1b. Reformationsbüchlein 1543 - Deutsche Fassung
1b. Reformationsbüchlein für Kronstadt und das Burzenland
Deutsche Fassung (der Nationsuniversität)a
1543
Reformacio der kyrchen der statt Kronnen und des ganczen Bwrczelandts.
Allenn guettigennb leserenn gnad und frydt Christi werdt gemeret1.
Wie yn treffliche grosse yrtumb vormals eyn lange
czeit bys hyeher Christenliche religion durch den
leydigenn antichristum manichfeltiklichen vorwor-
renn und gefallenn ist, auch mit wie schwerenn men-
schen seczungenn das hailsam gepott Gottes unter-
drukt wordenn, mit viller leut unseliger erffarenheit
durch mancherlay schryfft viller gelerter leut am
tag ist und genugsam offembar wordenn, auch
durch unczelige menge der buecher yn alle wynkel
der ganczen welt vorgetragenn, also das hernach-
mals nyemans seyner unwissenheit ausrede habenn
mag, allein solcher, so seyne oren vorstopffet2 und
seine augenn vorschlossen hette und gar nichts vor-
steen wolt, guets zu thuen. Welchs übel furwar etli-
chen geschicht durch yre vorstokte meynungk, so
sye alleyn anseen dye gewonheit, menge des volks
unnd unguetige gewalt und durch yre unachtparkeit
unsicher des zukünfftigenn lebens vil lieber das ke-
genwertige gluk und leben an nemen, aber gar nichts
achten, das sy zum erstenn das wyderteyll höret-
tenn, die sach erkennettenn und vorstündenn, auff
das sy darnach rechtschaffener von der geschefftenn
rychten möchtenn, nemlych so sy wissenn, das von
Christo selbst vorgesagt ist worden von villen erger-
a Textvorlage (Handschrift): NatA Hermannstadt, Ur-
kundensammlung [colecţia de documente medievale], Se-
rie V (Inv. 27), Nr. 1300. Abdruck: Herbert, Refor-
mation in Hermannstadt, S. 55-61; Scheiner, Hohe-
lied Salomonis, Anhang S. 67-85.
b Textvorlage: güettigen; derartige, in der Vorlage mehr-
fach vorkommende doppelte Umlaute sind nachfolgend
stillschweigend normalisiert.
1 Vgl. Apk 1,4 und 1Petr 1,2.
nussenn menschlicher saczung und trefflicher czei-
chen der falscher propheten und gleisner, durch wel-
che (so es gescheen möcht) auch dy ausserweltenn
yn das yrtumb vorffuert möchtenn werdenn3, son-
dern mit schentlicher goczlesterung sy dy warheit
Gottes anfechtenn, domit dy schlechten leut vorf-
fuerenn und auff das sy yrer schentlicher lesterung
des do grössere anseen und gewalt baym ungelerten
volk erhasschenn mögen, alle yre ding unter dem
namen der vetter und der kyrchen handlenn. Wie
woll sy uns mit nichtenn gestraffenn kynnenn, das
myr von der leer der heiligen vetter abgewychen
werenn, doch so seerr sy vorsteen, das dy erste un-
sere heilige vetter dy apostellenn gewesenn seyn, dy
uns | 1 v | durchs evangelium Christi ym glaubenn
gelert habenn, und nicht dye letzste nachkommende
abtrynnigenn, so von yrer leer und der rechter ord-
nung der kyrchen als schenliche betrogenenn abge-
wychen seyn und mit keyner liebe der guettigkeit
bekleidet, sonder mit eygener kunst auffgeplasen,
alleyn durch hoffnungk des gewyns frembde gottes-
dyenst und formenn der cerimonien (auch den hay-
den zu vorlachenn) an das wort Gottes yn dy kyrch
eyngeffuert habenn. Welche vorkertte thölickait4
Die Identifizierung von Bibelzitaten und Liedanfängen
aus der lateinischen Fassung wird hier wiederholt; für
weitere Verweise, insbesondere zu Textvorlagen und zur
Erläuterung in der Apologie, sei auf die obigen Anmer-
kungen verwiesen.
2 Vgl. Spr 21,13.
3 Vgl. Mk 13,22.
4 Tollheit, Verrücktheit, Dreistigkeit; Grimm, DWb
XXI, Sp. 642f.
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1b. Reformationsbüchlein für Kronstadt und das Burzenland
Deutsche Fassung (der Nationsuniversität)a
1543
Reformacio der kyrchen der statt Kronnen und des ganczen Bwrczelandts.
Allenn guettigennb leserenn gnad und frydt Christi werdt gemeret1.
Wie yn treffliche grosse yrtumb vormals eyn lange
czeit bys hyeher Christenliche religion durch den
leydigenn antichristum manichfeltiklichen vorwor-
renn und gefallenn ist, auch mit wie schwerenn men-
schen seczungenn das hailsam gepott Gottes unter-
drukt wordenn, mit viller leut unseliger erffarenheit
durch mancherlay schryfft viller gelerter leut am
tag ist und genugsam offembar wordenn, auch
durch unczelige menge der buecher yn alle wynkel
der ganczen welt vorgetragenn, also das hernach-
mals nyemans seyner unwissenheit ausrede habenn
mag, allein solcher, so seyne oren vorstopffet2 und
seine augenn vorschlossen hette und gar nichts vor-
steen wolt, guets zu thuen. Welchs übel furwar etli-
chen geschicht durch yre vorstokte meynungk, so
sye alleyn anseen dye gewonheit, menge des volks
unnd unguetige gewalt und durch yre unachtparkeit
unsicher des zukünfftigenn lebens vil lieber das ke-
genwertige gluk und leben an nemen, aber gar nichts
achten, das sy zum erstenn das wyderteyll höret-
tenn, die sach erkennettenn und vorstündenn, auff
das sy darnach rechtschaffener von der geschefftenn
rychten möchtenn, nemlych so sy wissenn, das von
Christo selbst vorgesagt ist worden von villen erger-
a Textvorlage (Handschrift): NatA Hermannstadt, Ur-
kundensammlung [colecţia de documente medievale], Se-
rie V (Inv. 27), Nr. 1300. Abdruck: Herbert, Refor-
mation in Hermannstadt, S. 55-61; Scheiner, Hohe-
lied Salomonis, Anhang S. 67-85.
b Textvorlage: güettigen; derartige, in der Vorlage mehr-
fach vorkommende doppelte Umlaute sind nachfolgend
stillschweigend normalisiert.
1 Vgl. Apk 1,4 und 1Petr 1,2.
nussenn menschlicher saczung und trefflicher czei-
chen der falscher propheten und gleisner, durch wel-
che (so es gescheen möcht) auch dy ausserweltenn
yn das yrtumb vorffuert möchtenn werdenn3, son-
dern mit schentlicher goczlesterung sy dy warheit
Gottes anfechtenn, domit dy schlechten leut vorf-
fuerenn und auff das sy yrer schentlicher lesterung
des do grössere anseen und gewalt baym ungelerten
volk erhasschenn mögen, alle yre ding unter dem
namen der vetter und der kyrchen handlenn. Wie
woll sy uns mit nichtenn gestraffenn kynnenn, das
myr von der leer der heiligen vetter abgewychen
werenn, doch so seerr sy vorsteen, das dy erste un-
sere heilige vetter dy apostellenn gewesenn seyn, dy
uns | 1 v | durchs evangelium Christi ym glaubenn
gelert habenn, und nicht dye letzste nachkommende
abtrynnigenn, so von yrer leer und der rechter ord-
nung der kyrchen als schenliche betrogenenn abge-
wychen seyn und mit keyner liebe der guettigkeit
bekleidet, sonder mit eygener kunst auffgeplasen,
alleyn durch hoffnungk des gewyns frembde gottes-
dyenst und formenn der cerimonien (auch den hay-
den zu vorlachenn) an das wort Gottes yn dy kyrch
eyngeffuert habenn. Welche vorkertte thölickait4
Die Identifizierung von Bibelzitaten und Liedanfängen
aus der lateinischen Fassung wird hier wiederholt; für
weitere Verweise, insbesondere zu Textvorlagen und zur
Erläuterung in der Apologie, sei auf die obigen Anmer-
kungen verwiesen.
2 Vgl. Spr 21,13.
3 Vgl. Mk 13,22.
4 Tollheit, Verrücktheit, Dreistigkeit; Grimm, DWb
XXI, Sp. 642f.
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