Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0054
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grafschaft Schaumburg

Breiten Raum nimmt die Frage der Verwaltung der Kirchengüter auch in der neuen Kirchenordnung
von 1614 ein, wo sie sowohl im zweiten Teil (im Abschnitt zu den Visitationen) als auch im fünften Teil (im
Rahmen der Versorgung der Pfarrer und Lehrer) zur Sprache kommt. Danach findet die jährliche Rech-
nungslegung nun vor dem Superintendenten statt, der bei seiner Aufgabe in den Städten durch den Bür-
germeister und Mitglieder des Rates und auf dem Land durch gräfliche Beamte unterstützt wird. Diesen
obliegt auch die Aufgabe, gegen säumige Schuldner mit obrigkeitlicher Gewalt (mit ernster, strenger Exe-
cution) vorzugehen. Den Kirchenpflegern wird eingeschärft, die zu den Kirchen und Pfarreien gehörigen
Güter nur im Falle eusserster noth zu veräußern. Pfarrer und Kirchenvorsteher nehmen dabei eine Aufsichts-
pflicht wahr76. Zum Schutz der Untertanen wird den Geistlichen und den Kirchenvorstehern ausdrücklich
verboten, von sich aus Zinsen und andere Abgaben auf verliehene Güter zu erhöhen77.
Anscheinend hatte Graf Ernst von Holstein-Schaumburg vor der Veröffentlichung der Kirchenordnung
nochmals eine Bestandsaufnahme der jährlichen Einkünfte und Ausgaben der einzelnen Pfarreien erstellen
lassen78. Das Ergebnis dieser Erfassung scheint befriedigend ausgefallen zu sein, da er zu dem Schluß
kommt, daß die Geistlichen seiner Grafschaft mehren teils [ein] reiches, ins gemein aber zimblichs ehrlichs
auskommen hätten79. Nochmals bestätigt wurde von ihm die Befreiung der Kirchengüter vom Landschatz
und von den Reichssteuern80.
Auch in den beiden 1615 von Graf Ernst veröffentlichten Ordnungen, der „Amts- und Hausordnung“
und der „Polizeiordnung“81, wird das Thema Kirchengüter aufgegriffen. In beiden Fällen steht dabei die
jährliche Rechnungslegung im Vordergrund. Die Amtsleute werden ausdrücklich ermahnt, bei der zusam-
men mit dem Superintendenten vorgenommenen Prüfung der Rechnungen keine Geschenke anzunehmen
oder kostspielige Gastmähler abzuhalten82. Über die vor dem Erlaß der Kirchenordnung vorgenommene
Dokumentation hinaus sollen die Amtsleute auf dem Land und die Bürgermeister und Magistrate in den
Städten nun systematisch Inventare sämtlicher Kirchengüter und der aus ihnen erzielten Einnahmen anle-
gen. Ein Exemplar des Inventars soll an die gräfliche Kanzlei geschickt werden, das andere im jeweiligen
Amt verbleiben83. Da es bei der Umsetzung dieser Anweisung in den einzelnen Gemeinden offenbar zu
Schwierigkeiten kam, wurde der Superintendent Johann Michelbach durch die Räte des Grafen aufgefor-
dert, bei seiner nächsten Inspektionsreise die Pfarrer und Kirchenvorsteher zur Anlage der geforderten
Inventare und zur Übersendung eines Exemplars an die Kanzlei anzuhalten.
4. Weisung an die Konvente in Fischbeck und Obernkirchen zur Beachtung der Kirchenordnung und zur
Abstellung der Messe und anderer Zeremonien, 22. Dezember 1562 (Text S. 59)
Unterstützung in seinem Widerstand gegen die Reformation erfuhr der Propst Johannes Kostken durch die
Konventualinnen des Stifts Obernkirchen84. Das zwischen Bückeburg und Stadthagen gelegene Stift war
der bedeutendste Frauenkonvent der Grafschaft Schaumburg. Aber auch im Stift Fischbeck85, unweit von
Hameln angesiedelt, zeigte sich bei den Konventualinnen große Skepsis gegenüber den Neuerungen. Die
Reformation wurde von ihnen als Bedrohung ihres traditionellen Lebens aufgefaßt86. Sie fürchteten das

76 Vgl. Nr. 21, S. 145f.
77 Ebd., S. 166.
78 Fürs dritte haben wir fleissige erkundigung einziehen lassen,
was für intraden, reditus und stehende auffkünfte die Pfar-
ren [...] jährlich einzuheben haben.
79 Vgl. Nr. 21, S. 166.
80 Ebd., S. 166.
81 Beide Ordnungen sind abgedruckt im ersten Band der

Landesverordnungen als Nr. 21 (S. 184ff.) und Nr. 22
(S. 240ff.).
82 Landesverordnungen 1, Nr. 21, S. 232.
83 Ebd., Nr. 22, S. 263.
84 Zu Obernkirchen vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 3,
S. 1109-1115 und Brosius, Stift Obernkirchen.
85 Zu Fischbeck vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 1,
S. 410-417 und Oldermann, Stift Fischbeck.
86 Vgl. Oldermann, Stift Fischbeck, S. 97f.

34
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften