Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0100
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Grafschaft Schaumburg

bezwungener, guter, freier wille sey, also und nicht
anders zu contrahiren, alsdann darauf der contra-
henten handschlag erfolgen, die arrhae13 gegeben
und alsobald braut und breutigam und ihre eltern
mit dem beystand, als viel deren des schreibens kun-
dig, und mit dem notario oder concipienten den ehe-
receß unterzeichnen sollen. Wann denn das also |48r|
geschehen, und nicht eher, mag man das lobel-
bier14 darüber trinken oder dasselbige unterlaßen.
Und ist alsdann erst von solchen verlöbnißen zu hal-
ten, daß sie seyn verbindlich und de praesenti. Es
kann denn auch hernach zu jederzeit aus dem un-
terschriebenen exemplar der ehereceß gedoppelt ge-
fertiget werden, worin der schreiber mit dem salario
die contrahenten nicht soll übersetzen15, worauf der
rath in den städten soll gute achtung geben.
Dabevor aber und ehe solche requisita vorhergan-
gen, soll man kein ehegelobt pro praesenti, sondern
de futuro achten, und darnach in unserm consistorio
von unsern räthen und den adiunctis pastoribus er-
kannt und dies also für unsere gemeine constitution
und landesordnung ge- |48v| halten werden.
Auf unsern dörfern aber ist bereit [sic] unsere ord-
nung promulgiret, daß keiner daselbst sich unter-
stehen soll, einige eheberedung zu machen, viel we-
niger zu schließen, es geschehe dann vor unsern
beamten und der contract werde deutlich zu buche
geschrieben, wofür dem schreiber jederzeit ein
ortt16 des thalers gebühret. Und wird in der ordnung
vermeldet, daß unsere amten17 von den höfen nichts

d Gestr. in A: und contrahenten auch vormünder.
e Gestr. in A: Aufschrift: Begrif unsers gnädigen herrn
constitution über den ehebverlöbnißen de anno 1594.

13 Mit arra (auch arrha) wird eine Geldsumme bezeichnet,
die geleistet wird, um den Abschluß oder die Erfüllung
eines Vertrags (hier der Verlobung) zu sichern. Vgl. Lex.
d. MA. 1, Sp. 1025.
14 Verlobungstrunk, s. Schiller / Lübben 2, S. 735 (s.v.
lovelber).

sollen erblich, ohn allein in nötigen fällen leibzuchts-
weise18, reißen oder abtheilen laßen, worbey es billig
verbleibet.
Weil sich aber auch seither befunden, daß nicht alle
personen, so dazu gehören, als eltern und |49r| con-
trahenten, auch vormünderd und nechst verwand-
ten, jederzeit dabey seyn, imgleichen daß es nicht
erst concipiret und den partheyen deutlich vorgele-
sen und dann in ihrem beywesen zu buch geschrie-
ben wird, woraus seither in etzlichen fällen nicht ge-
ringer streit erfolget, so soll man es damit halten,
wie oben vermeldet, und auch, wo müglich, den pa-
storen eines jeden orts, wo die leute geseßen, mit
dazu erfordern und hierin kein gefährde19 gebrau-
chen.
Wenn dann ein ehehandel also richtig traktiret, be-
schlossen und zu buch geschrieben, soll auch dersel-
be pro praesenti und für verbindlich gehalten und in
gerichten dafur ertheilet werden20. Da aber parthey-
en anders mit ehesachen umgiengen, |49v| wird man
dieselben nicht anders dann pro futuris achten. Und
haben sich die streitende theile, so hernach hierüber
uneinig werden, selbst beyzumeßen21, daß sie lieber
ihrem eigen gutachten22 denn unser landesordnung
haben folgen wollen.
Das ist also unser ernster wille und meinung, der
unser unterthanen sollen gehorsamblich geleben und
nachsetzen. Geben unter unsern secrete.

15 Übervorteilen, s. Grimm, DWb 23, Sp. 547.
16 Viertel.
17 Amtsleute, s. FWb 1, Sp. 944.
18 Als lebenslängliches Nutzungsrecht, s. DRW 8, Sp. 1121-
1123 und 1126.
19 Mißbrauch, Betrug, s. FWb 6, Sp. 425f.
20 Erklärt werden, s. DRW 3, Sp. 296.
21 (Als Schuld) zuzuschreiben, s. FWb 3, Sp. 930.
22 Ermessen, Belieben, s. FWb 7, Sp. 740.

80
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften