Wan man in dieser geystlichen handlung mit fürsten und regimentspersonen zu thuen hat, mag man zu
obgeschribner ermahnung auch diese christliche erinnerung dazuthuen.

Daß ein potentat oder regent sich seiner dignithät
und hocheyt kheineswegs uberhebe, sondern sich
unter die gewaltige handt Gottes demüetige und
erkhenne,58 das er nit ein herr, sondern ein diener
Gottes seye,59 der da billig andern und sonderlich
seinen lieben unterthanen mit rechter, wahrer forcht
Gottes, auch gottseeligem wandel und leben für-
leuchten60 solle, derhalben er dan nit allein für sein
person allzeit mit embsigem vleiß und rechter hertz-
begürdt die predigten göttlichs worts vleißig bsu-
chen, hören, merckhen und sein gantzes leben und
regiment darnach ahnrichten und füeren, auch der
heyligen absolution und hochwürdigen abentmals
sich oft gebrauchen und theilhaftig machen solle,
sondern auch seine hofleut und, waß ihme mit diens-
ten verpflicht und zugethan ist, wie auch alle unter-
thanen im gantzen landt mit allem ernst und mog-
lichsten vleiß dazu halten und durch christliche mit-
telpersoenen anhalten laßen.
Item, das er auch Gottes wort und ehr mit bestel-
lung, bevelhung und nothwendiger unterhaltung ge-
lehrter und gottseeliger, erbarer, eingezogner kür-
chen und schueldiener vor allen dingen in seinen lan-
den und herrschaften fortpflantze, die abgotterey
und falsche lehr ungescheuet abthue und dem herrn
sein hauß baue nach dem exempel Davidis, Salo-
monis, Josiae, Hyßkiae etc., die einkhommen der
kürchen und schulen, stift und klöster widerum zu
befürderung deß gottesdienstes ahn kürchen, schu-
len, derenselben diener, arme wittib und waysen
ahnwende, nichts hievon ahn seinen nutz wende
oder seinen beambten ein solches zu thuen (wie ley-
der alle thag augenscheinlich geschihet und itzt-
baldt dieser, baldt jener hoher amptman zu dem
auch reiter, stall- und hundsbuben ein jeder seins
gefallens und unter dem namen seins herren davon
reißet und, Gott erbarme es, dahin gerahten, daß,
obwoln die jerlichen einkhommen ihren fortgang ha-
ben, doch mit vielen pfarren es also gewandt, das sie
58 Vgl. 1Petr 5,6.
59 Vgl. Röm 13,4.6.

ihren eygnen pfarren nit haben künnen, sondern
mancher pfarrher 2, bißweiln 3 pfarren versehen
muß und von ihnen allen doch sein gepürliche noth-
wendige unterhalt nit haben mögen, wie da den ar-
men leuthen fürgestanden und sie alß Christi teur
erkaufte schäflein geweidt und versorgt werden, das
weist der lieb Gott und würdt eimal ahm großen
gerichtstag Jesu Christi mannischem herrn ein sol-
ches nachsehen zu verandtworten heiße schweyß-
tropfen außpressen etc.) keineswegs erstatten, son-
dern alß ein schutzherr deß rechten rechtens die regl
daßelben schutzen und handthaben, welche heyst:
Semel Deo dicatum ulterius prophanos ad usus non
est transferendum.
Und damit sonsten der erbarkheit, billigkheit
und rechtem gemehß gehauset und ein gleiches wag-
recht im landt erhalten und im schwang gehe, soll
ein herr nit mit frembden augen sehen, mit fremb-
den ohren hören, mit frembden zungen recht spre-
chen, daß ist, die handlungen und der armen unter-
thanen sachen den räthen und amptleuthen allein
bevolhen, er aber indeßen panchetiern, jagen und
seiner hochkheit und herrligkheit allein zu wollust
gebrauchen, sondern selbst zu seinem regiment und
amptern und, waß er für leut darinnen habe, wie sie
gegen Gott, seinem sohn, wort und wahrhait gesin-
net, wie sie die gottseeligkheit und gerechtigkheit
lieben und handthaben, hergegen aber, waß dem zu-
wider, strafen und abthuen etc. vleiß sehen. Werden
solche befunden, die Gott, sein wort und wahrheit
zurucksetzen und erkaufte gunst für recht gehn la-
ßen, do soll ein herr ihme ein Davidshertz schöffen
und sagen: Herr, ich hasse, die dich hassen, und
vertreist mich uf sie, das sie sich wider dich setzen,
ich hasse sie in rechten ernst.61 Item ich handel für-
süchtig und redlich bey denen, die mir zugehören
und wandle treulich in meinem hauß. Ich neme kei-
ne böß sach für. Ich hasse den ubertreter und laße
ihn nit bey mir bleyben. Ein verkert hertz muß von
60 Vgl. Mt 5,16.
61 Ps 139,21f.

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