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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0132
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Grafschaft Schaumburg

Darumb sprechen wir offt also: Vier Ursachen sind,
darumb die Exclusiva zu erhalten nötig ist:
Die erste ist, Daß dem Herrn Christo seine Ehre, die
ihm allein gebürt, gegeben werde. |50| Die ander, daß
wir in Erkentnus unser Sünde und warhaftigem
schrecken gewissen Trost haben, wie ihn Gott im

Evangelio geoffenbaret hat. Die dritte, Das rechte
anruffung zu Gott geschehen könne, im vertrawen
auff den Mittler Christum und nicht auff eygene
Heiligkeit. Die vierdte, Gesetz und Evangelium klar
zu unterscheiden, dann das Gesetz spricht nicht
’Gratis’.

Von guten Wercken

Welche Wercke sol man lehren und thun?
Antwort: Die Gott in seinen Zehen Geboten gelehret
und gebotten hat. Und sollen die Zehen Gebot er-
kleret unnd |51| verstanden werden, wie sie der Herr
Christus selbst und die Apostel offt ercleren.
Und damit wir Trost haben in dieser grossen
Schwachheit, sol man auch von Göttlicher hülffe
wissen, das gewißlich der Herr Christus, so wir in
rechter Bekehrung getröstet werden unnd ihn an-
ruffen, seinen heiligen Geist gibet, daß er in uns
rechte Gottesfurcht, Glauben, Frewde an Gott, Lie-
be, Keuschheit und andere Tugenden anzünde. Also
geschehen gute Wercke mit Göttlicher hülffe. Und
werden die Gleubigen wunderbarlich bewaret durch
den Herrn Christum, der sie gewaltiglich schützet
wider die Teuffel und erhelt sein armes Heufflein in
so mancherley Fehrligkeit78, Verfolgung, Krieg und
zerstörung der grossen Königreich, wie er spricht:
Niemand wird meine Schäflein aus meinen Händen
reissen79. |52|
Wie gefallen die guten Wercke Gott, so
wir doch alle noch in diesem Leben
Sünde und grosse Schwachheit an uns haben?
Antwort: Die guten Wercke gefallen Gott durch den
Glauben an den Herrn Christum. Und dieses soltu
erkleren mit diesen dreyen Artickeln:

78 Gefahr, s. Grimm, DWb 3, Sp. 1261f.
79 Joh 10,28.
80 1Joh 1,8.

Erstlich soltu gleuben, das Gott deine arme, elende
Persohnen aus gnaden umb des Herrn Christi wil-
len, ohn dein Verdienst, angenommen hat durch den
Glauben, unnd das die Persohn also gerecht, das ist:
Gott gefellig, sey umb des Herrn Christi willen.
Zum andern soltu wissen, bekennen unnd mit
warhafftigem Schmertzen beklagen, das noch in dir
viel Sünde sind, viel unwissenheit unordentlicher
Flammen, Verseumnus unnd |53| sicherheit, das dein
Hertz nicht so grosse Gottesfurcht, Glauben, Liebe
und Hoffnung hat, wie wir haben solten, wie in Jo-
hanne geschrieben ist: Wenn wir sprechen, das nicht
Sünde in uns ist, so betriegen wir uns selbst, unnd
ist die Warheit nicht in uns80.
Zum dritten soltu wissen, das gleichwol Gottes
ewiger unnd unwandelbarer Wille ist, daß wir ihm
gehorsam seyn sollen und das in den Bekehrten der
gehorsam angefangen seyn muß, wie dieses auch in
den Eydt gefasset ist: So war ich lebe, spricht der
Herr, wil ich nicht, daß der Sünder sterbe, sondern
daß er bekehret werde und das Leben habe81.
Nun ist öffentlich, das in solchem Hertzen nicht Be-
kehrung ist, das in Sünden wider gewissen verhar-
ret. Unnd ist gewißlich Göttliche, unwandelbare
Warheit, daß die Bekehrung zu Gott in diesem Le-
ben vor dem Tode geschehen muß, Wie der Spruch
saget: Wir werden überkleidet, so wir nicht bloß ge-
funden werden. Und bleibet das schreckliche Ge-
richt fast über die |54| Unbekehrten. Last euch nicht
verführen; die Hurer, Ehebrecher, Abgöttische etc.
werden das Reich Gottes nicht besitzen82.
81 Hes 18,23 und 33,11.
82 1Kor 6,9-10.

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