Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0080
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ministerium aufgenommen würde. Außer dem Senior Joachim Neander unterzeichneten alle Prediger
diese Artikel 33.

Im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Wiederherstellung der lutherischen Predigt nach
dem Abzug der reformierten Fremdlinge dürfte auch die älteste uns bekannte Stader KO zu sehen sein.
Schon Pratje meinte, daß sie nicht vor 1613 anzusetzen sei, da sie öfter auf eine Stadtordnung Bezug
nimmt, die Pratje mit dem Edikt zur Beschränkung des Aufwandes bei Taufen, Hochzeiten usw. vom
2./9. April 1613 identifizierte 34. Dies Edikt fußt freilich auf einer Stadtordnung entsprechenden Inhalts
vom 7. April 1590, die auch nicht die erste ihrer Art war, und wurde schon am 1. Oktober 1617 erneuert 35.
Einer frühen Ansetzungszeit der KO steht indessen schon die hochdeutsche Sprache, die erst um 1600
Eingang fand, entgegen, und insbesondere auf Grund der konfessionellen Verhältnisse wird man sie, im
allgemeinen mit Uhlhorn 36, ca. 1620/22 anzusetzen haben. Verpflichtete sie auch nicht auf die Kon-
kordienformel, so doch auf alle übrigen lutherischen Bekenntnisschriften mit ausdrücklicher Hervor-
hebung der unveränderten Augsburgischen Konfession. - Die KO ist zu lokalbedingt, als daß sich
engere verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen KOO aufzeigen ließen, wenngleich sich hier und da
eine gewisse Ähnlichkeit mit der Hamburger KO des Johannes Aepinus von 1539/56 und der Buxte-
huder KO von 1552 von demselben Verfasser ergibt. - Für die kirchlichen Rechtsverhältnisse läßt sich
der KO folgendes entnehmen: Ein Prediger wurde von den Oberältesten, Ältesten und Juraten (s. u.) der be-
treffenden Kirche gewählt, angenommen und eingesetzt. Das geistliche Ministerium mit dem Senior an
der Spitze kam im Saal zu St. Johannis zusammen, um dort Konsistorialsachen, wahrscheinlich haupt-
sächlich Angelegenheiten der Kirchenzucht, zu behandeln, Beratungen, Kolloquien und Examina ab-
zuhalten. Für die Behandlung schwieriger Eherechtsfragen war noch ein besonderes Konsistorium zu-
ständig, bestehend aus den vier Pastoren der Pfarrkirchen, zwei Bürgermeistern und zwei Gerichts-
verwaltern. Den vier Hauptpastoren lag auch die Aufsicht über die Schulen ob 37. - Die KO ist allem
Anschein nach damals nicht gedruckt worden. Sie befindet sich in Form von drei Abschriften in der
Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, von denen die älteste aus der zweiten
Hälfte des 17. Jh.s 38, die beiden anderen aus dem 18. Jh. stammen 39. Unter Zugrundelegung dieser drei
Abschriften ist die KO von Uhlhorn herausgegeben. Da die KO die älteste der Stadt Stade zu sein
scheint, auch die einzige rechte Handhabe ist, um tieferen Einblick in die kirchenrechtlichen Verhält-
nisse der Stadt zu gewinnen, wie sie sich seit der Reformation herausgebildet hatten, kommt sie trotz
ihres späten Datums unter Zugrundelegung der ältesten der Abschriften und unter Heranziehung der
beiden anderen Abschriften hier zum Abdruck: Text.

Endgültig besiegt war der Kryptocalvinismus in Stade auch jetzt noch nicht. Auch fehlte es nicht

33 Vgl. J. H. Pratje, Religions-Geschichte III, 1, 33—36; dazu Berichtigung einer die Bremische Kirchengeschichte
betreffenden Nachricht in: H. Schlichthorst, Beyträge II, 325—336; G. Uhlhorn, 275ff.; J.M. Reu I, 3,
1, 2, 809*f.

34 Vgl.J.H. Pratje, Herzogthümer Bremen und Verden V, 30; danach auch H. Schlichthorst, Grundriß, 329;
G. Uhlhorn, 258. — Vgl. den Titel und eine kurze Beschreibung des Ediktes bei J. H. Pratje-J. Lunecke,
Stada ecclesiastica II, 379 (Handschrift im Stadt-A. Stade); eine vollständige Abschrift im Stadt-A. Stade: KFach
3—4 Nr. 1 (das Edikt wurde am 2. April 1613 „von dem abgeordneten specialausschuß und deputirten der bürger-
schaft“ approbiert, am 9. April vom Rathaus publiziert); im übrigen W.H.Jobelmann-W. Wittpenning in:
Stader Archiv 5 (1875), 259ff.

35 Vgl. W. H. Jobelmann-W ,Wittpenning in: Stader Archiv 5 (1875), 259ff.; H. Brambach, 45. Der in Anm.
34 genannten vollständigen Abschrift der Ordnung von 1613 ist eine Kanzelabkündigung vom 5. April 1613 bei-
gegeben, die allgemein auf ältere Ordnungen und speziell auf die Ordnung vom 7. April 1590 Bezug nimmt. — Das
Edikt von 1617 befindet sich abschrifilich im Stadt-A. Stade: P Fach 47b Nr. 1; auch K Fach 3-4 Nr. 1 (dort z. T.
Bezeichnung der Anderungen gegenüber 1613). 36 Vgl. G. Uhlhorn, 278ff.

37 Am Gymnasium wurde die Schulaufsicht von den Ratsdeputierten, den sog. Scholarchen-das waren zwei Bürger-
meister und zwei Ratsherren - unter Assistenz der Hauptprediger ausgeübt; vgl. J. H. Pratje, Stadische Schul-
geschichte I, 17f. 38 Cod. Ms. jurid. 765 (II), dort Bl. 1-8.

39 Cod. Ms. jurid. 764 (I) und Cod. Ms. jurid. 170w.

48
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften