2. Bericht der Stadt Nürnberg für den Goslarer Rat
2. Bericht der Stadt Nürnberg für den Goslarer Rat über die reformatorischen
Änderungen in Nürnberga
[30. März 1528]1
Verzceignus der gheenderten mißpreuch und cerimonien, so in crafft des worth Gots
zu Nurenberg abgestelt und gebessert seyen
Erstlich hath ein erbarer rathe daselbst die vor-
nembsten pharrenkirchen und frauwen closter myt
christenlichen, gelertern mennern, erbars geruch-
tes2 und wandels, der auch in der thall acht seyn,
vorsehen, die das wordt Gotts und heylig evangelion
dem volgk rayn, lauter und christenlich predigen
und furtragen, zu denen das meyste tayl alles vol-
ckes in Nurenberg, auch auß den nahen gelegen
dorffern umme die stadt, pflegt zulaufen, die auch
auß solicher verkundung des heyligen evangelions
und krefftigher mitwurgkung und erleuchtung got-
licher gnaden dermassen unterricht werden, das
nachfolgent alle andere christenliche endrunge und
ordenunge dester leichter folgen. Dan rechte vor-
kundunge des gotlichen worts ist das haubtstugke
und der grundt unsers christenthumbs, darane es
auch alles gelegen ist.
Und dieße prediger alle predigen auch alle Sontag
und feyrtag samentlich, etliche frue, etliche darnach
und dan etliche derselben nach volbrachter malzeit,
also das nicht alleyn die haußvater, sonder auch ire
weyber, kynder, mayt und knecht, ob sie wollen,
unvorhindert der zceit und hausgescheffte das wordt
Gotts horen mogen.
Desgleichen sinth auch ausserhalb der feyrtag die
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Goslar B 4565 (ohne
Blattzählung). Abdruck: Smend, Messen, S. 170-175;
Quellen zur Nürnberger Reformationsgeschichte,
Nr. 262, S. 440-447.
1 Das Schreiben, mit welchem der Nürnberger Rat das
„Verzceignus der gheenderten mißpreuch und cerimoni-
en“ nach Goslar übersandte, stammt vom 30. März
1528, s. die Einleitung S. 187.
2 Rufes, Leumunds, s. FWb 6, Sp. 1167-1169.
3 Verteilt, s. FWb 2, Sp. 1457f.
predigen und vorkundigung des wort Gotts durch
die gantzen wochen außgetaylt3, alßo das alle werg-
kentag wochenlich in ayner kirchen umme die an-
dern christenlichen predigen von den obgedachten
acht predigern beschehen.
Und dieweyl ein radte im wergk befunden hatt, zu
was unschigklicheit zutrennung4 bruderlicher liebe
und burgerlichen friedens furdert, wo men zusihet
und geduldet, das dem volgk ungleiche predigen fur-
getragen und den predigern zugelassen wurdet, ire
meynung, opinion, irrsal und zwurmereyen5 | zuver-
fechten, nachdemm auß ungleicheit der getaylten
predigen vonnoten ein mergliche ungleicheit der zu-
horenden menschen hertzen und gemueth folgen
muß, so hat ein erbar rat, vor guter weyl und als die
ordens leuth in iren closteren noch in ubung wa-
ren6, ire alte menschliche satzung, statut, regelen
und sophistreyen dem reynen und lautern wort
Gotts furzusetzen und das offentlich von den cant-
zelen irer kirchen, auch heymelich in den wingkeln
und in der beycht, zuverkunden, christlicher guter
maynung und auß not vorstents unrats7 under irer
gemayn furgenohmen, alle ire predicanten in irer
stadt, von layen priestern und ordensleuten sampt
den pfarrern und allen andern iren geystlichen, fur
sie und den grossern radt der stadt Nurenberg, so
4 Auflösung, s. Lexer 3, Sp. 1089.
5 Schwärmereien. Zu den Auseinandersetzungen mit den
schwärmerischen Bewegungen in Nürnberg vgl. See-
bass, Osiander, S. 111-135.
6 In den Jahren 1524/25 lösten sich die meisten Klöster
auf und die Konvente übergaben dem Rat ihr Vermögen.
Gegen die Klöster, die sich wie St. Katharina und
St. Klara widersetzten, ging der Rat mit Härte vor. Vgl.
TRE 24, S. 702; Sehling, EKO XI, 21.
7 Schadens, Gefahr, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1231.
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2. Bericht der Stadt Nürnberg für den Goslarer Rat über die reformatorischen
Änderungen in Nürnberga
[30. März 1528]1
Verzceignus der gheenderten mißpreuch und cerimonien, so in crafft des worth Gots
zu Nurenberg abgestelt und gebessert seyen
Erstlich hath ein erbarer rathe daselbst die vor-
nembsten pharrenkirchen und frauwen closter myt
christenlichen, gelertern mennern, erbars geruch-
tes2 und wandels, der auch in der thall acht seyn,
vorsehen, die das wordt Gotts und heylig evangelion
dem volgk rayn, lauter und christenlich predigen
und furtragen, zu denen das meyste tayl alles vol-
ckes in Nurenberg, auch auß den nahen gelegen
dorffern umme die stadt, pflegt zulaufen, die auch
auß solicher verkundung des heyligen evangelions
und krefftigher mitwurgkung und erleuchtung got-
licher gnaden dermassen unterricht werden, das
nachfolgent alle andere christenliche endrunge und
ordenunge dester leichter folgen. Dan rechte vor-
kundunge des gotlichen worts ist das haubtstugke
und der grundt unsers christenthumbs, darane es
auch alles gelegen ist.
Und dieße prediger alle predigen auch alle Sontag
und feyrtag samentlich, etliche frue, etliche darnach
und dan etliche derselben nach volbrachter malzeit,
also das nicht alleyn die haußvater, sonder auch ire
weyber, kynder, mayt und knecht, ob sie wollen,
unvorhindert der zceit und hausgescheffte das wordt
Gotts horen mogen.
Desgleichen sinth auch ausserhalb der feyrtag die
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Goslar B 4565 (ohne
Blattzählung). Abdruck: Smend, Messen, S. 170-175;
Quellen zur Nürnberger Reformationsgeschichte,
Nr. 262, S. 440-447.
1 Das Schreiben, mit welchem der Nürnberger Rat das
„Verzceignus der gheenderten mißpreuch und cerimoni-
en“ nach Goslar übersandte, stammt vom 30. März
1528, s. die Einleitung S. 187.
2 Rufes, Leumunds, s. FWb 6, Sp. 1167-1169.
3 Verteilt, s. FWb 2, Sp. 1457f.
predigen und vorkundigung des wort Gotts durch
die gantzen wochen außgetaylt3, alßo das alle werg-
kentag wochenlich in ayner kirchen umme die an-
dern christenlichen predigen von den obgedachten
acht predigern beschehen.
Und dieweyl ein radte im wergk befunden hatt, zu
was unschigklicheit zutrennung4 bruderlicher liebe
und burgerlichen friedens furdert, wo men zusihet
und geduldet, das dem volgk ungleiche predigen fur-
getragen und den predigern zugelassen wurdet, ire
meynung, opinion, irrsal und zwurmereyen5 | zuver-
fechten, nachdemm auß ungleicheit der getaylten
predigen vonnoten ein mergliche ungleicheit der zu-
horenden menschen hertzen und gemueth folgen
muß, so hat ein erbar rat, vor guter weyl und als die
ordens leuth in iren closteren noch in ubung wa-
ren6, ire alte menschliche satzung, statut, regelen
und sophistreyen dem reynen und lautern wort
Gotts furzusetzen und das offentlich von den cant-
zelen irer kirchen, auch heymelich in den wingkeln
und in der beycht, zuverkunden, christlicher guter
maynung und auß not vorstents unrats7 under irer
gemayn furgenohmen, alle ire predicanten in irer
stadt, von layen priestern und ordensleuten sampt
den pfarrern und allen andern iren geystlichen, fur
sie und den grossern radt der stadt Nurenberg, so
4 Auflösung, s. Lexer 3, Sp. 1089.
5 Schwärmereien. Zu den Auseinandersetzungen mit den
schwärmerischen Bewegungen in Nürnberg vgl. See-
bass, Osiander, S. 111-135.
6 In den Jahren 1524/25 lösten sich die meisten Klöster
auf und die Konvente übergaben dem Rat ihr Vermögen.
Gegen die Klöster, die sich wie St. Katharina und
St. Klara widersetzten, ging der Rat mit Härte vor. Vgl.
TRE 24, S. 702; Sehling, EKO XI, 21.
7 Schadens, Gefahr, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1231.
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