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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0052
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Erzstift Bremen

unserer landsassen und undertanen sich solcher
gottslesterung bei den in der policeyordnung ein-
verleibten peenen und straffen hinfurder genzlich
enthalte, wie dan die prediger auf den kanzlen, sol-
chens mit sonderlicher andacht zu eyfern und die
zuhörer zur besserung und bueß getreulich zu ver-
manen und zu underrichten, sollen schuldig und
pfiichtig sein 12.

Do aber jemand darüber gefunden, soll derselbe
ohne gnade inhalts der mehr erwehnten key. poli-
ceyordnung am leben gestrafft werden 13.

Von fluchen und schweren 14.

Nachdem es auch leyder dieser zeit gemein, das
die leute bei der kraft und macht Gottes, dem leibe,
glieder, wunden, todt, marter und sacramenten
unsers Hern und seligmachers Jesu Christi oft
leichtfertiglich, freventlich und bößlich schweren
und fluchen, derhalben einer jeden obrigkeit bil-
lich soviel desto mehr und herter die zu straffen
gebüret, so wöllen wir hiemit ernstlich, das erst-
lich solche leichtfertige leute, wo sie über solch
schweren oder fluchen, es sey man oder frauesper-
sonen, durch eine oder mehr personen gefunden
und betretten werden, das sie nach inhalt des hey.
reichs ordnung freuntlich und christlich gebeten
und ermanet sollen werden, davon abzustehen und
sich dessen hinfuro zu enthalten, damit nicht nott
sei, solchs an die obrigkeit gelangen zu lassen. Wo

12 Vgl. Tit. I, § 1 der Reichspolizeiordnung von 1577:
So ordnen und wollen wir..., daß ein jede obrigkeit
ihren pfarrherrn und predigern befehle, das volk alle
Sontag fleißiglich zu warnen, daß sie die gottsläste-
rung... gänzlich vermeiden... (aaO.).

13 Tit. I, § 2 der Reichspolizeiordnung von 1577 ver-
fügte betr. den Gotteslästerer: der soll am leben oder
mit benehmung etlicher glieder, wie sich das nach
gelegenheit der personen und geübter gottslästerung,
auch ordnung der rechten, eignet und gebühret, pein-
lich gestrafft werden. Tit. I, § 7: Und so solcher ob-
gemeldter gottslästerer durch jemands, was stands
der wäre, hohen oder niedern, zu gebührender leib-
oder todstraff nit bracht werden möcht, derselb
gottslästerer, so er deß mit recht überwunden, soll
darumb ehrloß seyn... und dannocht nichtsdesto-
minder, wo es geschehen kan, peinlich, wie obstehet,
am leben oder gliedern, nach gestalt seiner verwir-
kung, gestrafft werden. Tit. I, § 8: So dann einer
obgemeldter gottslästerung halben rechtflüchtig
würde, soll nitdestominder gegen ihme und seinen

aber einer oder mehr under solchen lesterern und
leichtfertigen personen erfunden wurde, so von sol-
chem seinem schweren und fluchen nach gesche-
hener vermanung nicht abstehen wurde, soll es der
obrigkeit, geistlich oder weltlich, darunter ehr be-
griffen oder gesessen ist, nach gelegenheit der per-
sonen unvorzuglich angezeigt und der übertretter 15
zum ersten den pranger oder sonst eine öffentliche
stedte, in ein halßeisen geschlagen und der gemeine
vorgestellet oder sonst an geld gestraffet werden,
da aber keine besserung zu vormüten, etzliche tage
in den turm geworfen und des landeß verweiset
werden 16.

Von kirchenordnung 17.

Alß dan nach dem bevelich Christi vor allen din-
gen das reich Gottes zu suchen ist [Mt 6, 33], so soll es
in den kirchen und lehren Gottes worts und reichung
der heiligen sacrament und haltung christlicher ce-
remonien nach der ordnung und gebrauch, so wir
uns mit unsern geistlichen prelaten und landschaf-
ten verglichen 18, mit allem vleiß gehalten werden.

Und wen solcher gottesdienst in der kirchen ge-
halten wird, soll mittlerzeit kein wein, bier oder ge-
branter wein feil gehabt 19 noch geste darunder ge-
satzt oder gehalten werden, es sei dan, das ein kran-
ker oder wanderender mensch der etwas begerte;
dan demselbigen mag, was ehr begeret, woll ge-
reichet werden. So aber dawider gehandelt wurde,

gütern, wie sich in diesen fällen vermög der recht ge-
hührt, gehandelt werden (aaO. 380f.).

14 Das Kapitel lehnt sich eng an Tit. II der Reichs-
polizeiordnung von 1577 an (aaO. 381).

15 Reichspolizeiordnung von 1577, Tit. II: und der
ubertretter mit dem turn oder geldbuß, nach gestalt
seiner ubertrettung, ernstlich gestrafft werden (aaO.).

16 Tit. III der Reichspolizeiordnung von 1577 „Von
lästerung der mutter Christi und Gottes heiligen“
wird von unserer Ordnung übergangen. Sie läßt hier
ein Kapitel „Von den Juden“ folgen, das wir nicht
abdrucken. Die gen. Reichspolizeiordnung bringt als
Tit. XK „Von Jüden und ihrem wucher“ (aaO. 389f.).

17 Dieses Kapitel stimmt fast wörtlich mit dem ent-
sprechenden der Lüneburger Polizeiordnung von
1564 (Bl. A III) überein, besondere Abweichung bei
Anm. 18.

18 Die Lüneburger Polizeiordnung verweist hier auf die
Lüneburger KO von 1564 (Sehling VI, 1, 533ff.). -
Zu unserer Textstefle vgl. Einleitung, oben S. 11.

19 Eine ähnliche Bestimmung vgl. z. B. in folgenden

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