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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0131
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21. Kirchenordnung

So du nun also das Evangelium hörest und dich mit
Glauben an den Herrn Christum sterckest, spricht
er selbst diesen trost in dein Hertz, das dir Gott
gnedig sey, wie er offt spricht im Evangelio: Deine
Sünde sind dir vergeben75, und ist in dir und lesset
dich nicht in die Helle versincken, gibt auch den
heiligen Geist, das du Frewde an Gott hast. Unnd
also erkennet dein Hertz Gottes gegenwertigkeit
und Gnade durch den Sohn, der durchs Evangelium
dir Gottes Gnade im Hertzen zeiget und durch den
heiligen Geist dir Frewde gibt an Gott und dich trei-
bet |46| zur anruffung unnd zu gehorsam gegen Gott.
Also lehren die Sprüche: 1. Johan. 5 [12]: Wer den
Sohn hat, der hat das Leben. Und also hastu den
Sohn Gottes, so du an ihn gleubest und durch das
Evangelium Trost empfahest. Item 1. Johan. 4e [13]:
Dabey erkennen wir, das wir in ihm bleiben und er
in uns, denn er gibt uns von seinem Geist. Galat. 3
[2.5]: Daß wir die verheissung des Geistes empfahen
durch den Glauben.
Unnd ist die Regel Athanasii sehr wol zumercken,
welche also lautet: Wo geschrieben ist, das der hei-
lige Geist in jemand sey, soltu wissen, daß er durch
das Wort in ihm ist. Und redet vom Sohn Gottes,
der das Hertz erleuchtet. Und wird also Gottes Er-
kentnus, Liebe und Frewde an Gott in uns durch
den Sohn unnd heiligen Geist. Und diß geschicht, so
man in warhafftigen schrecken das Evangelium mit
glauben annimmet. Also geschicht in uns die Wie-
dergeburt unnd wird das Hertz Gottes Wohnung,
wie Joh. 14 [23] geschrieben ist: Wer mich |47| liebet,
der wird meine Rede bewaren, und mein Vater wird
ihn lieben, unnd wir wollen zu ihm kommen und
Wonung bey ihm machen. Und Ephes. 1 [22-23]: Er
ist das Heupt der Kirchen, die sein Leib ist, und er
wircket alles in allem. Item Eph. 3 [16-17]: Das ihr
durch seinen Geist gesterckt werdet, das Christus in
eweren Hertzen wohne durch den glauben. 2. Cor. 3
[18]: Nun aber schawen wir in des Herrn Klarheit
wie in einem Spiegel, mit auffgedecktem Angesicht,
e Druck: 5.
75 Siehe Mk 2,5.9par.

und werden wir verkleret in dasselbige Bild von ei-
ner Klarheit in die ander, als vom Geist des Herrn.
Hie sind alle Personen ordentlich angezeiget: Der
ewige Vater, welchen er nennet den Herrn; sein Bild
unnd Klarheit oder Glantz ist der Sohn, der uns Er-
kentnus gibt des Vaters; und der heilige Geist, der
unsere Hertzen stercket, das sie in dieser Erkentnus
bleiben unnd nicht daraus fallen, sondern vor unnd
vor gleichförmiger werden dem Wort, das dem ewi-
gen Vater gleich ist und ihn offenbaret. Dieses sol-
|48| len Christliche Hertzen in rechter bekehrung und
ernstlichem Trost vor und vor lernen.
Ob diese Rede recht sey: Allein durch Glauben
werden wir gerecht?
Antwort: Diese Rede: Sola fide iustificamur, das ist:
Allein durch den Glauben werden wir gerecht, ist
eben diese Rede: Gratis iustificamur fide, ohn unser
Verdienst werden wir für Gott gerecht, das ist: Ohn
unser Verdienst haben wir vergebung der Sünden
und sind Gott gefellig umb des Herrn Christi willen
durch den glauben76. Und ist diese Rede recht unnd
mit dem Wort ’gratis’ in S. Paulo offt außge-
druckt77. Und können unsere Superintendenten die
Ordinanden auß dieser Quaestion außführlich exa-
miniren und mit ihnen conferiren. |49|
Worumb muß man die Exclusivam Gratis
oder Sola fide erhalten?
Antwort: Eben darumb, dann dieser Trost ist
der hohe trost, der im Evangelio geoffenbaret ist,
unnd ist durch das Wort ’Gratis’ offt außgedruckt.
Und die Propheten haben diese meinung mit der
Negativa geben Psalm. 143 [2]: Kein lebendiger ist
gerecht für dir.
Unnd wie unser Verdienst außgeschlossen ist, also
muß dagegen der Verdienst und die versühnung des
Herrn Christi gegen Gottes zorn gehalten werden.
76 Vgl. den Art. 4 „De iustificatione“ der „Confessio Au-
gustana“ (BSELK, S. 99).
77 Vgl. z.B. Röm 3,24.

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