Goslar
man die Genannten des grossern rats8 nent, zuerfur-
dern und an dieselben predicanten und ubersten
vorsteher der closteren gesynnen9 lassen, aynem
radt auff etliche vorzceichente artickel, darynn die
haubtsumme der gantzen schrifft, auch ein recht cri-
stenlich wesent vorfast gewest10, antwurt und un-
terrichtung zuthun, was sie derselben artickel hal-
ben fur sich selbst gelaubten und hielten, auch mit
hayliger biblischer schrifft getrawten zuerhal-
ten11, deßgleichen, wie ein ider auß inen seyne be-
fholne unterthanen, predig- und beichtkinder soli-
cher artickel halben bißhero gelernet12 und
underweist hett und hinforo zu lernen und zu unter-
richten forhette. Weyl aber die ordenßleuth zustuntt
das licht geflohen, sich in solichs christenliche hand-
lung nit einlassen oder aynigen bestendigen grundt
auß der schrifft anzeigen wollen, hatt ein erbar rat
bey denselben widerwertigen predigern das offenlich
predigen auß tapffern13, guten ursachen so lang ab-
gestelt, biß sie ire lehren und maynungen zur not-
turfft beweisen und erhielten, und damit gefurderth,
das an allen orten in der stadt Nurenberg einhellige,
gleiche predige gotlicher warheit gehalten werden,
unvermischet der teglichen farlichen14 irsalen und
swurmereyen, so der teuffel als ein hasser des fridens
under das gemeyn christenlich heuffle mit beden sa-
cramenten, der teuff und nachtmals Christi, auch
anderen doruß folgenden grossen irthumben, einge-
sehet hatt15, welches ich nit fur den geringsten, ya
den besten und nutzlichsten schatz zu Nurenberg
acht. Godt wolle den mehren und erhalten. Amen. |
b Hs.: in in.
8 Die acht Alten Genannten waren ein Kollegium inner-
halb des Großen Rats, das sich aus Mitgliedern des Pa-
triziats zusammensetzte.
9 Auffordern, verlangen, s. FWb 6, Sp. 1531.
10 Auf Verlangen des Nürnberger Rates hatten die evan-
gelischen und die altgläubigen Geistlichen der Reichs-
stadt Anfang 1525 jeweils eine Sammlung von Artikeln
für eine geplante Disputation eingereicht. Im Auftrag
der Ratsherren nahm Andreas Osiander eine Redaktion
der eingereichten Artikel vor. Das Ergebnis waren die
„Zwölf Artikel“, die den beiden Parteien am 21. Februar
von Abgeordneten des Rates übergeben und kurz darauf
auch gedruckt wurden. Die „Zwölf Artikel“ sind veröf-
Dergleichen hatt auch ein rathe in ire stadt, margkt
und flegken, auch die grossisten dorfer auffm
land16 , allenthalben christenliche, evangelische pre-
diger verordent, die zuvorer zu Nurenberg durch die
vorstendigen predicanten examinert und pro-
birt17 wurden, ob sie inb heyliger gotlicher schrifft
gegrundt und der swurmeryen und secten, der rot-
tengeyster und widderteufer nit vorwant, die von
sacrament des leibs und bluts Christi rechten chri-
stenlichen vorstant haben und zu eyniger auffrur nit
geneigt seyn. Dan nichtes ist, das mangelich18 im
frieden und guter ordenung bestendiglicher erhalten
mag, dan eyn heylige predig gotlichs worts, das ein
worth des friedens und eynigkeit und nit der auf-
ruren ist, herwiderumb nichts, das ehr zur trennung,
uneynigkeit und emporung bey den underthanen
und zuhorenden verursachen mag, dan ungleiche,
gespaltene verkundunge des worts. Dan wye das
worth getaylt ist, also mussen auch dardurch die
menschlichen hertzen der zuhorenden underscheiden
und getaylt werden, und auß der noth, widderwer-
tigkeit, unfrieden und zertrennung und ain irsall
auß der andern folgen, wie dan menniglich, wo der
nit gantz plinth und zuchtloß sein will, seyn19 und
bekennen muß, was unrats, neidt, haß, zertaylung
alles burgerlichen friedens, widderwertigkeit, zer-
trennung bruderlicher liebe und vermutlicher ab-
fhall erberer pollicey20 und regiment bißhero auß
dem irsall des sacraments, so der teuffel durch seyne
prediger und lerer, die mehr irer vornunfft, schigk-
licheit21 und kunst dan den einfeltigen worten Chri-
fentlicht in Osiander, Gesamtausgabe 1, S. 460-463
(ebd., S. 454-457 zur Geschichte ihrer Entstehung).
11 Belegen, beweisen, s. DRW 3, Sp. 198f.
12 Gelehrt, s. FWb 9,1, Sp. 1013f.
13 Gewichtigen, s. Grimm, DWb 21, Sp. 135.
14 Gefährlichen.
15 Vgl. Mt 13,37-39.
16 Zu dem ausgedehnten Territorium der Stadt Nürnberg
vgl. Wolfgang Wüllner, Das Landgebiet der
Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1970.
17 Geprüft, s. FWb 4, Sp. 1155f.
18 Alles, s. Grimm, DWb 12, Sp. 1591 (s.v. männiglich).
19 Sehen.
20 Ordnung, s. FWb 4, Sp. 746f.
21 Geschick.
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man die Genannten des grossern rats8 nent, zuerfur-
dern und an dieselben predicanten und ubersten
vorsteher der closteren gesynnen9 lassen, aynem
radt auff etliche vorzceichente artickel, darynn die
haubtsumme der gantzen schrifft, auch ein recht cri-
stenlich wesent vorfast gewest10, antwurt und un-
terrichtung zuthun, was sie derselben artickel hal-
ben fur sich selbst gelaubten und hielten, auch mit
hayliger biblischer schrifft getrawten zuerhal-
ten11, deßgleichen, wie ein ider auß inen seyne be-
fholne unterthanen, predig- und beichtkinder soli-
cher artickel halben bißhero gelernet12 und
underweist hett und hinforo zu lernen und zu unter-
richten forhette. Weyl aber die ordenßleuth zustuntt
das licht geflohen, sich in solichs christenliche hand-
lung nit einlassen oder aynigen bestendigen grundt
auß der schrifft anzeigen wollen, hatt ein erbar rat
bey denselben widerwertigen predigern das offenlich
predigen auß tapffern13, guten ursachen so lang ab-
gestelt, biß sie ire lehren und maynungen zur not-
turfft beweisen und erhielten, und damit gefurderth,
das an allen orten in der stadt Nurenberg einhellige,
gleiche predige gotlicher warheit gehalten werden,
unvermischet der teglichen farlichen14 irsalen und
swurmereyen, so der teuffel als ein hasser des fridens
under das gemeyn christenlich heuffle mit beden sa-
cramenten, der teuff und nachtmals Christi, auch
anderen doruß folgenden grossen irthumben, einge-
sehet hatt15, welches ich nit fur den geringsten, ya
den besten und nutzlichsten schatz zu Nurenberg
acht. Godt wolle den mehren und erhalten. Amen. |
b Hs.: in in.
8 Die acht Alten Genannten waren ein Kollegium inner-
halb des Großen Rats, das sich aus Mitgliedern des Pa-
triziats zusammensetzte.
9 Auffordern, verlangen, s. FWb 6, Sp. 1531.
10 Auf Verlangen des Nürnberger Rates hatten die evan-
gelischen und die altgläubigen Geistlichen der Reichs-
stadt Anfang 1525 jeweils eine Sammlung von Artikeln
für eine geplante Disputation eingereicht. Im Auftrag
der Ratsherren nahm Andreas Osiander eine Redaktion
der eingereichten Artikel vor. Das Ergebnis waren die
„Zwölf Artikel“, die den beiden Parteien am 21. Februar
von Abgeordneten des Rates übergeben und kurz darauf
auch gedruckt wurden. Die „Zwölf Artikel“ sind veröf-
Dergleichen hatt auch ein rathe in ire stadt, margkt
und flegken, auch die grossisten dorfer auffm
land16 , allenthalben christenliche, evangelische pre-
diger verordent, die zuvorer zu Nurenberg durch die
vorstendigen predicanten examinert und pro-
birt17 wurden, ob sie inb heyliger gotlicher schrifft
gegrundt und der swurmeryen und secten, der rot-
tengeyster und widderteufer nit vorwant, die von
sacrament des leibs und bluts Christi rechten chri-
stenlichen vorstant haben und zu eyniger auffrur nit
geneigt seyn. Dan nichtes ist, das mangelich18 im
frieden und guter ordenung bestendiglicher erhalten
mag, dan eyn heylige predig gotlichs worts, das ein
worth des friedens und eynigkeit und nit der auf-
ruren ist, herwiderumb nichts, das ehr zur trennung,
uneynigkeit und emporung bey den underthanen
und zuhorenden verursachen mag, dan ungleiche,
gespaltene verkundunge des worts. Dan wye das
worth getaylt ist, also mussen auch dardurch die
menschlichen hertzen der zuhorenden underscheiden
und getaylt werden, und auß der noth, widderwer-
tigkeit, unfrieden und zertrennung und ain irsall
auß der andern folgen, wie dan menniglich, wo der
nit gantz plinth und zuchtloß sein will, seyn19 und
bekennen muß, was unrats, neidt, haß, zertaylung
alles burgerlichen friedens, widderwertigkeit, zer-
trennung bruderlicher liebe und vermutlicher ab-
fhall erberer pollicey20 und regiment bißhero auß
dem irsall des sacraments, so der teuffel durch seyne
prediger und lerer, die mehr irer vornunfft, schigk-
licheit21 und kunst dan den einfeltigen worten Chri-
fentlicht in Osiander, Gesamtausgabe 1, S. 460-463
(ebd., S. 454-457 zur Geschichte ihrer Entstehung).
11 Belegen, beweisen, s. DRW 3, Sp. 198f.
12 Gelehrt, s. FWb 9,1, Sp. 1013f.
13 Gewichtigen, s. Grimm, DWb 21, Sp. 135.
14 Gefährlichen.
15 Vgl. Mt 13,37-39.
16 Zu dem ausgedehnten Territorium der Stadt Nürnberg
vgl. Wolfgang Wüllner, Das Landgebiet der
Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1970.
17 Geprüft, s. FWb 4, Sp. 1155f.
18 Alles, s. Grimm, DWb 12, Sp. 1591 (s.v. männiglich).
19 Sehen.
20 Ordnung, s. FWb 4, Sp. 746f.
21 Geschick.
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