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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Armgart, Martin [Oth.]; Meese, Karin [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0130
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Einleitung

sächsische Gebiet von der kirchlichen Exemtion erfasst12. Die Diözesangrenzen blieben bis zur Reformati-
onszeit unverändert; die Geistliche Universität vereinte Pfarreien aus verschiedenen Diözesen und Kir-
chenprovinzen. Da die kirchlichen Bestimmungen auch für viele „Sekundärsiedlungen“ galten, griff die
geistliche Privilegiengemeinschaft weit über die in der Nationsuniversität organisierten Orte hinaus; etwa
ein Viertel der Pfarreien waren Sekundärsiedlungen auf Komitatsboden.
Bereits im 14. Jahrhundert schufen die privilegierten Pfarreien eine mittlere Administrationsebene, die
kirchlichen Kapitel13. In ihnen versammelten sich die Geistlichen benachbarter Pfarreien unter dem Vorsitz
eines meist für ein Jahr gewählten Dechanten. Weitere Ämter waren der Kapitelsenior, der Notar oder
Syndikus und der Steuersammler oder Kollektor. Die Kapitelsversammlungen verabschiedeten eigene, für
die Mitglieder verpflichtende Kapitelsstatuten14. Fiir das quasi-exemte Hermannstädter Kapitel liegen sie
bereits von 1351 vor15, für das Mediascher Kapitel von 139716. Für das Burzenländer Kapitel sind vorre-
formatorische Statuten von 1443 (bestätigt 1447) sowie von 1493 überliefert17. Weitere Kapitel verabschie-
deten gerade in den Jahrzehnten unmittelbar vor der Reformation eigene Statuten18. Als nach der Refor-
mation die Bedeutung der Kapitel als mittlere Ebene innerhalb der separaten sächsischen Kirche anstieg,
wurden derartige, häufig inhaltlich ähnliche Regelwerke in fast allen Kapiteln schriftlich niedergelegt19.
Die Kapitel vereinten in der Regel Pfarreien gleichen oder ähnlichen Rechts und waren dadurch in
Umfang, Finanzkraft und Selbständigkeit sehr unterschiedlich: vom über 40 Pfarreien umfassenden (ver-
einigten) Bistritzer Kapitel bis zum Scholtener Kapitel, das vier Klosterdörfer der Zisterze Egresch
umfasste und daher auch als Vierdörfer-Kapitel bezeichnet wird. Die einschlägigen Zusammenstellungen
nennen eine Gesamtzahl von 24 Kapiteln20. Doch erfolgten gerade im 16. Jahrhundert Veränderungen. Das
Kiralyer Kapitel schloß sich dem Bistritzer, das Brooser und Springer (Zekescher) Kapitel dem Mühlbacher
an. Das Bachner Kapitel erklärte 1564 unter Verweis auf den Landtagsbeschluss seinen förmlichen Austritt
aus der Geistlichen Universität; die meisten Pfarreien wurden reformiert. Hingegen bildeten sich erst 1573
auf Komitatsboden die Kapitel Tekendorf und Großschogen; sie blieben bis ins 18. Jahrhundert diszipli-
narisch dem ungarischen Superintendenten unterstellt. Andererseits gehörten die seit dem späten 16. Jahr-
hundert reformierten Pfarreien von Broos und Salzburg weiterhin zur sächsischen Superintendentur. Per-
tinenzen des Burzenländer Kapitel ohne Teilnahme an den Versammlungen waren die lutherischen unga-
rischen Gemeinden der Törzburger Herrschaft.
Einige Kapitel waren als Surrogatien anderen Kapiteln unterstellt (so Leschkirch und Schenk dem
Hermannstädter Kapitel); andere Surrogatien schlossen sich zu einem „Surrogatieverband“ zusammen.

12 So gehörten die Ortschaften des an Hermannstadt
angrenzenden Schenker Stuhls politisch zum 1224
umschriebenen Königsboden; die Pfarreien teilten sich
gemäß der durch den Stuhl verlaufenden Diözesangrenze
auf zwei kirchliche Kapitel Schenk-Hermannstadt und
Schenk-Kosd.
13 Hierzu eingehend Müller, Landkapitel. Karte der
Kapitel Teutsch, Geschichte I, Beilage und Binder,
Atlas, Karte 44.
14 Zu diesem Statutarrecht eingehend Müller, Landka-
pitel, S. 238-242. Hingegen stellte der ungarische Super-
intendent Dionysius Alesius für die auf Adelsboden
(Komitatsboden) gelegenen Kapitel Tekendorf und
Großschogen Kapitelstatuten aus, die 1578 zudem lan-
desherrlich bestätigt wurden. Ebenso war der sächsische
Superintendent Lukas Unglerus Aussteller der Statuten
des Kapitels Sächsisch-Reen; oben S. 110.
15 Abdruck UB Sbg. II, S. 81f.; zu einer undatierten erwei-

terten Fassung Müller, Kapitelstatuten, S. 347-354,
Abdruck S. 340-347.
16 UB Sbg. III, S. 194-208; Gräser, Statuten, S. 205f.
und Abdruck S. 207-230.
17 AHG Kronstadt, I E 144, fol. 3r-5r und ebd., I F 15,
pag. 1-5, Abdruck UB Sbg. V, Nr. 2512 und Neuge-
boren, Statuta, S. 62f. Kurz dazu Trausch, Burzen-
länder Capitul, S. 3, auch Teutsch, Geschichte I, S. 81-
84.
18 Zusammenstellungen Müller, Landkapitel S. 239 und
ausführlich Teutsch, Geschichte I, S. 471f. Anm. 1,
Nr. 1-4.
19 Eine Übersicht über 32 Kapitelstatuten des 16. und 17.
Jahrhunderts gibt Teutsch, Geschichte I, S. 471-474
mit zusammenfassenden Bemerkungen zum Inhalt; seine
dort angekündigte Edition ist nicht erschienen.
20 Teutsch, Geschichte I, S. 569-576 (Erläuterungen zur
Karte der Kapitel); Müller, Landkapitel, S. 15; Wag-
ner, Ortsnamenbuch, S. 409

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