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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0324
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Goslar

21. Visitationsordnunga
1. Juni 1554
1554 Calen[dis] Iunii
Visitatio ader besuchung der gemeyne Gottes,
so alhier zu Goslar wurdt versamblet

In dieser visitation ist notyk, das man sechs stuck
furnheme und handele und erkunde eyn ieglichs, obs
an eynem mangele:
[1.]
Zum erstenn furnemblich ist notigk, das man acht
auf die lehre gebe und darnach frage, obs unter den
predigern ader den zuhoerern daran mangele. Und
in diesem stuck soll man nach dieser ordenung prae-
diren und fortfarenn:
1. Erstlich, man erhore1 die pastorn und die dia-
con, ob sie die hauptartickel verstehen und dem
volgk furtragen und reyn lehrett. |
2. Ob ettliche rotten und secten hie seynt, als
wydderteuffer, sacramentierer, schwermer ader an-
dere2.
Darnach sol man auch nach yhrem ambt forschenn:
3. Ob die kyrchendiener yres ampts whartenn
mit predigen und sacrament reichen, myt krancken
zutrosten, ob sie auch die privat absolution3 erhall-
ten.
4. Man sol auch fragen von der kirchendiener
sytten und leben, ob eynigkeyt unter yhnen sey, ob

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Goslar VO A 2EE
(ohne Blattzählung). Vermerk von and. Hd. am Ende
der Ordnung: Visitation belangend. Von weiterer Hd.:
Visitationsordnung D. Tilemann Heshusii der kirchen in
Goslar de anno 1554.

1 Verhöre, s. Grimm, DWb 3, Sp. 855.
2 Vgl. Nr. 7, S. 245.
3 Einzelbeichte.
4 Gemeldet, angezeigt, s. FWb 1, Sp. 1122.
5 Die Älterleute waren die Vorsteher der Pfarrgemeinden.

sie in unzucht leben ader unerliche hantierung trey-
ben, ob sie sich voll sauffen und den burgern erger-
lich seynt.
5. So auch eyner were in der pfar, der nit zur
communion ader sacrament des altars gienge, der
soll angegeben4 und erhort werdenn. |
2.
Zum andern gehort in der visitation, das man ver-
kunde, ob in der gemeyne offentliche laster gestattet
werden; welche laster sollen vor den olderleuten5 an-
gezeigt werden, als:
1. Von abgotterey, wie yn den closteren. Aber da
will man nit zuhelffen, der liebe Gott muß sich ley-
den6.
Item die juden, diesen gotteslesterern, und die
offentlich diebe synd mit dem wucher, soll man ver-
bieten: Erstlich, das sie yre ceremonien lassen als
abgottische; zum anderen, das sie den wucher lassen
als diebstall; zum dritten, das sie keynen christen
miedten, ynen zudienen auff yren sabbathen7 .
2. Von zauberey8.
3. Ob iemand lesterlich wydder Got und seyn
wort rede9.

Zur Entstehung der Bezeichnung vgl. Graf, Niederkir-
chenwesen, S. 320-322.
6 Sich behelfen, s. Grimm, DWb 12, Sp. 665.
7 Gemeint sind hier christliche Diener, die in Häusern der
Juden die am Sabbat verbotenen Arbeiten, wie etwa das
Anzünden von Licht oder das Heizen, übernahmen (sab-
bat goj - s. Hermann L. strack, Jüdisches Wörter-
buch, Leipzig 1916, S. 38).
8 Vgl. Nr. 7, S. 249.
9 Vgl. Nr. 18, S. 293.

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